Leitsatz (amtlich)

Eine grobe, korrekturbedürftige Unbilligkeit (§ 27 VersAusglG) kommt in Frage, wenn einer der Ehepartner private Vorsorgeverträge durch Erklärungen gegenüber dem Versorgungsträger dem Versorgungsausgleich entzieht, ohne dass dafür ein sachlicher, auch unter Berücksichtigung der Interessen des anderen billigenswerter Beweggrund zu erkennen ist, und wenn dadurch das Ausgleichsergebnis, das ohne die Erklärung erreicht würde, erheblich verschoben wird.

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Beschluss vom 02.12.2014; Aktenzeichen 6 F 568/13)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG Zossen vom 2.12.2014 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.200 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Nichtberücksichtigung eines vom Antragsgegner gekündigten Rentenversicherungsvertrages im Versorgungsausgleich.

I. Im seit November 2013 rechtshängigen Verfahren zur Scheidung der Ehe der 1956 geborenen Antragstellerin und des 1961 geborenen Antragsgegners haben die Versorgungsträger Auskunft über die bestehenden Anwartschaften der Eheleute erteilt:

Bei der... bestanden Anrechte der Antragstellerin mit Ausgleichswerten von 0,3644 Entgeltpunkten und 5,8645 Entgeltpunkten (Ost); dem entsprachen korrespondierende Kapitalwerte von 2.346,52 Euro und 32.093,12 Euro. Aus der Beamtenversorgung eines Landes bestand für die Antragstellerin ein Anrecht mit einem Ausgleichswert von 882,93 Euro monatlicher Versorgung; dem entsprach ein korrespondierender Kapitalwert von 202.045,14 Euro.

Für den Antragsgegner bestanden bei der... Anrechte mit Ausgleichswerten von 0,0026 Entgeltpunkten und 14,6619 Entgeltpunkten (Ost); dem entsprachen korrespondierende Kapitalwerte von 16,74 Euro und 80.236,35 Euro.

Der Antragsgegner hatte zudem eine so genannte Riester-Rente bei einem privaten Lebensversicherer unterhalten. Er hatte diesen Vertrag im September 2013 gekündigt, um die Kosten des bevorstehenden Scheidungsverfahrens bestreiten zu können. Vermögen oder Rücklagen, auf die er dazu hätte zugreifen können, hatte der Antragsgegner nicht bilden können. Der Lebensversicherer zahlte aus dem zum 1.1.2014 beendeten Vertrag 6.156,16 Euro an den Antragsgegner. Weitere 1.672,97 Euro mussten als durch die Vertragsbeendigung verfallene Altersvorsorgezulagen und Steuerermäßigungen einbehalten werden.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und den Ausgleich der Anrechte gemäß den Auskünften der Versorgungsträger angeordnet.

Mit ihrer Beschwerde beanstandet die Antragstellerin, dass das Anrecht des Antragsgegners aus der privaten Rentenversicherung nicht ausgeglichen worden sei. Zudem sei nicht begreiflich, dass der Antragsgegner in so hohem Maße an ihrer Altersversorgung teilhaben solle. Er habe vollschichtig gearbeitet. Witterungsbedingte Winterkündigungen könnten sich nicht so gravierend ausgewirkt haben. Die Kindererziehungszeiten und die Doppelbelastung mit Kindererziehung und Erwerbsarbeit müssten zu Gunsten der Antragstellerin berücksichtigt werden.

Wegen des weiteren Vortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Anlagen verwiesen.

Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 III 2 FamFG). Die Beteiligten haben ihre Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten ausführlich schriftlich dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, zu welchem weiteren Erkenntnisfortschritt eine mündliche Verhandlung führen könnte.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Das Anrecht des Antragsgegners bei dem privaten Lebensversicherer ist im Versorgungsausgleich nicht auszugleichen.

Zu den auszugleichenden Anrechten (§ 2 I VersAusglG) gehören nur die Versorgungsanwartschaften, die zur Zeit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch bestehen. Auch Anrechte, die zum Ende der Ehezeit (§ 3 I VersAusglG) noch bestanden, aber danach, nämlich bis zur letzten tatrichterlichen Entscheidung, weggefallen oder so umgewandelt worden sind, dass sie nicht mehr als auszugleichende Anwartschaften in Betracht kommen, können nicht in den Versorgungsausgleich einbezogen werden, sondern sie sind einer Berücksichtigung im Zugewinnausgleich vorbehalten (BGH, NJW 2015, 1599, Abs. 10; NJW-RR 2012, 769, Abs. 10, beide m. Nachw. d. st. Rspr.).

Die Kündigung und Beendigung des Rentenversicherungsvertrages hat der Antragsgegner durch die Kündigungsbestätigung und die Auszahlungsmitteilung des Versicherers (Anlagen zum Schriftsatz des Antragsgegner vom 24.3.2015, Bl. 71, 73) ausreichend nachgewiesen. Die Antragstellerin stellt die Beendigung des Vertrages zudem nicht in Frage, sondern hält sie dem Antragsgegner als unredlich entgegen.

2. Der Versorgungsausgleich ist nicht zu beschränken. Seine vollständige Durchführung nach den allgemeinen Regeln ist nicht grob unbillig (§ 27 VersAusglG).

a) Die Härteklausel, nach der der Versorgungsausgleich ganz oder teilweise ausgeschlossen werden kan...

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