Leitsatz (amtlich)

In Amtsverfahren wird der Wert, anders als in Antragsverfahren, anhand einer vollständigen Sicht auf das abgeschlossene Verfahren bemessen. Ob der Wert zu Verfahrensbeginn bei einer Aussicht auf den zu erwartenden Verfahrensverlauf höher oder niedriger hätte angesetzt werden müssen, bleibt unbeachtet.

Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt für die Wertbemessung einer Umgangssache ist die Beendigung des Verfahrens, weil es auch dann von Amts wegen eingeleitet wird, wenn ein bestimmter Antrag dazu anregt. Die Umstände, die für die Bewertung von Bedeutung sind, sind so zu berücksichtigen, wie sie bei Verfahrensabschluss tatsächlich gegeben sind.

Die Bandbreite des Üblichen, die in einer Umgangssache mit dem Festwert von 3.000 Euro bedacht wird, ist weit, weil sonst der Zweck des Festwerts nicht erreicht werden könnte. Er dient der Verfahrensvereinfachung, indem die Wertfestsetzung in der Vielzahl der Fälle nicht begründet werden muss und Auseinandersetzungen um den Wert nicht geführt zu werden brauchen.

 

Verfahrensgang

AG Zehdenick (Beschluss vom 01.03.2016; Aktenzeichen 31 F 160/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des AG Zehdenick vom 1.3.2016 abgeändert, soweit er den Verfahrenswert festsetzt:

Der Verfahrenswert wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde ist begründet.

Es ist nicht unbillig, den Verfahrenswert dieser Umgangssache auf 3.000 Euro festzusetzen (§ 45 I Nr. 2, III FamGKG). Keiner der von den Beteiligten genannten oder vom AG im Nichtabhilfebeschluss angeführten Gesichtspunkte je für sich allein und auch nicht ihr Zusammentreffen in einem Verfahren heben diese Umgangssache aus dem Durchschnitt der Umgangssachen so weit hinaus, dass eine Minderung des Verfahrenswertes gerechtfertigt wäre.

Der dafür maßgebliche Beurteilungszeitpunkt ist die Beendigung des Verfahrens (§§ 34 S. 2, 11 I FamGKG), weil eine Umgangssache auch dann von Amts wegen eingeleitet wird, wenn ein bestimmter Antrag dazu anregt (§§ 1684 III 1 BGB, 24 I FamFG). Die Umstände, die für die Bewertung von Bedeutung sind, wie etwa der für die Verfahrensführung erforderliche Aufwand, sind so zu berücksichtigen, wie sie bei Verfahrensabschluss tatsächlich gegeben sind. In Amtsverfahren wird der Wert, anders als in Antragsverfahren (§ 34 S. 1 FamGKG), anhand einer vollständigen Sicht auf das abgeschlossene Verfahren bemessen. Ob der Wert zu Verfahrensbeginn bei einer Aussicht auf den zu erwartenden Verfahrensverlauf höher oder niedriger hätte angesetzt werden müssen, bleibt unbeachtet (Schulte-Bunert/Weinreich-Keske, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 34 FamGKG Rdnr. 4 f., § 45 FamGKG Rdnr. 5; Prütting/Helms-Klüsener, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 34 FamGKG Rdnr. 5).

Die Rückschau auf das gesamte Verfahren lässt eine Wertminderung nicht als ausnahmsweise geboten erscheinen. Dies käme in Betracht, wenn der Arbeitsaufwand für das Gericht und für die Verfahrensbevollmächtigten hier erheblich von einer durchschnittlichen Umgangssache abwiche und der Festwert in diesem Einzelfall zu unvertretbar hohen oder unangemessen niedrigen Kosten und Gebühren führte. Die Bandbreite des Üblichen, die mit dem Festwert von 3.000 Euro bedacht wird, ist weit, weil sonst der Zweck des Festwerts nicht erreicht werden könnte. Er dient der Verfahrensvereinfachung, indem die Wertfestsetzung in der Vielzahl der Fälle nicht begründet werden muss und Auseinandersetzungen um den Wert - wie diese - nicht geführt zu werden brauchen (Schulte-Bunert/Weinreich-Keske, § 45 FamGKG Rdnr. 4, 7; Prütting/Helms-Klüsener, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 45 FamGKG Rdnr. 9 f.). Eine Herabsetzung des Wertes wäre danach gerechtfertigt gewesen, wenn das gesamte Verfahren dadurch erheblich vom Durchschnitt der Umgangsverfahren abgewichen wäre, dass zwischen den beteiligten Eltern keine Meinungsverschiedenheiten geherrscht hätten, wenn sich etwa die Notwendigkeit des gestellten Antrages auf gerichtliche Änderung der vorangegangenen Umgangsregelung sogleich als Fehleinschätzung erwiesen hätte, weil die Gegenseite Einigkeit mit dem Vorgetragenen und mit der angestrebten Änderung erklärt hätte. So lag es hier aber nicht: Die Eltern haben in mehreren Schriftsätzen über jeweils mehrere Seiten die in Umgangssachen üblichen Vorwürfe ausgetauscht: Obstruktionen, Fehlinformationen, vorenthaltene Informationen, mangelhafte Ausstattung des Kindes, mangelhafte Pflege des Kindes, unzureichende Gestaltung des Umgangs. Dass es dem Familienrichter gelungen ist, nach einem in dieser Weise in Schriftsätzen streitig geführten Verfahren mit den Eltern persönlich eine einvernehmliche Erörterung zu führen und die gegensätzlichen Vorstellungen in eine von beiden hingenommene Regelung zusammenzuführen (so die Begründung des Nichtabhilfebeschlusses vom 13.5.2015, Bl. 72), kennzeichnet nicht die besondere Einfachheit des Verfahrens, sondern eine besondere Leistung des Richters und der Beteiligten, die die Komplexität reduziert und zu einer einfachen streits...

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