Leitsatz (amtlich)

Der Titelgläubiger kann vom Gerichtsvorstand Auskunft über Aktivprozesse seines Schuldners verlangen, wenn er dieser die Auskünfte benötigt, um in die bei Gericht geltend gemachten Forderungen die Vollstreckung zu betreiben.

Sein Interesse für die Vollstreckung auch die Anschriften der Verfahrensbeteiligten zu erfahren, ist ein rechtliches Interesse i.S.d. § 299 ZPO.

Auch das Interesse, sich in Vorbereitung einer Klage der aktuellen Anschrift des Schuldners zu vergewissern, ist ein rechtliches Interesse. Der Gerichtsvorstand kann die Akteneinsicht allerdings von der Darlegung abhängig machen, dass die Anschrift auf anderem Wege nicht ermittelt werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 16.04.2004; Aktenzeichen 11 VA 5/04)

 

Tenor

Die Entscheidung des Präsidenten des LG Potsdam vom 16.4.2004 wird aufgehoben.

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates über das Auskunftsbegehren des Antragstellers erneut zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller ist Inhaber nicht unerheblicher, teilweise titulierter Forderungen ggü. ehemaligen Geschäftspartnern.

Unter dem 12.3.2004 beantragte er bei dem Präsidenten des LG Potsdam Auskunft darüber, ob bei dem LG Potsdam Prozesse anhängig wären, in denen seine Schuldner selbst als Kläger aufträten. Zur Begründung wies er darauf hin, er habe gehört, dass seine Schuldner in erheblichem Umfang Rückforderungsansprüche gerichtlich geltend gemacht hätten. Er beabsichtige, ggf. in diese Forderungen zu vollstrecken.

Durch die angefochtene Entscheidung lehnte es der Antragsgegner ab, die begehrte Auskunft zu erteilen.

Zur Begründung wies er darauf hin, es fehle an einem rechtlichen Interesse. Darüber hinaus stehe der begehrten Auskunft das Recht der Schuldner auf informationelle Selbstbestimmung entgegen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Er beantragt sinngemäß, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm Auskunft zu erteilen, ob gegen die bezeichneten Schuldner vor dem LG Potsdam Verfahren anhängig sind, in denen diese klagen. Der Senat hat dem Präsidenten des OLG Brandenburg sowie dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht des Landes Brandenburg Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Der Präsident des OLG hat in seiner Äußerung dargelegt, es bestünden keine grundsätzlichen Bedenken, die begehrte Auskunft zu erteilen, indes sei aus Haftungsgründen darauf zu achten, eine verbindliche Auskunft zu vermeiden. Der Beauftragte für den Datenschutz hat dargelegt, die Erteilung der Auskunft sei jedenfalls aus Gründen des Datenschutzes nicht zu beanstanden.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft.

Die Entscheidung über die begehrte Auskunft des Antragstellers ist kein Begehren in einem gerichtlichen Verfahren gem. § 299 Abs. 1 ZPO, über das allein das Gericht zu befinden hätte. Der Antragsteller begehrt nicht die Einsicht in eine bestimmte, bezeichnete Akte, sondern eine Auskunft darüber, ob ein Verfahren, an dem die von ihm bezeichneten Schuldner beteiligt sind, überhaupt bei dem Gericht anhängig ist. Die begehrte Auskunft ist daher ein Antrag auf Erteilung einer Auskunft aus Registern und nicht auf die davon verschiedene Akteneinsicht, die sich nach § 299 ZPO beurteilt, gerichtet. Derartige Auskünfte, die nicht darauf gerichtet sind, Einzelerkenntnisse aus einem anhängigen Verfahren zu gewinnen, sondern sich auf das Begehren beschränken, Informationen zu erhalten, die nicht aus den einzelnen Akten des Verfahrens, sondern aus den allgemein beim Gericht geführten Register zu entnehmen sind, sind keine Auskünfte, die einem Akteneinsichtsbegehren i.S.d. § 299 ZPO zuzuordnen wären. Dies hat der Senat bereits für das Begehren nach der Auskunft, ob ein Insolvenzverfahren anhängig ist, entschieden (OLG Brandenburg v. 7.8.2001 - 11 VA 21/01 = NJW-RR 2001, 1630). Die gegen diese Begründung teilweise erhobene Kritik (Flöther, DZWIR 2001, 513) berücksichtigt nicht hinreichend, dass für die erbetene Information eine Einsicht in die bei dem Gericht geführte Verfahrensakte weder erwünscht noch erforderlich ist. Um die erbetene Information zu erhalten, genügt die Einsicht in das bei jedem Gericht geführte Zentralregister. Die Einsicht in dieses Register steht der Einsicht in die Verfahrensakte nicht gleich. Dies ergibt sich auch unschwer daraus, dass vergleichbare Handlungen, etwa die Auskunft des Pressesprechers eines Gerichts über einen in einem bestimmten Verfahren anberaumten Termin nicht den Regeln des Akteneinsichtsrechts der ZPO unterliegen. (Im Ergebnis gleich: KG v. 6.4.1993 - 1 VA 1/91, KGReport Berlin 1993, 55 = CR 1994, 229 = ZIP 1993, 1010 [1011], für die Abschrift aus dem Schuldnerverzeichnis; BGH v. 12.7.1989 - IVa ARZ (VZ) 9/88 = BGHZ 108, 3...

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