Leitsatz (amtlich)

An die Vollständigkeit und Richtigkeit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind hohe Anforderungen zu stellen. Alle mit dem Erklärungsformular gestellten Fragen hat der Antragsteller zu beantworten, indem er sämtliche Formularfelder ausfüllt und auf diese Weise erklärte Angaben mit Belegen glaubhaft macht.

Der Formularzwang dient der einfachen und vollständigen Prüfung, nicht der einfachen Begründung einer Ablehnung. Fehlt eine Angabe, die mit sehr überschaubarem Aufwand aus den vollständig vorgelegten Belegen ermittelt werden kann, und ist dieser Mangel als Ausnahme in einem sonst gründlich und sorgfältig ausgefüllten Formular zu erkennen, so darf darauf die Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe nicht gestützt werden.

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Beschluss vom 13.09.2017; Aktenzeichen 6 F 401/17)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Zossen vom 13. September 2017 aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Zossen zurückverwiesen.

 

Gründe

Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache, damit das Amtsgericht in eigener Verantwortung und unter Wahrung des Instanzenzuges die Bedürftigkeit der Antragstellerin und die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung beurteilen kann. Auf Mängel der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und in den vorgelegten Belegen kann die Ablehnung der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe derzeit nicht gestützt werden.

An die Vollständigkeit und Richtigkeit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sind hohe Anforderungen zu stellen. Alle mit dem Erklärungsformular gestellten Fragen hat der Antragsteller zu beantworten, indem er sämtliche Formularfelder ausfüllt und auf diese Weise erklärte Angaben mit Belegen glaubhaft macht. Diese Strenge dient dazu, die Bedürftigkeit gründlich prüfen zu können, damit staatliche Hilfe nur demjenigen zuteil wird, der die Kosten aussichtsreicher Verfahrensführung nicht selbst tragen kann. Dieser Zweck steht indes andererseits formalistischer Kleinlichkeit entgegen. Der Formularzwang dient der einfachen und vollständigen Prüfung, nicht der einfachen Begründung einer Ablehnung. Fehlt eine Angabe, die mit sehr überschaubarem Aufwand aus den vollständig vorgelegten Belegen ermittelt werden kann, und ist dieser Mangel als Ausnahme in einem sonst gründlich und sorgfältig ausgefüllten Formular zu erkennen, so darf darauf die Ablehnung der Verfahrenskostenhilfe nicht gestützt werden.

So liegt es hier. Es braucht nicht näher aufgeklärt zu werden, weshalb die Antragstellerin auch in den mehreren vorgelegten Erklärungsformularen immer wieder das Feld zur Höhe ihres Arbeitsentgelts freigelassen hat. Die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2016 und die Gehaltsabrechnungen für Januar bis September 2017 ermöglichen die Berechnung des durchschnittlichen Nettobezuges mit geringem Aufwand.

Die weiteren Mängel fallen nicht so sehr ins Gewicht, daß die vorgelegte Erklärung eine Prüfung nicht mehr zuließe. Die Antragstellerin muß ihr ungünstige Folgen ihrer unzureichenden Angaben hinnehmen.

Werden Ausgabepositionen im Erklärungsformular nicht aufgeführt und ergeben sie sich nicht schnell und eindeutig aus den vorgelegten Belegen, so bleiben sie bei der Berechnung des einzusetzenden Einkommens unberücksichtigt. Gleiches gilt bei fehlenden oder unzureichenden Erläuterungen über die Beteiligung an wiederkehrenden Ausgaben, die die Antragstellerin gemeinsam mit Dritten trägt, deren Verhältnisse sie nicht darzulegen braucht. Diese Erklärungsmängel führen nicht zur vollständigen Unbrauchbarkeit des Erklärten, sondern werden sich dahin auswirken können, daß im Zweifel eine Aufteilung nach Kopfteilen angenommen werden muß.

Über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 I FamFG, 127 IV ZPO).

Anlaß, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 I FamFG, 574 II, III ZPO), besteht nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11519629

FamRZ 2018, 698

FuR 2018, 604

FF 2018, 131

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge