Leitsatz (amtlich)

1. Gemäß § 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB sind über die Höhe der Einkünfte auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen. Im Rahmen dieser Belegpflicht muss der Auskunftspflichtige grundsätzlich auf Verlangen außer dem Steuerbescheid auch eine Kopie der zugrunde liegenden Steuererklärung vorlegen, denn in nicht seltenen Fällen reicht der Steuerbescheid allein nicht aus, um die unterhaltsrechtlich wesentlichen Einkünfte verständlich zu belegen.

2. Vorbereitende Auskunftsansprüche, die nicht im Rahmen eines Stufenantrags geltend gemacht werden, gehören nicht in den Scheidungsverbund, da im Verbund nur Entscheidungen für den Fall der Scheidung zu treffen sind.

 

Normenkette

BGB § 1605

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 692/13)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.

Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antragsgegnerin kann Verfahrenskostenhilfe für die Folgesachen über den nachehelichen Unterhalt und den Zugewinnausgleich nicht aus den vom AG angeführten Gründen versagt werden.

1. Entgegen der Auffassung des AG bietet die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Rechtsverfolgung sowohl hinsichtlich der Folgesache über den nachehelichen Unterhalt als auch hinsichtlich der Folgesache über den Zugewinnausgleich hinreichende Aussicht auf Erfolg, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

a) Hinsichtlich der Folgesache über den nachehelichen Unterhalt, die sich noch in der Auskunftsstufe befindet, kann entgegen der Auffassung des AG weder eine Erledigung der ersten Stufe noch eine Erfüllung des Auskunftsanspruchs angenommen werden.

aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des AG, dass für den Fall, dass sich die Auskunftsstufe erledigt hätte, die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe grundsätzlich erst nach der Bezifferung des Zahlungsantrags in Betracht käme. Das gilt auch, wenn sich die Auskunftsstufe im Verfahrenskostenhilfeverfahren dadurch erledigt, dass der Anspruchsgegner, nach §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO angehört, die begehrte Auskunft erteilt. Dann kann dem Anspruchsteller Verfahrenskostenhilfe zunächst nicht mehr bewilligt werden. Die Erfolgsaussicht seines Begehrens kann erst nach Bezifferung seines Zahlungsantrags auf der Grundlage der erteilten Auskunft beurteilt werden (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 180; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 114 Rn. 39). So liegt es hier aber nicht.

In dem vom AG in Bezug genommenen Schriftsatz vom 9.12.2014 hat die Antragsgegnerin lediglich mitgeteilt, dass der Antragsteller die Auskunft zu den Ziffern 1. a), b) und c) der Antragsschrift erteilt habe und sich der Antrag zu Ziffer 2. a) erledigt habe. Bezüglich des Antrags zu Ziffer 2b) hat die Antragsgegnerin ausdrücklich erklärt, es lägen zwar die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2011 und 2013 vor, nicht jedoch die Einkommensteuererklärungen für jene Jahre. Da die Antragstellerin mit ihrer Antragsschrift ausdrücklich auch Vorlage der Einkommensteuererklärungen begehrt hatte, kann davon, dass die Antragsgegnerin den Auskunftsanspruch vollständig für erledigt erklärt hat, nicht ausgegangen werden.

bb) Entgegen der Auffassung des AG ist der in der ersten Stufe geltend gemachte Anspruch auch nicht vollständig erfüllt worden. Dies gilt jedenfalls für den Beleganspruch, der von dem Anspruch auf Auskunftserteilung zu unterscheiden ist (vgl. OLG München, FamRZ 1993, 202; FamRZ 1996, 307; FamVerf/Schael, § 1 Rn. 307).

Gemäß §§ 1580, 1605 Abs. 1 Satz 2 BGB sind über die Höhe der Einkünfte auf Verlangen Belege, insbesondere Bescheinigungen des Arbeitgebers, vorzulegen. Im Rahmen dieser Belegpflicht muss der Auskunftspflichtige grundsätzlich auf Verlangen außer dem Steuerbescheid auch eine Kopie der zugrunde liegenden Steuererklärung vorlegen, denn in nicht seltenen Fällen reicht der Steuerbescheid allein nicht aus, um die unterhaltsrechtlich wesentlichen Einkünfte verständlich zu belegen. Oft lässt sich erst im Zusammenhang mit der Steuererklärung hinreichend deutlich erkennen, welche Einkommensteile steuerrechtlich unberücksichtigt geblieben sind und inwieweit steuerrechtlich anerkannte Absetzungen vorliegen, die unterhaltsrechtlich möglicherweise nicht als einkommensmindernd hinzunehmen sind (BGH, NJW 1982, 1642, 1643; Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 1 Rn. 1181; Niepmann/Schwamb, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 12. Aufl., Rn. 700; Born, in: Münchner Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1605 Rn. 24). Ausnahmsweise braucht der Unterhaltspflichtige eine Steuererklärung dann nicht vorzulegen, wenn der Verpflichtete seine Einkünfte bereits in anderer Weise ausreichend belegt hat, soweit ein schutzwürdiges Interesse des Auskunftsverpflichteten an d...

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