Leitsatz (amtlich)

1. Zu den allgemeinen Anforderungen an die Erfüllung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit.

2. Die Bewilligung einer Weiterbildungsmaßnahme (hier: Umschulung) durch das Arbeitsamt ist lediglich ein Indiz dafür, dass der Unterhaltspflichtige vom Arbeitsamt nicht zu vermitteln ist bzw. die Umschulung arbeitsmarktpolitisch und individuell sinnvoll ist und bessere Beschäftigungsmöglichkeiten als die bisherige Ausbildung bieten wird. Der gesteigert Unterhaltspflichtige muss daher weiterhin konkret zu seinen Erwerbsbemühungen und seinen Erwerbschancen, aber auch zum Umfang der Weiterbildungsmassnahme substantiiert vortragen, um die Feststellung zu ermöglichen, ob ein den Mindestunterhalt deckender Verdienst nicht zu erwarten ist.

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Urteil vom 26.01.1999; Aktenzeichen 16 F 442/02)

 

Tenor

Der Antrag des Klägers vom 2.7.2003 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Kläger ist der leibliche Vater des am 8.9.1994 geborenen Beklagten. Die zwischen den Kindeseltern geschlossene Ehe wurde am 26.1.1999 durch das AG Bad Liebenwerda, Az.: 16 F 30/98, rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für den gemeinsamen Sohn wurde der Kindesmutter übertragen. Das AG Bad Liebenwerda verurteilte den Kläger am 12.4.2001, Az.: 16 F 454/00, an den Beklagten Kindesunterhalt i.H.v. 112,7 % des Regelbetrages-Ost zu zahlen. Es ging dabei von einem Arbeitseinkommen des Klägers von 2.175,11 DM aus.

Der Kläger ist einem weiteren Kind, dem am 31.7.1999 geborenen P. unterhaltspflichtig, mit dessen Kindesmutter er in einem Haushalt lebt. Der Kläger ist gelernter Elektriker und war im Baugewerbe tätig, bis ihm zum 31.5.2002 gekündigt wurde. Er besitzt weitere Fertigkeiten im Beruf des Zimmerers. Auf Empfehlung des Arbeitsamtes Leipzig schloss er am 26.9.2002 einen Umschulungsvertrag mit der Bildungswerk O. Seit 27.9.2002 lässt er sich bis voraussichtlich zum 22.9.2004 zum Informationselektriker umschulen. Das Arbeitsamt Leipzig bewilligte ihm die Maßnahme sowie ein Unterhaltsgeld i.H.v. 25,02 Euro täglich (ca. 758,94 Euro monatlich).

Die Kindesmutter erhält vom Jugendamt einen Unterhaltsvorschuss i.H.v. derzeit 134 Euro. Das Jugendamt hat durch Vertrag vom 18.5.2003 die jeweils auf das Land Brandenburg übergegangenen Unterhaltsansprüche an den Beklagten zurückabgetreten.

Der Kläger hat sich erstinstanzlich auf seine Leistungsunfähigkeit berufen, da er während der Umschulungsmaßnahme weder zu Nebentätigkeiten noch zur Suche nach einem Arbeitsplatz verpflichtet sei. Während der Arbeitslosigkeit habe er sich ca. 20 mal bei unterschiedlichen Firmen in dem Berufsbild des Elektrikers und dem des Zimmerers beworben. Da sich sein Mietanteil nur auf 191,74 Euro belaufe, lasse er sich aber die Differenz zu dem in den Unterhaltsrichtlinien ausgewiesenen Nettokaltmietenanteil am Selbstbehalt anrechnen. Der Kläger begehrt daher die Herabsetzung seiner Unterhaltspflicht auf 35,5 % des Regelbetrages-Ost.

Der Beklagte hat die Reduzierung auf 100 % des Regelbetrages unter Anrechnung von 3 Euro anteiligem staatlichen Kindergeldes anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt. Das AG ist dem Antrag des Beklagten gefolgt und hat durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil vom 2.6.2003 das Urteil des AG Bad Liebenwerda vom 12.4.2001, Az.: 16 F 454/00, dahingehend abgeändert, dass der Kläger mit Wirkung ab dem 23.1.2003 nur noch verpflichtet ist, an den Beklagten zu Händen der gesetzlichen Vertreterin 100 % des Regelbetrages gem. § 2 der jeweils gültigen Regelbetrag-Verordnung der jeweiligen Altersstufe unter Anrechnung von 3 Euro staatlichem Kindergeldanteil zu zahlen. Die weiter gehende Klage hat es abgewiesen. Der Kläger habe hinreichende Bemühungen für den Erhalt eines den Regelunterhalt sichernden Arbeitsplatzes nicht nachgewiesen.

Gegen das ihm am 3.6.2003 zugestellte Urteil beabsichtigt der Kläger, Berufung mit dem Ziel der Reduzierung des Unterhalts ab 1.10.2002 auf monatlich 75 Euro einzulegen. Hierfür hat er unter dem 2.6.2003 Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das AG leide unter Realitätsverlust, wenn es derartige Anforderungen an den Arbeitssuchenden stelle. Zudem verkenne es, dass der Kläger während der Umschulung von der Pflicht zur Suche nach einem Arbeitsplatz und einer Nebentätigkeit befreit sei. Die Umschulung führe zu einer wesentlichen Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt, an der das Kind später teilhabe.

Der Kläger legt verschiedene Bewerbungsunterlagen vor. Danach bewarb er sich bei der A.-GmbH in Leipzig. Den Arbeitsplatz lehnte er im Vorstellungsgespräch am 22.8.2002 ab, da er Schichtarbeit wegen der Betreuung seines zweiten Sohnes nicht übernehmen könne. Während der Schichtarbeit seiner Lebensgefährtin im Pflegeheim müsse er die Kinderbetreuung sicherstellen. Seine Bewerbung als Zimmerer/Bautischler bei der B. wurde zunächst abgelehnt. Während der Umsch...

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