Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der 30.03.2021 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Perleberg vom 19.03.2021 - 16 F 12/21 - aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Antragsteller, der den Antragsgegner auf Kindesunterhalt in Anspruch nimmt, hat beantragt, ihm für das Unterhaltsverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und ihm Rechtsanwältin (X) aus ... "bis zum rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens, nicht allerdings für das anschließende Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren" beizuordnen.

Seinem Antrag hat er eine von seiner gesetzlichen Vertreterin unterschriebene Verfahrensvollmacht für die Rechtsanwältin beigefügt, die u.a. folgenden Wortlaut hat:

"Die Vollmacht ermächtigt:

1. zur Prozessführung einschließlich der Befugnis zur Erhebung und Zurücknahme von Klagen und Widerklagen;

2. zur Antragstellung in Scheidungs- und Scheidungsfolgesachen, zum Abschluss von Vereinbarungen über Scheidungsfolgen sowie zur Stellung von Anträgen und Erteilung von Renten- und sonstigen Versorgungsauskünften;

3. zur Begründung und Aufhebung von Vertragsverhältnissen und zur Abgabe und Entgegennahme von einseitigen Willenserklärungen (z. B. Kündigungen);

Die Vollmacht gilt für alle Instanzen und erstreckt sich auch auf Neben- und Folgeverfahren aller Art (z.B. Arrest und einstweilige Verfügung, Kostenfestsetzungs-, Zwangsvollstreckungs-, Interventions-, Zwangsversteigerung-, Zwangsverwaltungs- und Hinterlegungsverfahren sowie Insolvenz- und Vergleichsverfahren über das Vermögen des Gegners). Sie umfasst insbesondere die Befugnis, Zustellungen zu bewirken und entgegenzunehmen, die Vollmacht ganz oder teilweise auf andere zu übertragen (Untervollmacht), Rechtsmittel einzulegen, zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten, Wertsachen und Urkunden, insbesondere auch den Streitgegenstand und die von dem Gegner, von der Justizkasse oder von sonstigen Stellen zu erstattenden Beträge entgegenzunehmen sowie Akteneinsicht zu nehmen.

Die Bevollmächtigung gilt nicht für das Prozesskosten-/Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahren."

Nachdem das Amtsgericht den Antragsteller unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 08.12.2010 - XII ZB 38/09 (= FamRZ 2011, 183) und XII ZB 151/10 (= FF 2011, 219), des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 11.10.2016 - 2 WF 237/16 - (= FamRZ 2017, 992) und des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25.07.2019 - 9 Ta 101/19 - (= AGS 2020, 194) darauf hingewiesen hatte, dass gem. § 121 Abs. 2 ZPO nur ein zur Vertretung für den gesamten Rechtszug, einschließlich des Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahrens, bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden könne, hat der Antragsteller hilfsweise beantragt, ihm Rechtsanwältin (X) für das Verfahren "ohne die (...) Einschränkung" in seinem ursprünglichen Antrag beizuordnen.

Mit am 30.03.2021 erlassenem Beschluss vom 19.03.2021 hat das Amtsgericht das Verfahrenskostenhilfegesuch insgesamt abgelehnt, weil für das Unterhaltsverfahren anwaltliche Vertretung vorgeschrieben, dem Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwältin (X) indes nicht stattzugeben sei. Das Gesetz trenne nicht zwischen Hauptsache- und Verfahrenskostenhilfeüberprüfungsverfahren, sodass eine auf das Hauptsacheverfahren beschränkte Beiordnung nicht in Betracht komme.

Auch mit dem Hilfsantrag, die von ihm gewählte Rechtsanwältin ohne eine solche Beschränkung beizuordnen, könne der Antragsteller nicht durchdringen, weil die von ihm erteilte Verfahrensvollmacht damit "nicht konform" gehe.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen ursprünglichen Verfahrenskostenhilfeantrag nebst Hilfsantrag weiterverfolgt.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 08.04.2021 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs. 2 S. 2, 567 ff. ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben.

In der Sache hat sie insofern Erfolg, als sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht führt.

Die angefochtene Entscheidung ist von unzutreffenden Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe ausgegangen.

Im Ansatz zutreffend ist allerdings die Annahme des Amtsgerichts, dass dem Beteiligten für ein Verfahren, für das - wie hier für das Unterhaltsverfahren - Anwaltszwang besteht, bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 114 f. ZPO neben der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch ein zur Vertretung bereiter Anwalt seiner Wahl beizuordnen ist, § 121 Abs. 1 ZPO. Da die Beiordnung regelmäßig nur im Umfang der bewilligten Verfahrenskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug erfolgen kann (Johannsen/Henrich/Althammer/Markwardt, Familienrecht, ...

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