Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Potsdam vom 22.06.2020, Az.: 1 O 342/19, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie Feststellung der Ersatzpflicht für materielle und weitere immaterielle Schäden nach einem Verkehrsunfall am ...2016 gegen 1:55 Uhr auf der B ... bei Kilometer 3.420. Hierzu behauptet er, der Antragsgegner zu 1 habe ihn - nachdem er von einem weiteren Schädiger zusammengeschlagen worden war - alkoholisiert mit dem bei der Antragsgegnerin zu 3 haftpflichtversicherten Fahrzeug der Antragsgegnerin zu 2 in das Krankenhaus in L... fahren wollen. Dabei sei das Fahrzeug wegen überhöhter Geschwindigkeit von der Straße abgekommen und er, da er nicht angeschnallt gewesen sei, aus dem Fahrzeug herausgeschleudert worden. Die bereits bestehenden Verletzungen, insbesondere die linksseitigen Gesundheitsschäden wären durch diesen Unfall verstärkt worden. Die Antragsgegner hafteten daher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 100.000 EUR und Schadensersatz.

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 22.06.2020 im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller habe für eine hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung nicht darlegen und unter Beweis stellen können, welche Verletzungen durch den späteren Unfall hervorgerufen wurden. Die Kausalitätsbedenken gingen zu seinen Lasten, da der Anwendungsbereich des § 830 BGB nicht eröffnet sei. Auf den Beschluss wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Antragstellers vom 15.07.2020, mit der er erneut darauf abstellt, dass die angebotenen Zeugen und die objektive Geeignetheit des Unfalls, die Verletzungen zu verstärken, eine Verurteilung wahrscheinlich mache, hat das Landgericht nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gemäß § 127 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des Landgerichts Potsdam ist als unbegründet zurückzuweisen. Denn die beabsichtigte Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aus §§ 7 Abs. 1, 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, §§ 823 ff. BGB, § 115 Abs. 1 VVG, § 1 PflVG hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt der Prozesskostenhilfe begehrenden Partei auf Grund ihrer Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für vertretbar hält und von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Die Beweiserhebung muss ernsthaft in Betracht kommen. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen zwar nicht überspannt werden. Oft genügt die schlüssige Darlegung mit Beweisantritt; denn § 114 verlangt nur "hinreichende" Erfolgsaussicht (Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 114 ZPO, Rn. 19). Das ist hier aber nicht der Fall.

1. Die vom Landgericht aufgeführten Schwierigkeiten bzgl. der haftungsausfüllenden Kausalität stehen einem Anspruch zunächst nicht entgegen. Denn der vorgetragene Sachverhalt rechtfertigt die Anwendung des § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Diese Vorschrift ermöglicht es dem Geschädigten, die Beweisschwierigkeiten hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen seinem Schaden und den unerlaubten Handlungen mehrerer Täter zu überwinden, die entstehen, wenn nicht zu ermitteln ist, wer von ihnen der Urheber des Schadens war, oder wenn zwar feststeht, dass jeder von ihnen an der Verursachung des Schadens beteiligt ist, aber nicht zu ermitteln ist, welcher Anteil des Schadens auf sie entfällt. Der Ersatzanspruch des Geschädigten soll, wenn er immerhin bewiesen hat, dass entweder der eine oder der andere ihm haftet, nicht daran scheitern, dass er nicht auch zu beweisen vermag, wer von ihnen den Schaden ganz oder mit einem unklar gebliebenen Anteil verursacht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann sich der Geschädigte auf diese seinen Beweisnotstand behebende Regel nicht nur stützen, wenn die mehreren Täter gleichzeitig, sondern auch dann, wenn sie unabhängig voneinander in zeitlicher Aufeinanderfolge, aber noch im Rahmen eines tatsächlich zusammenhängenden einheitlichen Vorgangs gehandelt haben (BGH, Urteil vom 15. 12. 1970 - VI ZR 51/70, NJW 1971, 506, beck-online BeckOGK/Förster, 01.04.2021, BGB § 830 Rn. 54).

Vorliegend beabsichtigte der Antragsgegner zu 1 - nach dem Vortrag des Antragstellers - ihn aufgrund der schweren Verletzungen im unmittelbaren Anschluss an die Körperverletzung in ein Krankenhaus zu bringen. Bei dieser Fahrt kam es zum Unfall. Beide Vorgänge sind, wie sich aus den vorliegenden Gutachten im Strafverfahren ergibt, geeignet, die schweren Verletzungen des Antragstellers zu begründen. Mithin erscheinen die einzelnen Gefährdungshandlungen als Teil des Vorgangs, der zum Schaden geführt hat. Denn beide Vorgänge stehen nicht beziehungslos und zufällig nebene...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge