Leitsatz (amtlich)

1. Arbeitslosenhilfe ist bei der Streitwertbemessung in Ehesachen nicht zu berücksichtigen.

2. Der vom Familieneinkommen vorzunehmende Abschlag wegen der Unterhaltspflicht ggü. minderjährigen Kindern erfolgt in Höhe des Tabellenunterhaltsbetrages.

 

Normenkette

GKG § 12 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 31 F 150/02)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners vom 9.12.2002 gegen die – nach ihrer Auffassung zu niedrige – Streitwertfestsetzung im Beschluss des AG Oranienburg vom 15.10.2002, Az.: 31 F 150/02 ist gem. § 25 Abs. 3 S. 1, S. 3 GKG, §§ 9 Abs. 2 und 10 Abs. 3 BRAGO zulässig; der Beschwerdewert von 50 Euro gem. § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO ist erreicht.

Die Streitwertbeschwerde ist jedoch unbegründet. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 GKG ist in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insb. des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. In Ehesachen ist für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen (§ 12 Abs. 2 S. 2 GKG). Während zum Einkommen im Sinne dieser Vorschrift nach überwiegender Auffassung Sozialhilfeleistungen nicht zählen (s. dazu OLG Nürnberg v. 29.4.1996 – 7 WF 1394/96, MDR 1996, 1040 = FamRZ 1997, 35, m.w.N.), ist in Rechtsprechung und Lit. umstritten, ob Arbeitslosenhilfe Einkommen i.S.v. § 12 Abs. 2 S. 2 GKG ist. Nach teilweise vertretener – auch von den Beschwerdeführern zitierter – Auffassung ist bei der Festsetzung des Streitwerts auch Arbeitslosenhilfe als Einkommen zu werten (vgl. z.B. OLG Düsseldorf v. 24.2.1993 – 3 WF 25/93, FamRZ 1994, 250; ebenso Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 12 GKG Rz. 38; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16, Stichwort „Ehesachen”). Diese Auffassung wird damit vertreten, dass die Arbeitslosenhilfe der Bedarfsdeckung diene und daher als Einkommen zu werten sei (vgl. OLG Düsseldorf v. 24.2.1993 – 3 WF 25/93, FamRZ 1994, 250).

Dieser Gesichtspunkt reicht jedoch für die Berücksichtigung bei der Streitwertbemessung nicht aus, weil auch Sozialhilfe der Bedarfsdeckung dient. Vielmehr hat die Arbeitslosenhilfe wegen ihrer Nähe zur Sozialhilfe bei der Einkommensberücksichtigung unbeachtet zu bleiben, da sie, anders als Arbeitslosengeld – als Nachwirkung eines früheren Arbeitsverhältnisses – der Unterstützung eines Arbeitslosen dient, der sich in einer schlechten finanziellen Situation befindet. Im Hinblick darauf ist Arbeitslosenhilfe bei der Streitwertbemessung in Ehesachen nicht zu berücksichtigen (ebenso Handbuch des Fachanwaltes für Familienrecht/Müller-Rabe, 4. Aufl., Kap. 17 Rz. 45 m.w.N.; OLG Bremen JurBüro 1992, 113; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rz. 1063, Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in Zivilprozesssachen, 9. Aufl. 1994, S. 233 [234]).

Zudem ist es Sinn und Zweck der gesetzlichen Streitwertregelung für Ehesachen, entspr. der besseren oder schlechteren finanziellen Situation der Parteien, die sich in der Höhe ihres Einkommens und ihres Vermögens ausdrückt, den Streitwert und danach die Höhe der Gerichts- und Anwaltsgebühren zu bemessen (OLG Karlsruhe v. 14.5.1991 – 16 WF 21/90, FamRZ 1992, 707 [708]). Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe wird nun aber gerade deshalb geleistet, weil die finanzielle Situation der betreffenden Person schlecht ist, sie insb. kein ausreichendes eigenes Einkommen erzielt. Es erscheint daher nicht gerechtfertigt, Eheleuten, die eine solche Hilfe beziehen, eben wegen dieser Hilfe einen höheren Streitwert ihres Scheidungsverfahrens zuzurechnen und sie auf diese Weise – sofern ihnen nicht ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist – mit höheren Gerichts- und Anwaltsgebühren zu belasten.

Damit errechnet sich der Streitwert zunächst allein aus dem in drei Monaten erzielten Arbeitslosengeld des Antragstellers, also i.H.v. 2.423,70 Euro (188,51 Euro : 7 × 30 × 3).

Wie das AG zutreffend ausgeführt hat, ist hiervon ein Abschlag wegen der Unterhaltspflicht ggü. dem minderjährigen Kind der Parteien vorzunehmen (so auch Verfahrenshandbuch Familiensachen/Gutjahr § 6 Rz. 284; Handbuch des Fachanwaltes für Familienrecht/Müller-Rabe, 4. Aufl., Kap. 17 Rz. 45). Dieser Abschlag hat nach Auffassung des Senats jedoch nicht in Form einer Pauschale zu erfolgen (s. zu dieser teilweise vertretenen Auffassung die Nachweise bei Müller/Rabe im Handbuch des Fachanwaltes für Familienrecht, 4. Aufl., Kap. 17 Rz. 45), sondern in Höhe des sich jeweils aus den einschlägigen Tabellen ergebenden Barunterhaltsbetrages (vgl. Verfahrenshandbuch Familiensachen/Gutjahr § 6 Rz. 284, OLG Celle FamRZ 1999, 604). Dies führt zu einer – sich i.E. nicht auswirkenden – geringfügigen Abweichung von de...

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