Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Stufenklage ist das Obsiegen und Unterliegen i.S.v. § 92 Abs. 1 ZPO hinsichtlich jeder einzelnen Stufe gesondert zu prüfen.

2. Zur sog. Mehrkostentheorie bei teilweiser Klagerücknahme.

 

Normenkette

ZPO § 92

 

Verfahrensgang

AG Perleberg (Beschluss vom 04.06.2008; Aktenzeichen 16b F 95/07)

 

Tenor

Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass der Kläger 12 % und der Beklagte 88 % der Kosten des Rechtstreits unter Einschluss der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen hat.

Der Beschwerdewert wird auf zwischen 601 und 900 EUR festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts durch das AG in der mündlichen Verhandlung vom 26.5.2008 wird dahin abgeändert, dass der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren anderweitig auf 1.106 EUR bis zum 9.4.2008 und auf 899 EUR für die Zeit danach festgesetzt wird.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde, mit der sich der Beklagte gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des AG vom 4.6.2008 wendet, ist, soweit die Kosten auf den anerkannten Anspruchsteil entfallen, nach § 99 Abs. 2 ZPO (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 99 Rz. 8), soweit die Kosten auf die teilweise Klagerücknahme entfallen, nach § 269 Abs. 5 Satz 1 ZPO (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 723 f.; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 269 Rz. 20a; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 99 Rz. 52) zulässig. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtstreits entgegen der Auffassung des AG nicht in vollem Umfang, sondern lediglich zu einem Anteil von 88 % zu tragen. Der Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren ist gem. § 63 Abs. 3 GKG von Amts wegen abzuändern.

1. Bei der Kostenentscheidung ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klage um eine Stufen-klage nach § 254 ZPO handelt, bei der der Kläger den Beklagten zunächst auf Auskunfterteilung und im Anschluss daran auf Unterhaltszahlung in Anspruch genommen hat. Bei der Stufenklage ist das Obsiegen und Unterliegen i.S.v. § 92 Abs. 1 ZPO hinsichtlich jeder einzelnen Stufe gesondert zu prüfen (OLG München MDR 1990, 636; OLG Hamm NJW-RR 1995, 959 f.; OLG Karlsruhe, JurBüro 1994, 682; JurBüro 1999, 37; Rixecker MDR 1985, 633; Zöller/Herget, a.a.O., § 92 Rz. 3). Auch wenn der Beklagte, wie vorliegend, das Vorliegen eines sofortigen Anerkenntnisses i.S.v. § 93 ZPO geltend macht, sind die einzelnen Stufen der Stufenklage gesondert zu untersuchen (OLG Bamberg, JurBüro 1989, 539; Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rz. 6 "Stufenklage"; Hüsstege in Thomas/Putzo, a.a.O., § 93 Rz. 12).

2. Wegen der gesonderten Prüfung der beiden Stufen der Stufenklage bedarf es der Festsetzung eines (fiktiven) Wertes für die Auskunftsstufe. Mit Rücksicht darauf, dass vorliegend auch eine teilweise Klagerücknahme vorliegt, indem der Kläger mit Schriftsatz vom 9.4.2008 die Unterhaltsforderung von ursprünglich 287 EUR monatlich auf, nach Zeiträumen gestaffelt, 269 EUR, 267 EUR bzw. 288 EUR monatlich abgeändert hat, so dass der Kläger nach der sog. Mehrkostentheorie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, die sich allein dadurch ergeben, dass zunächst die Klage in weiterem Umfang erhoben worden ist, bedarf es zur richtigen Berech-nung der anfallenden Kosten auch einer Überprüfung des Streitwerts für die Zahlungsstufe, deren Wert als der höhere für das Verfahren insgesamt maßgebend ist, § 44 GKG.

a) Der Wert für die Zahlungsstufe der Abänderungsklage gem. § 323 ZPO bemisst sich nach dem Unterschiedsbetrag zwischen dem bisher titulierten und dem künftig verlangten Unterhalt (Zöller/Herget, a.a.O., § 3 Rz. 16 "Abänderungsklage". Rückständiger Unterhalt aus der Zeit vor Klageeinreichung ist gem. § 42 Abs. 5 GKG der laufenden Differenz für den Zeitraum von 12 Monaten nach § 42 Abs. 1 GKG hinzuzurechnen (Verfahrenshandbuch Familiensachen - FamVerf-/Gutjahr, § 1 Rz. 626). Maßgebend ist der Wert, nach dem die angefallenen Gebühren zu berechnen sind. Gesonderte Werte infolge einer Klageänderung führen dann zu einer gesonderten Streitwertfestsetzung, soweit bestimmte Gebühren nur auf den einen oder den anderen Streitwert angefallen sind (FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 620). Danach ist vorliegend für die anwaltliche Terminsgebühr nach VV 3104 ein geringerer Wert als für die anwaltliche Verfahrensgebühr nach VV 3100 anzusetzen. Denn die teilweise Klagerücknahme erfolgte durch Schriftsatz des Klägers vom 9.4.2008. Bei Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem AG vom 26.5.2008 war Gegenstand des Verfahrens entsprechend nur die ermäßigte Klageforderung.

Mit Rücksicht darauf, dass die Klage, mit der Unterhalt ab März 2007 verlangt wird, am 16.4.2007 eingereicht worden ist und der Monat der Klageeinreichung zum Rückstand gem. § 42 Abs. 5 GKG zählt (OLG Brandenburg FamRZ 2004, 962; FamRZ 2007, 1999 f.; Hartmann, Kostengesetz, 38. Aufl., § 42 GKG, Rz. 77; FamVerf/Gutjahr, § 1 Rz. 619), handelt es sich bei dem Unterhalt für die Monate März und April 2007 um sog. rückständigen Unterhalt. Setzt...

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