Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstreckung der Prozesskostenhilfe für eine Stufenklage

 

Leitsatz (amtlich)

Im PKH-Verfahren kann zugunsten des in Berlin bei der Mutter lebenden volljährigen Unterhaltsberechtigten angenommen werden, dass sein Bedarf nicht nach der 3. Altersstufe der Berliner Tabelle, sondern nach der 4. Altersstufe der Brandenburger Tabelle zu bestimmen ist.

 

Normenkette

BGB §§ 1601 ff.; ZPO § 114

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 08.01.2007; Aktenzeichen 2 F 996/05)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

In Ergänzung des Beschlusses des AG Strausberg vom 16.12.2005 wird klargestellt, dass sich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf den sich aus der Auskunft ergebenden Unterhaltsanspruch und damit auf einen Betrag von insgesamt 2.033,67 EUR für die Zeit von Juli 2005 bis Juli 2006 erstreckt.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Es ist festzustellen, dass sich die durch Beschluss des AG vom 16.12.2005 bewilligte Prozesskostenhilfe auf den nach Erteilung der Auskunft durch den Beklagten nun vom Kläger mit Schriftsatz vom 6.12.2006 geltend gemachten Betrag von 2.033,67 EUR für die Zeit von Juli 2005 bis Juli 2006 erstreckt.

1. Dass das AG durch den angefochtenen Beschluss nun, nachdem der Kläger auf der Grundlage der vom Beklagten erteilten Auskunft seinen Unterhaltsanspruch beziffert hat, in Ausfüllung des die Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschlusses vom 16.12.2005 klargestellt hat, auf welchen Umfang sich die Prozesskostenhilfebewilligung erstreckt, ist nicht zu beanstanden.

Wird Unterhalt im Wege der Stufenklage geltend gemacht und für die Klage Prozesskostenhilfe beantragt, so ist bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 114 ZPO Prozesskostenhilfe nicht allein für die erste Stufe, sondern sogleich für die gesamte Stufenklage zu bewilligen (OLG Brandenburg, FamRZ 1998, 1177; OLG Hamm v. 17.6.1999 - 3 WF 189/99, FamRZ 2000, 429 f.; Johannsen/Henrich/Thalmann, Eherecht, 4. Aufl., § 114, Rz. 23; Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, § 1, Rz. 263). Die Bewilligung ist dann auf einen Antrag, der sich aus der aufgrund der ersten Stufe zu erteilenden Auskunft ergibt, beschränkt; eine Mehrforderung ist von der Bewilligung nicht gedeckt (OLG Düsseldorf, FamRZ 2000, 101; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114, Rz. 37a.). Nach Bezifferung des Zahlungsantrages durch den Kläger kann das AG, wie hier geschehen, durch Beschluss klarstellen, in welchem Umfang der Antrag von der Bewilligung erfasst ist (OLG Karlsruhe v. 15.4.1996 - 20 WF 8/96, FamRZ 1997, 98; OLG Nürnberg v. 18.3.1996 - 7 WF 466/96, FamRZ 1997, 100, 101; FamVerf/Gutjahr, a.a.O.).

2. Bei der Prüfung, in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch des Klägers gegen den Beklagten nach §§ 1601 ff. BGB besteht, hat das AG unter Zugrundelegung der Einkünfte des Beklagten und der Mutter des Klägers, wie sie im Schriftsatz vom 6.12.2006 dargelegt sind, die auf den Beklagten nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB entfallende Haftungsquote mit 92,52 % zutreffend ermittelt. Zu Recht hat das AG hierbei nur die Einkünfte, soweit sie oberhalb des jeweiligen Selbstbehaltes liegen, berücksichtigt. Denn die Haftungsanteile beider Elternteile ggü. dem volljährigen Kind bestimmen sich nach dem Verhältnis ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen (Nr. 13.3 der Unterhaltsleitlinien des OLG Brandenburg, Stand: 1.7.2005).

3. Das AG hat den Bedarf des in Berlin lebenden Klägers auf der Grundlage der 3. Altersstufe der Berliner Tabelle bestimmt. Für diese Handhabung spricht, dass sich der Bedarf grundsätzlich nach dem Wohnort des Unterhaltsberechtigten, die Leistungsfähigkeit (Selbstbehalt) hingegen nach dem Wohnort des Unterhaltspflichtigen richtet (vgl. auch Nr. 25 der Unterhaltsleitlinie des OLG Brandenburg, Stand 1.7.2005). Andererseits ist zu beachten, dass die Düsseldorfer Tabelle, anders als die Berliner Tabelle, für volljährige Unterhaltsberechtigte eine 4. Altersstufe vorsieht. Mit Ausnahme des KG und der OLG Naumburg und Rostock geben alle anderen OLG in ihren Unterhaltsleitlinien eine Unterhaltstabelle unter Einschluss der 4. Altersstufe wieder (vgl. auch Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 2, Rz. 383). Angesichts dessen ist es vertretbar, die Frage, ob im Haushalt eines Elternteils lebende volljährige Unterhaltsberechtigte einen höheren Bedarf als minderjährige Unterhaltsberechtigte, die der 3. Altersstufe angehören, haben, als eine Rechtfrage zu betrachten, die losgelöst vom konkreten Wohnort des Unterhaltsberechtigten zu beantworten ist. Sieht man die Bedarfsmessung im vorliegenden Fall als eine Rechtfrage an, so darf diese im Prozesskostenhilfeverfahren nicht zu Lasten des Klägers beantwortet werden.

Soweit es bei der Frage, ob das Begehren der Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei hinreichende Erfolgsaussicht bietet, um die R...

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