Entscheidungsstichwort (Thema)

Versagung von Prozesskostenhilfe für eine Klage auf rückständigen Kindesunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Einwurf eines Benachrichtigungsscheins mit der Bitte, die Sendung innerhalb einer bestimmten Frist bei der Post abzuholen, führt regelmäßig nicht zum Zugang des mit dem Einschreiben übersandten Schreibens.

 

Normenkette

BGB § 130 Abs. 1 S. 1, § 286 Abs. 1 S. 1, § 1613 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 21 F 90/04)

 

Tenor

1. Der Antrag der Klägerin und Berufungsklägerin vom 6.9.2004 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung der Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Senat beabsichtigt, die Berufung aus den nachfolgenden Gründen gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Insoweit wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Wochen gegeben.

 

Gründe

I. Die Parteien haben zuletzt um rückständige Unterhaltsansprüche der Klägerin gestritten.

Die am 24.10.1987 geborene minderjährige Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Die Ehe des Beklagten mit der Mutter der Klägerin, welche diese gesetzlich vertritt, ist seit Februar 2004 rechtskräftig geschieden.

Mit Urkunde des Landkreises ... (Jugendamt) vom 4.9.2003 (Reg.-Nr. ...) verpflichtete sich der Beklagte, an die Klägerin ab Juli 2003 einen monatlichen Kindesunterhalt von 262 EUR abzgl. des jeweils anrechenbaren Kindergeldanteils zu zahlen (Bl. 10). Für die Zeit vor Juli 2003 hatte der Beklagte insgesamt 300 EUR (3 × 100 EUR) an Unterhalt für die Klägerin gezahlt.

Mit per Einschreiben übersandtem Schreiben vom 23.11.2001, über dessen Zugang die Parteien streiten, hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung eines Kindesunterhaltes i.H.v. 523 DM ab November 2001 aufgefordert (Bl. 4); insoweit ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Beklagte das für ihn bei der Poststelle hinterlegte Schreiben nicht abgeholt und dieses daraufhin an die Klägerin zurückgesandt worden ist.

Die Klägerin hat behauptet, das Schreiben vom 23.11.2001 sowohl per einfachen Brief als auch per Einschreiben dem Beklagten übersandt zu haben. Sie vertritt die Auffassung, dadurch sei ein Zugang dieses Schreibens beim Beklagten erfolgt, weshalb sich der Beklagte seit dieser Zeit in Verzug mit den Unterhaltsansprüchen befunden habe.

Die Klägerin hat zuletzt noch Unterhaltsansprüche für den Zeitraum von November 2001 bis einschließlich Juni 2003 geltend gemacht und insoweit beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie Unterhalt i.H.v. insgesamt 4.680 EUR zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat behauptet, das auf den 23.11.2001 datierende Schreiben nicht erhalten zu haben.

Mit dem am 23.7.2004 verkündeten Urteil (Bl. 41) hat das AG den Beklagten zur Zahlung eines rückständigen Unterhaltsbetrages i.H.v. 2.937 EUR verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, dass auf Grund weiterer Schreiben der Klägerin ein Verzug des Beklagten erst für die Zeit ab Juni 2002 feststellbar sei, weshalb er für 13 Monate (Juni 2002 bis einschließlich Juni 2003) jeweils 262 EUR Unterhalt zu zahlen habe. Vor Juni 2002 könne ein Verzug nicht, insb. nicht auf Grund des vorgelegten Schreibens vom 23.11.2001, festgestellt werden. Insoweit habe die Klägerin den Zugang dieses Schreibens nicht beweisen können; weder sei erkennbar, dass der Beklagte den Erhalt des Schreibens quittiert, noch dass ihn ein Benachrichtigungsschreiben der Post erreicht habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin, soweit ihre Klage abgewiesen worden ist. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung weiterer 1.743 EUR Unterhalt für den Unterhaltszeitraum November 2001 bis einschließlich Mai 2002 bei einem monatlichen Unterhalt von 249 EUR.

II. Die begehrte Prozesskostenhilfe war zu versagen, da die Voraussetzungen der §§ 114, 119 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen. Es fehlt an den Erfolgsaussichten für die Durchführung der Berufung.

Da die Klägerin insoweit rückständigen Unterhalt geltend macht, kommt es allein noch auf die Frage an, inwieweit sich der Beklagte mit der Zahlung der Unterhaltsrückstände in Verzug befand. Dabei hat das AG i.E. zutreffend eine ausreichende Darlegung des Verzugseintritts durch die Klägerin verneint.

1. Gemäß § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB kann Unterhalt für die Vergangenheit nur dann gefordert werden, wenn der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs zur Auskunftserteilung aufgefordert worden ist, sofern er in Verzug gekommen oder sofern der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist. In Betracht kommt für die Zeit ab November 2001 allein die Möglichkeit der In-Verzug-Setzung des Beklagten auf Grund des klägerischen Schreibens vom 23.11.2001, welches bei einem Zugang beim Beklagten in November 2001 gem. § 1613 Abs. 1 S. 2 BGB Rückwirkung auf den 1.11.2001 entfalten würde.

Nach § 284 Abs. 1 BGB a.F. (wie auch gem. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.) setzt Verzug die schuldhafte Nich...

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