Entscheidungsstichwort (Thema)

Ergänzung eines Verbundbeschlusses im Kostenpunkt bei unterlassener Kostenentscheidung nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 269 Abs. 4 ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Bescheidung eines Antrages nach §§ 113 Abs. 1 S 2 FamFG, 269 Abs. 4 ZPO ist das Amtsgericht zuständig, wenn ihm gegenüber die Rücknahmeerklärung erfolgt ist.

2. Gegen dessen Beschluss - Stattgabe wie Ablehnung - ist nach § 269 Abs. 5 ZPO die sofortige Beschwerde §§ 567 ff ZPO eröffnet (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 269 ZPO, Rn. 20; Musielak/Voit/Foerste ZPO § 269 Rn. 16; MüKoZPO/Becker-Eberhard ZPO § 269 Rn. 75). Diese Vorschrift gelangt nach der Subsidiaritätsklausel des § 58 Abs. 1 FamFG über § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG zur Anwendung, bestimmt als statthaftes Rechtsmittel ausdrücklich die sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO und verdrängt damit die Beschwerde nach § 58 ff FamFG (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 12).

3. Zur Umdeutung von Rechtsmitteln im FamFG

4. § 99 ZPO findet auch auf Ehe- und Familienstreitsachen (§§ 111 Nr. 1, 112 FamFG) Anwendung (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933; MüKoZPO/Schulz ZPO § 99 Rn. 2; BeckOK ZPO/Jaspersens ZPO § 99 Rn. 27; jew. m.w.N). Die für Verbundsachen maßgebliche Kostenvorschrift des § 150 FamFG tritt ebenso wenig insgesamt an die Stelle der Kostenbestimmungen der Zivilprozessordnung, also auch der Rechtsmittelvorschriften, wie § 243 FamFG, sondern kann allenfalls wie diese Bestimmung als lex specialis lediglich die Vorschriften über die Verteilung der Kosten ersetzen (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933 Rn. 23).

5. Eine zurückgenommene Folgesache Unterhalt bleibt in Ansehung der Kosten auch ohne Anhängigkeit der Hauptsache Teil des einheitlichen Verbundverfahrens, und im Rahmen der einheitlichen Kostenentscheidung im Scheidungsverbund ist über die kostenrechtlichen Folgen zu entscheiden, die sich daraus ergeben (vgl. BGH FamRZ 2007, 893 Rn. 11 zu § 93a ZPO aF).

 

Verfahrensgang

AG Neuruppin (Aktenzeichen 55 F 109/14)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 30.05.2018 wird verworfen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 500 EUR

II. Der Antrag des Antragsgegners auf Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. 1. Die beschwerdeführende Antragstellerin wendet sich in einer mit Folgesachen verbundenen Ehesache gegen die unterlassene Bescheidung eines Kostenantrages nach § 269 Abs. 4 ZPO im Scheidungsbeschluss und gegen die dortige Kostenentscheidung.

Der Antragsgegner hatte in einer Ehesache Ansprüche auf nachehelichen Unterhalt als Folgesache im Verbund anhängig gemacht und seinen Antrag im Termin am 09.11.2016 mit Zustimmung der Antragstellerin zurückgenommen (61), die daraufhin mit Schriftsatz vom 09.01.2017 Kostenantrag gegen den Antragsgegner gestellt hat (151 UE).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.05.2018, zugestellt der Antragstellerin am 12.06.2018 (145), auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist (117 ff), hat das Amtsgericht die Ehe der Antragsbeteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich zwischen Ihnen durchgeführt und den Antragsgegner, insoweit unter Zurückweisung des weitergehenden Antrages der Antragstellerin, zur Zahlung eines Zugewinnausgleichs verpflichtet. Die Kostenentscheidung hat es unter Einbeziehung der drei entschiedenen Verfahren getroffen (vgl. 119). Zur zurückgenommenen Folgesache Unterhalt enthält der Beschluss keine Ausführungen.

Mit Schriftsatz vom 21.06.2018 hat die Antragstellerin das Amtsgericht nochmals um eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs. 4 ZPO gebeten (vgl. 152 UE).

Mit Schriftsatz vom 11.07.2018 hat sie vorsorglich und fristwahrend Beschwerde gegen den Endbeschluss vom 30.05.2018 eingelegt. Mit dieser Beschwerde erstrebt sie eine Ergänzung des angefochtenen Beschlusses im Kostenpunkt.

Sie beantragt,

das Amtsgericht Neuruppin wird unter Aufhebung der Vorlageverfügung vom 16.07.2018 verpflichtet, den Endbeschluss vom 30.05.2018 - 55 F 109/14 - unter Berücksichtigung des übergangenen Kostenpunktes zu ergänzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Beschwerde für unzulässig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den Schriftsatzwechsel im Beschwerdeverfahren sowie auf den Hinweis vom 14.09.2018, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen (169 ff.). Er entscheidet, wie angekündigt (170), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.

II. Die Beschwerde gegen den Endbeschluss vom 30.05.2018 ist unstatthaft, §§ 58 Abs. 1, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 99, 269 Abs. 5, 321, 567 ff ZPO.

Für die von der Antragstellerin erstrebte Ergänzung des Verbundbeschlusses im Kostenpunkt steht ihr nicht das Verfahren der Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG zur Verfügung, sondern das der Beschlu...

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