Leitsatz (amtlich)

1. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtmittelverfahrens nach Aufhebung und Zurückverweisung erfolgt regelmäßig durch das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen wird. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn das Beschwerdegericht bereits abschließend über die Kosten entscheiden kann, vor allem wenn sie dem Rechtsmittelführer deshalb aufzuerlegen sind, weil das Trennungsjahr erst in der zweiten Instanz abgelaufen ist.

2. An ein Getrenntleben innerhalb der Ehewohnung sind strenge Voraussetzungen zu stellen.

Entscheidend ist insbesondere, dass die Trennung nach objektiven Kriterien nach außen deutlich werden muss. Daran fehlt es, wenn die Eheleute bis zum Auszug der Ehefrau durchgängig das Schlafzimmer gemeinsam genutzt und gemeinsam gegessen haben und die Ehefrau die Wäsche für beide Ehegatten weiterhin gewaschen hat.

 

Normenkette

FamFG § 146; BGB § 1567

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 29.05.2015; Aktenzeichen 2.2 F 55/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 29.5.2015 verkündete Beschluss des AG Strausberg aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

 

Gründe

I. Die am... 11.1973 geborene Antragstellerin und der am... 12.1968 geborene Antragsgegner schlossen am 12.8.2011 die Ehe. Die Antragstellerin begehrt nunmehr mit ihrem am 4.3.2015 zugestellten Antrag die Ehescheidung.

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 19.5.2015 hat das AG durch Beschluss vom 29.5.2015 den Scheidungsantrag im Hinblick darauf, dass die Antragstellerin den Ablauf des Trennungsjahres nicht nachgewiesen habe zurückgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellung und der Begründung im Einzelnen wird auf jenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde. Sie trägt vor:

Sie habe dem Antragsgegner am 5. oder 6.2.2014 abends in der ehelichen Wohnung mitgeteilt, dass sie die Ehe als gescheitert ansehe und diese nicht mehr fortführen wolle. Der Antragsgegner habe dies betroffen zur Kenntnis genommen und daraufhin seine Teilnahme am gemeinsamen Urlaub in den Februarferien im Spreewald abgesagt. Wegen des gemeinsamen Sohnes M. habe er sich dann kurzfristig doch dafür entschieden, am Urlaub teilzunehmen. Dies habe jedoch keine Aussöhnung dargestellt. Sie habe sich ab 11.2.2014 auf Wohnungssuche begeben. Zum 1.4.2014 habe das neue Mietverhältnis begonnen. In der neuen Wohnung hätten noch Renovierungsarbeiten vorgenommen werden müssen. Endgültig aus der Ehewohnung ausgezogen sei sie am 29.7.2014. Damit sei das Trennungsjahr jedenfalls am 29.7.2015 abgelaufen. Dies belege auch der sich daran anschließende SMS-Austausch zwischen dem Antragsgegner und ihr.

Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Ehe der Beteiligten zu scheiden, hilfsweise, die Sache an das AG zurückzuverweisen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung hätten die Scheidungsvoraussetzungen nicht vorgelegen. Schon deshalb sei die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen. Auch nach der räumlichen Trennung seit dem 29.7.2014 habe man fast täglichen Kontakt auf der Paarebene und nicht lediglich im Interesse des gemeinsamen Kindes gehabt. Das Trennungsjahr habe tatsächlich erst am 2.12.2014 zu laufen begonnen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat die Beteiligten angehört. Soweit wird auf den Anhörungsvermerk zum Senatstermin vom 23.2.2016 verwiesen.

Die Beteiligten haben ihre Zustimmung zur Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Darauf hat der Senat durch Beschluss vom 1.3.2016 das schriftliche Verfahren angeordnet, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 128 Abs. 2 ZPO, und bestimmt, dass Schriftsätze bis zum 10.3.2016 eingereicht werden können.

II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben und die Sache an das AG zurückzuverweisen, damit dort eine Entscheidung auch über die von Amts wegen zu betreibende Folgesache über den Versorgungsausgleich ergehen kann.

1. Die Voraussetzungen für die Ehescheidung sind jedenfalls jetzt, in der zweiten Instanz, gegeben.

a) Gemäß § 1565 Abs. 1 Satz 1 BGB kann eine Ehe geschieden werden, wenn sie gescheitert ist. Die Ehe ist gescheitert, wenn die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht und nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wiederherstellen, § 1565 Abs. 1 Satz 2 BGB. Leben die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt, so kann die Ehe nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde, § 1565 Abs. 2 BGB. Danach sind im vorliegenden Fall...

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