Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Einigungsgebühr bei außergerichtlichem Vergleich im Revisionsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einigungsgebühr des Rechtsanwalts für dessen Mitwirkung an einem zur Erledigung eines Rechtsstreits führenden außergerichtlichen Vergleich kann zu den gem. § 91 ZPO erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gehören, ohne dass es einer Protokollierung des Vergleichs bedarf. Im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO festgesetzt werden kann die Einigungsgebühr aber nur bei Vorliegen einer Kostengrundentscheidung, welche die gebührenauslösende Tätigkeit des Rechtsanwalts erfasst.

 

Normenkette

ZPO §§ 91, 103-104

 

Verfahrensgang

LG Cottbus (Beschluss vom 16.11.2011; Aktenzeichen 2 O 108/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Cottbus vom 16.11.2011 - 2 O 108/07 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

 

Gründe

Die gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.

Zu Recht hat die Rechtspflegerin die Festsetzung der von der Klägerin angemeldeten Einigungsgebühr ihres Prozessbevollmächtigten für dessen Mitwirkung an dem im Verlauf des Revisionsrechtszuges geschlossenen außergerichtlichen Vergleich (Nr. 1000 i.V.m. Nr. 1004 VV-RVG) abgelehnt.

Zwar ist der sofortigen Beschwerde darin zu folgen, dass die Einigungsgebühr des Rechtsanwalts für dessen Mitwirkung an einem zur Erledigung eines Rechtsstreits führenden außergerichtlichen Vergleich zu den gem. § 91 ZPO erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gehören kann, ohne dass es einer Protokollierung des Vergleichs bedarf (vgl. BGH, Beschl. v. 13.4.2007 - II ZB 10/06, NJW 2007, 2187). Im Streitfall ist auch das Entstehen der Einigungsgebühr anhand der vorgelegten Vergleichsurkunde und des unstreitigen Vorbringens der Beteiligten als nach § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht anzusehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.8.2008 - 24 W 62/08, JurBüro 2009, 28).

Die Festsetzung der Einigungsgebühr scheitert hier aber daran, dass es an der gem. § 103 Abs. 1 ZPO als Festsetzungsgrundlage erforderlichen Kostengrundentscheidung fehlt. Nach dieser Vorschrift kann der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. Ein solcher Titel, der die Einigungsgebühr erfasst, liegt im Streitfall - anders als in den vom BGH und vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fällen, in denen nach Vergleichsabschluss und anschließender Klage- bzw. Berufungsrücknahme über die Kosten des Rechtsstreits entschieden worden ist (vgl. BGH, Beschluss v. 13.4.2007, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.8.2008, a.a.O.) - nicht vor.

Im Streitfall hat das Brandenburgische OLG mit dem am 27.8.2009 im Berufungsrechtszug verkündeten Urteil (12 U 1/09) über die Kosten des Rechtsstreits entschieden. Danach hat der Beklagte zu 1. von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin 50 % zu tragen. Diese Kostenentscheidung erfasst die Kosten des erst am 19.3.2010 geschlossenen Vergleichs in zeitlicher und sachlicher Hinsicht nicht. Die nach Abschluss des Berufungsverfahrens entstandenen Kosten gehören nicht zu den Kosten, über die das Berufungsgericht entschieden hat.

Eine weitere oder anderweitige Kostengrundentscheidung ist hinsichtlich des Prozessrechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. nicht ergangen. Nach Vergleichsabschluss hat der Beklagte zu 1. die von ihm bei dem BGH erhobene Revision gegen das Berufungsurteil zurückgenommen. Das Revisionsgericht hat mit Beschluss vom 20.7.2010 (II ZR 231/09) den Beklagten zu 1. infolge Rücknahme der Revision dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt. Eine Kostenentscheidung im Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. hat das Revisionsgericht nicht getroffen, nachdem der Beklagte zu 1. hierauf verzichtet und die Klägerin nicht widersprochen hat.

Bei dieser Sachlage fehlt es für die während des Revisionsverfahrens entstandene Einigungsgebühr an einer zu Festsetzung im Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO erforderlichen Kostengrundentscheidung.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nach § 574 ZPO nicht vorliegen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: bis 900 EUR

 

Fundstellen

Haufe-Index 3267321

NJW 2012, 8

BauR 2012, 1442

JurBüro 2012, 475

Rpfleger 2012, 653

AGS 2012, 597

PAK 2013, 10

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