Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindesunterhalt: Umgangskosten des Unterhaltsschuldners

 

Leitsatz (amtlich)

1. Umgangskosten hat der Unterhaltsschuldner so konkret darzustellen, dass zumindest eine Schätzung möglich ist; sie sind nur zu berücksichtigen, wenn der Umgangspflichtige sie nicht aus einem ihm verbleibenden Kindergeldanteil decken kann (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 271). Der umgangsberechtigte Unterhaltsschuldner muss alle Möglichkeiten nutzen, um die Umgangskosten so niedrig wie möglich zu halten (vgl. Wendl/Klinkhammer UnterhaltsR, 10. Aufl.; § 2 Rn. 273 m.w.N.).

 

Verfahrensgang

AG Nauen (Aktenzeichen 24 F 25/19)

 

Tenor

I. Das Aktivrubrum des Beschlusses des Amtsgerichts Nauen vom 12.09.2019 wird dahin berichtigt, dass die Bezeichnung des Antragstellers nicht "T... G... ..." lautet, sondern "E... G ..., geboren ...2015, gesetzlich vertreten durch seinen Vater T...G...l ...".

II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten Beschwerde hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Dieser Beschluss ist für Unterhaltsverpflichtungen ab 01.02.2019 sofort wirksam.

Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: bis zu 6 000 EUR.

 

Gründe

I. Die beschwerdeführende Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Mindestunterhalt an den Antragsteller, ihren ...2015 geborenen Sohn.

Dieser lebt einkommens- und vermögenslos bei seinem Vater.

Die Antragsgegnerin hat Leistungsunfähigkeit eingewandt und insoweit auf ihr Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung aus 18 Wochenstunden an insgesamt drei Arbeitstagen pro Woche als zahnmedizinische Fachangestellte verwiesen sowie auf die Kosten ihres Umgangs mit dem Antragsteller. Der Umgang, zu dem die Antragsgegnerin aus Baden-Württemberg, wohin sie aus Brandenburg verzogen ist, anreist, findet einmal monatlich am letzten Freitag eines Monats ab 10:00 Uhr bis zum darauffolgenden Mittwoch 17.00 Uhr statt, wobei die Antragsgegnerin den Antragsteller am Wohnort des Vaters abholt und dorthin zurückbringt.

Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin im wesentlichen zur Zahlung rückständigen und laufenden Kindesunterhalts verpflichtet, wobei es abweichend von der Antragsschrift und seinen Ausführungen in den Beschlussgründen den Kindesvater als Antragsteller rubriziert hat. Die Antragsgegnerin sei bei einem ihr möglichen Einkommen leistungsfähig und habe dem entgegen stehende Umgangskosten unzureichend dargelegt.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihr Abweisungsbegehren uneingeschränkt weiter. Das Amtsgericht habe auf der Grundlage seiner eigenmächtigen Rubrumsänderung den Antrag abweisen müssen. Zu Unrecht habe es ihr ein höheres als ihr aktuelles Einkommen zugerechnet und ihre Umgangskosten fehlerhaft unberücksichtigt gelassen.

Sie beantragt,

die Anträge des Antragstellers unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses abzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (150), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S 2 FamFG), von der weitere Erkenntnisse nicht zu erwarten waren.

II. Die nach §§ 58 ff FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss, dessen Aktivrubrum der Senat als Rechsmittelgericht (vgl. Feskorn in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Aufl. 2020, § 319 ZPO, Rn. 34 m.w.N.) gemäß seiner Ankündigung vom 29.11.2019 wegen offensichtlicher Unrichtigkeit - die Abweichung des Aktivrubrums von der Antragsschrift und den Urteilsgründen ist evident - vom Kindesvater auf den Antragsteller berichtigt hat (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 319 ZPO), bleibt ohne Erfolg.

Gegenüber den Kindesunterhaltsansprüchen (§§ 1601, 1602, 1610, 1612a, 1612b BGB) greift der Einwand der Leistungsunfähigkeit (vgl. § 1603 BGB) nicht durch.

Auf ihr tatsächliches Einkommen kann sich die Antragsgegnerin nicht zurückziehen, da sie gegenüber dem Antragsteller eine nach § 1603 Abs. 2 BGB verschärfte Erwerbsobliegenheit trifft. Diese rechtfertigt die Zurechnung eines erzielbaren Einkommens, wenn der Unterhaltsschuldner hinreichende Erwerbsbemühungen unterlässt (vgl. Nr. 9 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, fortan auch: LL). Die nach § 1603 Abs. 2 BGB gesteigerte Obliegenheit, seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen und einträgliche Erwerbstätigkeiten auszuüben, trifft auch den berufstätigen Unterhaltsschuldner, dessen vorhandenes Einkommen zur Erfüllung der Unterhaltspflichten nicht ausreicht, und legt ihm auf, sich um besser bezahlte Beschäftigungsmöglichkeiten zu bemühen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Unterhaltsrecht, 9. Aufl. § 2 Rn. 244 m.w.N.), wobei ihm regelmäßig auch ein...

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