Verfahrensgang

LG Cottbus (Entscheidung vom 06.07.2006; Aktenzeichen 3 O 101/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Cottbus vom 6. Juli 2006, Az.: 3 O 101/06, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die am ...1925 geborene Antragstellerin stürzte als Fahrgast des Zuges RE ... von B... nach C... beim Aussteigen aus dem Zug am Gleis 2 des Bahnhofes C... und zog sich dabei einen Beckenbruch und einen Oberschenkelhalsbruch zu. Mit der beabsichtigten Klage, für die sie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt, nimmt sie die Antragsgegnerin auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Sie ist der Meinung, die Antragsgegnerin habe ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, indem der Abstand zwischen der Trittbrettoberkante des Zuges und der Bahnsteigfläche mindestens 50 cm betragen habe. Derartige Höhenunterschiede seien zum einen nicht üblich und zum anderen gerade für ältere Menschen nicht gefahrlos zu überwinden.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 06.07.2006 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Prozessführung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Die Antragsgegnerin habe die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, da ein Fahrgast aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen müsse, dass sich beim Aussteigen zwischen dem Fahrzeug und dem Bahnsteig ein Zwischenraum befinde und dabei ein gewisser Höhenunterschied zu überwinden sei. Der behauptete Höhenunterschied von 50 cm stelle keinen verkehrswidrigen Zustand dar, da damit die objektive Grenze, mit der eine Höhendifferenz nicht mehr hinzunehmen sei, noch nicht überschritten sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihr zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten am 10.07.2006 zugestellten Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.07.2006 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie ihre Auffassung wiederholt und vertieft, dass eine Höhendifferenz von 50 cm nicht zumutbar sei und auf eine derartige Gefahrenquelle zumindest durch Warnhinweise hätte hingewiesen werden müssen.

Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 09.08.2006 nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 S. 1 ZPO). Der Antragstellerin stehen gegen die Antragsgegnerin die geltend gemachten Ansprüche weder aus §§ 1 Abs. 1, 6 HaftpflG noch aus § 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen. Das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht seitens der Antragsgegnerin ist nicht gegeben. Vielmehr ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin in ihrem Klageentwurf selbst, dass der Sturz auf die Unachtsamkeit der Antragstellerin zurückzuführen ist, indem sie - wie es in dem Entwurf der Klageschrift heißt - sich des Abstandes zwischen dem Trittbrett des Zuges und der Bahnsteigkante nicht vergegenwärtigte und es damit an der gebotenen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen. Das Landgericht hat bereits mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass ein Fahrgast, der in ein Schienenfahrzeug ein- und aussteigt, bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgehen muss, dass sich zwischen dem Fahrzeug und dem Bahnsteig notwendigerweise ein Zwischenraum befindet und dass beim Ein- und Aussteigen in das Fahrzeug nicht nur dieser Zwischenraum, sondern oft auch ein gewisser Höhenunterschied zu überwinden ist, so dass das Ein- und Aussteigen in ein Schienenfahrzeug eine gesteigerte Aufmerksamkeit des Fahrgastes erfordert, auf die der Betreiber des Schienenfahrzeuges bzw. der Bahnanlage vertrauen darf. Für die Antragstellerin war bei Einhaltung dieser gesteigerten Aufmerksamkeit die bestehende Höhendifferenz erkennbar, so dass der Umstand, dass sie zu Fall gekommen ist, letztlich nur dadurch erklärt werden kann, dass sie entweder es an der gesteigerten Aufmerksamkeit hat fehlen lassen oder die Antragstellerin bei dem Aussteigen den Höhenunterschied erkannt hat, jedoch beim Aussteigen mit ihrem Gepäckstück das Gleichgewicht verloren hat. In diesem Fall hätte jedoch auch ein vorheriger Warnhinweis durch die Antragsgegnerin den Sturz nicht verhindern können. Soweit die Antragstellerin mit der Beschwerdebegründung sich darauf beruft, sie habe sich auf die Differenz von 50 cm zwischen dem Schienenfahrzeug und der Bahns...

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