Leitsatz (amtlich)

1. Auf Grundlage des § 1408 BGB a.F. geschlossene notarielle Vereinbarungen zum Versorgungsausgleich konnten nur bei Anhängigkeit eines (Scheidungs)Verfahrens bis 31.8.2009 der Unwirksamkeit zugeführt werden. Die Einreichung eines späteren Antrags konnte dagegen die gesetzlichen Rechtsfolgen der Einhaltung der Jahresfrist des § 1408 BGB a.F. nicht mehr auslösen.

2. Die nähere Inhalts- und Ausübungskontrolle einer geschlossenen Versorgungsausgleichsvereinbarung ist von den Gerichten nur iSe. Veranlassungsprinzips dann wahrzunehmen, wenn einer der Beteiligten die materiell-rechtliche Unwirksamkeit der getroffenen Vereinbarung rügt, oder wenn tatsächlich Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit gegeben sind.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Aktenzeichen 32 F 71/10)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Beschwerde gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen. Insoweit wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen gewährt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten haben am 18.6.1999 die Ehe geschlossen, aus der keine Kinder hervorgegangen sind. Sie leben seit August 2008 voneinander getrennt. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin im Mai 2010 zugestellt worden (vgl. Bl. 14).

Bei Eheschließung war der (im Dezember 1954 geborene) Antragsteller bereits pensioniert. Seine Pension beträgt monatlich rund 1.060 EUR; insgesamt verfügt er über monatliche Einkünfte von rund 1.200 EUR netto (vgl. Bl. 7).

Die (im August 1953 geborene) Antragsgegnerin ist vollzeitig im Bankgewerbe tätig und erzielt monatlich netto etwa 2.000 EUR.

Mit notariellem Vertrag aus März 2009 übertrug die Antragsgegnerin ihren hälftigen Miteigentumsanteil an der im gemeinsamen Miteigentum der Beteiligten stehenden früheren Ehewohnung ... auf die neue Lebenspartnerin des Antragstellers (Bl. 17). Im Mai 2009 schlossen die Beteiligten eine schriftliche Vereinbarung, innerhalb derer sie im Einzelnen ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten regelten und erklärten, beiderseits keinen Anspruch auf Versorgungsausgleich zu erheben (Bl. 5). Zeitgleich wurde unter dem 5.5.2009 (Urkundenrollen-Nr ..., Bl. 66 ff.) eine notarielle Vereinbarung geschlossen, innerhalb derer unter Aufrechterhaltung der Zugewinngemeinschaft die Durchführung des Versorgungsausgleichs ausgeschlossen wurde. Ferner enthielt diese Vereinbarung die Passage

Uns ist bekannt, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichs unwirksam ist, wenn einer von uns innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss den Antrag auf Scheidung unserer Ehe stellt (vgl. Bl. 8).

Die Beteiligten haben einvernehmlich die Scheidung der Ehe begehrt. Die zum Versorgungsausgleich eingeholten Auskünfte haben für den Antragsteller ergeben, dass dieser keine ehezeitbezogenen Anrechte erworben hat. Auskünfte auf Seiten der Antragsgegnerin liegen nicht vor.

Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, die Vereinbarung sei unwirksam, einerseits unter Beachtung von § 1408 Abs. 2 BGB a.F. wegen Stellung des Scheidungsantrags binnen Jahresfrist, andererseits wegen fehlerhafter Belehrung seitens des Notars und unter Beachtung der Kontrollmechanismen gem. §§ 6 ff. VersAusglG.

Die Antragsgegnerin hat die Auffassung vertreten, die Vereinbarung sei wirksam, und insoweit im Einzelnen zum Inhalt der Regelung und damit verbundene Motive der Beteiligten Stellung genommen (so insbesondere im Schriftsatz vom 27.4.2011, Bl. 33 ff.).

Mit am 15.3.2012 verkündeten Beschluss (Bl. 114 ff.) hat das AG Oranienburg im Verbund die Ehe der Parteien geschieden und festgestellt, das ein Versorgungsaugleich nicht stattfindet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe dieser Entscheidung Bezug genommen.

Gegen die zum Versorgungsausgleich getroffene Regelung richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er in Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Feststellung begehrt, dass der Versorgungsausgleich stattfindet, und dessen Durchführung beantragt.

Die Antragsgegnerin begehrt die Zurückweisung dieser Beschwerde und begründet dies im Einzelnen.

II. Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Für das im April 2010 anhängig gewordene Scheidungsverfahren gilt das neue, seit dem 1.9.2009 geltende Recht des FamFG, Art. 111 Abs. 1 FGG-RG.

Die Beschwerde ist nach derzeitigem Stand jedoch nicht begründet. Das AG hat zutreffend den Versorgungsausgleich nicht durchgeführt, da dieser unter Beachtung der §§ 6 ff. VersAusglG (§ 224 Abs. 3 FamFG) wirksam durch die notarielle Vereinbarung der Beteiligten vom 5.5.2009 ausgeschlossen ist.

1. Das neue, seit dem 1.9.2009 geltende materielle Recht des Versorgungsausgleichs ist unter Beachtung des § 48 Abs. 1 VersAusglG anwendbar. Denn der im Zwangsverbund mit dem Ehescheidungsverfahren gem. §§ 121 Nr. 1, 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 FamFG stehende Versorgungsausgleich ist erst nach dem 31.8.2009, hier im April 2010, anhängig und damit eingeleitet worden. Damit g...

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