Tenor

Die weitere Beschwerde der Landeskasse Brandenburg wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Landeskasse Brandenburg wendet sich gegen den Kostenansatz der Obergerichtsvollzieherin vom 03.03.2021 zu Az.: DR II 129/21, in dem diese für einen Versuch der gütlichen Einigung vor Vollstreckung eines Haftbefehls eine Gebühr nach § 9 GvKostG i.V.m. Anlage 1 Nr. 208 KV GvKostG (in der bis zum 31.10.2021 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) in Höhe von 8,00 EUR eingestellt hat. Die Landeskasse hat die Auffassung vertreten, die veranschlagte Gebühr dürfe nicht erhoben werden, weil die Obergerichtsvollzieherin bereits zuvor im Zusammenhang mit dem Versuch, eine Vermögensauskunft einzuholen, eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses angesetzt habe und der Antrag zur Vollziehung des Haftbefehles innerhalb von drei Monaten eingegangen sei.

Die Landeskasse hat unter dem 19.11.2022 gegen den Kostenansatz die Erinnerung eingelegt, die das Amtsgericht Bernau bei Berlin mit Beschluss vom 30.03.2023 (Az.: 30 M 458/22) unter Zulassung der Beschwerde zurückgewiesen hat. Das von der Landeskasse eingelegte Rechtsmittel hat das Landgericht Frankfurt (Oder) mit Beschluss vom 16.05.2023 (Az.: 19 T 94/23) zurückgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten, vom Landgericht zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Landeskasse ihre Rechtsauffassung weiter.

II. Die gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 Satz 1 GKG zulässige weitere Beschwerde, über die der Senat in der Besetzung nach § 122 Abs. 1 GVG zu entscheiden hat, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Beschwerde der Landeskasse gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 30.03.2023 zurückgewiesen. Dieser Beschluss, mit dem die Erinnerung der Landeskasse gegen den Kostenansatz der Obergerichtsvollzieherin zurückgewiesen worden ist, ist nicht zu beanstanden, denn die Kostenrechnung vom 03.03.2021 berücksichtigt berechtigt eine Gebühr in Höhe von 8,00 EUR gemäß § 9 GvKostG i.V.m. Nr. 208 KV GvKostG a.F.

Der Tatbestand der Nr. 208 KV GvKostG a.F. ist erfüllt: Nach Nr. 207 KV GvKostG a.F. erhält der Gerichtsvollzieher für den Versuch einer gütlichen Erledigung (§ 802b ZPO) eine Gebühr von 16,00 EUR, die sich nach Nr. 208 KV GvKostG a.F. auf 8,00 EUR ermäßigt, wenn der Gerichtsvollzieher gleichzeitig mit einer auf eine Maßnahme nach § 802a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder 4 ZPO gerichteten Amtshandlung beauftragt war. Diese Voraussetzungen waren gegeben. Die Obergerichtsvollzieherin hatte den Schuldner vor der Vollstreckung des durch das Amtsgericht erlassenen Haftbefehls angeschrieben und ihm die Möglichkeit gegeben, zur Vermeidung der Vollstreckung des Haftbefehls die Forderung im Rahmen einer gütlichen Erledigung durch freiwillige Zahlung zu begleichen. Zuvor war die Obergerichtsvollzieherin mit der Abnahme der Vermögensauskunft (§ 802a Abs. 2 Nr. 2, § 802c ZPO) beauftragt worden.

Der Berücksichtigung der Gebühr für den Versuch einer gütlichen Einigung nach Nr. 208 KV GvKostG a.F. im Kostenansatz der Obergerichtsvollzieherin steht § 10 Abs. 1 Satz 1 GvKostG nicht entgegen. Danach wird bei Durchführung desselben Auftrags eine Gebühr nach derselben Nummer des Kostenverzeichnisses nur einmal erhoben. Die Obergerichtsvollzieherin hat entgegen der Ansicht der Landeskasse vorliegend nicht die Durchführung desselben Auftrags unternommen, vielmehr liegen mit ihrer Beauftragung zur Abnahme der Vermögensauskunft einerseits und zur Vollstreckung des Haftbefehls andererseits - kostenrechtlich - mehrere Aufträge vor. Dies ergibt sich aus der Regelung in § 3 Abs. 1 Satz 4 GvKostG, wonach unbeschadet des Grundsatzes in Abs. 1 Satz 1, dass ein Auftrag alle Amtshandlungen erfasst, die zu seiner Durchführung erforderlich sind, die Vollziehung eines Haftbefehls jedenfalls einen besonderen Auftrag darstellt (vgl. LG Kassel, Beschluss vom 08.12.2017 - 3 T 433/17, juris). Dass die Anträge auf Vermögensauskunft und auf Vollstreckung eines Haftbefehls im Gegensatz zu der kostenrechtlichen Regelung verfahrensrechtlich als ein einheitlicher Auftrag zu qualifizieren sind, weil der Haftbefehl nur subsidiär der Verwirklichung des Auskunftsanspruches des Gläubigers durch Abnahme der Vermögensauskunft dient und jeder Haftauftrag einen Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft impliziert, führt nicht zu einer abweichenden Entscheidung (a.A.: LG Osnabrück, Beschluss vom 16.02.2021 - 9 T 18/21, DGVZ 2021, 94; BeckOK, KostR/Herrfurth, 43. Ed. 01.10.2023 § 3 Rn. 35; KV 208 Rn. 17). Denn der Gesetzgeber hat mit § 3 Abs. 1 Satz 4 GvKostG bewusst eine von der verfahrensrechtlichen Dogmatik abweichende Kostenregelung gewählt, mit der Folge, dass für den Bereich des Kostenrechts und damit auch für die nach § 10 Abs. 1 Satz 1 GvKostG zu bestimmende Frage, ob für mehrere Amtshandlungen auch mehrere - ggf. gleiche - Gebühren entstehen und Auslagen mehrfach abgerechnet werden können, die Regel...

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