Normenkette

ZPO § 118

 

Verfahrensgang

AG Senftenberg (Aktenzeichen 31 F 259/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Senftenberg vom 22.5.2002 abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird Prozesskostenhilfe für den von ihr beabsichtigten Antrag auf Ehegattenunterhalt bewilligt.

Zur Wahrnehmung ihrer Rechte wird ihr Rechtsanwältin G. in Senftenberg beigeordnet.

 

Gründe

Zur Entscheidung über die Beschwerde ist gem. §§ 26 Nr. 10 EGZPO, 568 Abs. 1 S. 1 ZPO n.F. der Einzelrichter berufen.

Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte Beschwerde der Antragsgegnerin ist form- und fristgerecht eingelegt worden und hat auch in der Sache Erfolg.

Das AG hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe keine Aussicht auf Erfolg, da die Antragsgegnerin den geltend gemachten Unterhaltsanspruch gem. § 1579 Nr. 5 BGB verwirkt habe. Zur weiteren Begründung hat es auf den Inhalt des Beschlusses vom 22.5.2002 im Parallelverfahren 31 F 488/99 betreffend den Trennungsunterhalt und damit i.E. auf die in diesem Verfahren durchgeführte Beweisaufnahme verwiesen.

Die Antragsgegnerin begehrt vom Antragsteller nach Rechtskraft der Scheidung Unterhalt gem. § 1573 Abs. 1 BGB bzw. aus § 1573 Abs. 2 BGB.

Dies setzt voraus, dass der bedürftige Ehegatte nicht in der Lage ist, eine angemessene Berufstätigkeit i.S.d. § 1574 Abs. 1, Abs. 2 BGB zu finden bzw. die Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt, wie er sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen darstellt, nicht ausreichen.

Da jeder Ehegatte nach der Scheidung grundsätzlich verpflichtet ist, für sich selbst zu sorgen (§ 1569 BGB), sind an die Erwerbsbemühungen der Antragsgegnerin hohe Anforderungen zu stellen. Die Antragsgegnerin hat bisher nicht dargelegt, dass sie sich in ausreichendem Umfang um eine angemessene Tätigkeit bemüht hat, wie sie sie während der Ehe ausgeübt hat. Die Antragsgegnerin hat zwar vereinzelte Bewerbungen behauptet, aber nur eine einzige konkrete Bewerbung dargelegt. Darüber hinaus fehlt es an der Vorlage tatsächlicher Bewerbungen, sodass auch die Ernsthaftigkeit ihrer Bewerbungen bisher nicht nachgeprüft werden kann. Der Antragsgegnerin ist deshalb bei der Frage der Erfolgsaussicht ihres Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt derzeit ein Verstoß gegen die Erwerbsobliegenheit vorzuwerfen, und ihr ist ein fiktives Einkommen anzusetzen. Dieses ist der Höhe nach mit 2.000 bis 2.100 DM anzunehmen, da jedenfalls aus dem bei den Akten befindlichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 ersichtlich ist, dass die Beklagte im Rahmen ihrer während der Ehe ausgeübten Erwerbstätigkeit kein höheres Nettoeinkommen erzielt hat und der Senat i.d.R. ein Einkommen in dieser Höhe als erzielbar ansieht.

Auch bei Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens von 2.100 DM ist dieses nicht bedarfsdeckend.

Der Bedarf der Antragsgegnerin richtet sich hierbei grundsätzlich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Diese waren von der Berufstätigkeit beider Ehepartner geprägt, wobei der Antragsteller eindeutig höheres Einkommen erzielt hat. Ferner waren die ehelichen Lebensverhältnisse von dem Wohnen im Hausgrundstück des dem Antragsteller zu Alleineigentum gehörenden Hauses geprägt.

Die Höhe dieses Wohnvorteils ist derzeit nicht festzustellen, da die Parteien, insb. die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin, nicht zur Größe, zum Alter und zum Bauzustand des von den Eheleuten bewohnten Hausgrundstücks vorgetragen hat. Des Weiteren wären ggf. auch hierauf entfallende Belastungen – insb. Kreditverbindlichkeiten – in Abzug zu bringen sowie die verbrauchsunabhängigen Kosten. Da dies im Hauptsacheverfahren weiter zu klären ist, hat der Senat davon abgesehen, den Prozesskostenhilfeanspruch der Klägerin betreffend die Höhe des von ihr geltend gemachten Unterhaltsanspruchs teilweise zu versagen.

Ebenso wird das AG im Rahmen der ihm von § 643 ZPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch zu machen haben, die aktuellen Einkommensverhältnisse des Antragstellers festzustellen, um in der Hauptsache die genaue Höhe des Unterhaltsanpruchs feststellen zu können.

Dagegen war die Prozesskostenhilfe nicht etwa deshalb zu versagen, weil dieser Anspruch dem Grunde nach bereits verwirkt ist.

Soweit das AG im Verfahren 31 F 488/99 – Trennungsunterhalt – im Rahmen der beantragten Prozesskostenhilfe eine Beweisaufnahme zu dem von dem Antragsteller und dortigen Beklagten vorgetragenen Verwirkungsgründen durchgeführt hat, hat das AG unzulässigerweise eine Beweisanordnung in das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren vorverlagert. Gemäß § 118 Abs. 2 S. 3 Hs. 1 ZPO dürfen Zeugen und Sachverständige im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren grundsätzlich nicht vernommen werden. Damit will der Gesetzgeber vermeiden, dass im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren die Beweisaufnahme der Hauptsache vorweggenommen wird. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den gerichtlichen Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz d...

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