Leitsatz (amtlich)

Die Einlegung einer auf eine Folgesache, die nicht Familienstreitsache ist, beschränkten Beschwerde durch einen nicht anwaltlich vertretenen Ehegatten ist zulässig.

 

Normenkette

FamFG § 114 Abs. 4 Nr. 6, § 64 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Senftenberg (Beschluss vom 13.09.2013; Aktenzeichen 32 F 279/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Senftenberg vom 13.9.2013 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.974 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin wendet sich gegen den Ausgleich ihrer Versorgungsanrechte im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG neben der Scheidung der am 25.8.1967 zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin geschlossenen Ehe den Versorgungsausgleich geregelt. Beide geschiedenen Ehegatten beziehen Rente. Die Antragsgegnerin ist insgesamt - nach Kapitalwerten i.H.v. 15.046,49 EUR - ausgleichspflichtig. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin hat am 7.10.2013 persönlich durch Niederschrift zur Geschäftsstelle Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, mit der sie sich gegen die Durchführung des Versorgungsausgleiches wendet, die sie als ungerecht empfindet. Sie habe sich neben der Betreuung der gemeinsamen 1968 und 1972 geborenen Kinder um den Unterhalt der Familie und um ihren beruflichen Aufstieg gekümmert. Der Antragsteller habe indes bis 1984 oft, manchmal bis zur Besinnungslosigkeit, Alkohol getrunken und dafür das Geld der Familie ausgegeben. Von einer Abfindung i.H.v. 45.000 DM, die sie erhalten habe, habe auch der Antragsteller ein schönes Leben gehabt. Das Angebot einer Zusatzrentenversicherung habe sie nicht annehmen können, weil - aufgrund der beiden im Haushalt lebenden Kinder - die finanziellen Mittel hierfür nicht zur Verfügung gestanden hätten. Die Mutter der Antragsgegnerin habe ihren Kindern nach 1984 insgesamt 8.000 EUR ausgezahlt. 2006 hätten sich die Eheleute getrennt. Man sei sich darüber einig gewesen, auf eine Scheidung zu verzichten, der überlebende Ehegatte sollte Witwenrente beziehen. Die Antragsgegnerin sei aufgrund des auch nach der Trennung an den Tag gelegten kontrollierenden Verhaltens des Antragstellers erkrankt. Jetzt lebe sie mit ihrem Lebensgefährten unter Teilung der Aufwandskosten in dessen Haus. Beim Tod des Lebensgefährten wäre sie gezwungen, sich eine neue Wohnung zu nehmen, die sie von ihrem geringen Rentenbetrag nicht bezahlen könnte. Durch den Versorgungsausgleich würden ihr erhebliche finanzielle Einbußen entstehen. Damit könnte sie auch ihre alleinerziehende Tochter und die drei Enkel nicht mehr unterstützen. Sie empfinde es als ungerecht, dass sie nun Versorgungsanrechte abgeben müsse, nur weil der Antragsteller 5 Jahre früher in Rente gegangen sei als sie.

Der Antragsgegner hat den angefochten Beschluss verteidigt. Auf die Beschwerdeerwiderung vom 4.11.2013 wird Bezug genommen.

Der Senat hat auf seine Absicht, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, hingewiesen.

II. Von der Durchführung eines Termins hat der Senat abgesehen, weil die erforderlichen Verfahrenshandlungen bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (§ 68 Abs. 3 S. 2 FamFG).

1. Die Beschwerde ist zulässig, §§ 58, 59, 63, 64, 228 FamFG. Insbesondere war die Einlegung der Beschwerde durch die Antragsgegnerin persönlich zur Niederschrift der Geschäftsstelle nach dem Wortlaut der §§ 114 Abs. 4 Nr. 6, 64 Abs. 2 S. 2 FamFG formgerecht, weil es sich bei der Beschwerdeeinlegung um eine Verfahrenshandlung handelt, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden kann (OLG Frankfurt B. v. 13.8.2013 - 4 UF 178/13 - juris; Ansgar Fischer in: MünchKomm, FamFG, 2. Aufl., § 64 Rz. 30; Frank, Anwaltszwang bei der isolierten Beschwerde gegen Verbundentscheidungen in Folgesachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit?, FamRZ 2011, 1021). Nach § 114 Abs. 4 Nr. 6 FamFG gilt für solche Verfahrenshandlungen in Ehesachen, Folgesachen und Familienstreitsachen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, eine Ausnahme vom grundsätzlich in § 114 Abs. 1 FamFG angeordneten Anwaltszwang (§ 78 Abs. 3 ZPO). Bei der Einlegung der Beschwerde handelt es sich um eine solche Verfahrenshandlung, § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG. § 64 Abs. 2 S. 2 FamFG schließt die Einlegung der Beschwerde ohne Anwalt nur für Ehesachen und Familienstreitsachen aus, anders als etwa § 114 Abs. 1 FamFG aber nicht für Folgesachen, die keine Familienstreitsachen sind. Versorgungsausgleichssachen im Scheidungsverbundverfahren sind nach der Legaldefinition des § 121 FamFG keine Ehesachen und nach § 112 FamFG auch keine Familienstreitsachen.

Auch die praktischen Folgen der Möglichkeit, in solchen Folgesachen ohne Anwalt Beschwerde einzulegen, gebieten keine einschränkende Auslegung. Pr...

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