Verfahrensgang

AG Potsdam (Entscheidung vom 04.07.2002; Aktenzeichen 35 IN 390/00)

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Gläubigerin der D Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG. Durch Beschluss vom 17.11.2000 hat das Amtsgericht Potsdam den Antrag, über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren zu eröffnen, mangels Masse abgewiesen.

Mit Schreiben vom 24.06.2002 hat die Antragstellerin über ihre Verfahrensbevollmächtigten beantragt, ihr Einsicht in die Verfahrensakten des Insolvenzverfahrens zu gewähren. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sie benötige die Einsicht, um die gerichtliche Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches gegenüber dem Geschäftsführer der Schuldnerin vorbereiten zu können.

Durch die beanstandete Entscheidung hat der Präsident des Amtsgerichts Potsdam das Akteneinsichtsgesuch zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im wesentlichen ausgeführt, es fehle der Antragstellerin an einem hinreichenden rechtlichen Interesse.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit der sie ihr Akteneinsichtsbegehren weiter verfolgt. Sie vertritt die Auffassung, ein rechtliches Interesse im Sinne von § 299 Abs. 2 ZPO hinreichend dargetan zu haben. Im übrigen beruft sie sich darauf, dass ihr die Akteneinsicht bereits im Wege der Amtshilfe zu gewähren sei.

II.

Der Antrag der Antragstellerin ist gem. § 23 Abs. 1 EGGVG statthaft. Die Ablehnung der gem. §§ 4 InsO, 299 Abs. 2 ZPO zu beurteilenden Akteneinsicht stellt einen Justizverwaltungsakt dar. Zulässig ist der Antrag gem. § 24 Abs. 1 EGGVG, da die Antragstellerin geltend macht, die beantragte Maßnahme verletze sie in ihren Rechten, und eine solche Verletzung zumindest denkbar ist. Die gerichtliche Entscheidung ist auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gem. § 26 Abs. 1 EGGVG und in der gebotenen Form beantragt worden.

III.

In der Sache bleibt der Antrag indes ohne Erfolg.

Zutreffend hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dass die Antragstellerin ein hinreichendes rechtliches Interesse im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO nicht dargetan habe.

Das Interesse der Antragstellerin, durch die Einsicht in die Insolvenzakten Informationen zu gewinnen, die ihr in einem beabsichtigten Schadensersatzprozess gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nützlich sein können, rechtfertigt die Gewährung von Akteneinsicht in die Insolvenzakten nicht.

Ein Recht auf Akteneinsicht, insbesondere auch in das Gutachten des Sachverständigen im Insolvenzverfahren, steht einem Dritten nicht zu, der am Insolvenzverfahren nicht beteiligt ist und lediglich Tatsachen erfahren möchte, die ihm Durchgriffsansprüche gegen den Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin ermöglichen sollen. Insoweit handelt es sich um bloß wirtschaftliche Interessen, die nicht mit dem Verfahrensgegenstand des Insolvenzverfahrens rechtlich verbunden sind und die damit kein rechtliches Interesse im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO darstellen (OLG Celle OLGR 2000, 58, 59 sowie ständige Rechtsprechung des Senates ZIP 2000, 1541; und ZIP 2001, 1922, 1923).

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin auch darauf, dass ihr die begehrte Akteneinsicht bereits nach den Grundsätzen der Amtshilfe zu gewähren sei und dass sich ein entsprechender Einsichtsanspruch darüber hinaus aus der Bestimmung des § 4 SGB X ergebe.

Auf die Grundsätze der Amtshilfe lässt sich das begehrte Akteneinsichtsgesuch nicht stützen.

Dabei kann dahinstehen, ob die §§ 3, 4 SGB X im Verhältnis zwischen einem Sozialversicherungsträger und einem Gericht, dessen Gerichtsvorstand um die Gewährung von Akteneinsicht in die Akten eines bereits abgeschlossenen Verfahrens ersucht wird, überhaupt anwendbar sind (ablehnend OLG Celle Rechtspfleger 1983 160, 161 und Engelmann, von Wulffen, SGB X, 4. Auflage 2001 § 3 Rn. 7).

Auch wenn man die vorgenannten Bestimmungen des SGB X ergänzend zur Bestimmung des § 299 Abs. 2 ZPO als mögliche Grundlage für ein Akteneinsichtsgesuch werten mag, so ließe sich daraus indes nicht folgern, dass diese Akteneinsicht jederzeit und uneingeschränkt einem Träger öffentlicher Gewalt zu gewähren ist.

Das Recht zur Akteneinsicht in gerichtliche Verfahrensakten besteht nicht unbeschränkt. Bei jeder Entscheidung über ein Akteneinsichtsgesuch ist grundsätzlich auch das aus Art. 1 und Art. 21 Grundgesetz herzuleitende Recht auf informelle Selbstbestimmung der Prozessparteien oder Verfahrensbeteiligten zu beachten (Bundesverfassungsgericht NJW 88, 2031 und 3009).

Für den Bereich der Sozialdaten, also den unmittelbaren Anwendungsbereich der §§ 3, 4 SGB X, hat der Gesetzgeber insoweit in den §§ 67ff SGB X ein umfangreiches Regelungswerk geschaffen (Engelmann a.a.O. § 3 Rn. 3 mit umfangreichen weiteren Nachweisen). Dass die hiernach für eine Weiterleitung der in den Insolvenzverfahrensakten enthaltenen Informationen erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, macht die Antragstellerin selbst nicht geltend.

Für den Bereich der Gerichte findet sich zwischenzeitlich eine ergänzende...

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