Leitsatz (amtlich)

Auch zur Vollstreckung aus einem gerichtlich gebilligten Vergleich bedarf es der Klausel, wenn der Gläubiger sich nicht an das Gericht der Hauptsache zu wenden hat. Die vollstreckbare Ausfertigung muss körperlich vorgelegt werden.

Der Vergleich muss entweder im Beteiligten- oder im Amtsbetrieb zugestellt worden sein.

Nicht nur die Art, sondern auch das Höchstmaß des angedrohten hoheitlichen Zwanges müssen in dem Ordnungsmittelhinweis bestimmt angegeben werden.

Überwiegendes spricht dafür, vor jedem Vollstreckungsantrag, der sich auf die Festsetzung von Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen einen Abgeordneten richtet, erneut die Genehmigung des Bundestages für erforderlich zu halten.

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Beschluss vom 25.02.2016; Aktenzeichen 6 F 77/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des AG Zossen vom 25.2.2016 wird zurückgewiesen.

Der Gläubiger trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Gründe

Der Gläubiger wendet sich gegen die Abweisung eines Vollstreckungsantrages.

I. Der Gläubiger betreibt die Vollstreckung aus einem vor dem AG Trier mit der Schuldnerin geschlossenen gerichtlich gebilligten Vergleich, mit dem die Beteiligten den Umgang mit einem gemeinsamen Kind geregelt haben (Bl. 10 f.). Die Schuldnerin gehört dem Bundestag an.

Den Antrag des Gläubigers, wegen eines von ihm in Einzelheiten geschilderten Verstoßes der Schuldnerin gegen die Regelung über Telefonkontakte mit dem Kind ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, festzusetzen, hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss abgewiesen. Der der Schuldnerin angelastete Verstoß liege inzwischen so lange zurück, dass es unverhältnismäßig sei, sie zur künftigen Erfüllung ihrer Verpflichtungen durch Ordnungsmittel anzuhalten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Der Vollstreckungsantrag ist unzulässig, weil allgemeine und besondere Vollstreckungsvoraussetzungen nicht gegeben sind.

1. Es fehlen die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen der Klauselvorlegung und der Zustellung.

a) Der Beginn der Vollstreckung ist davon abhängig, dass der Gläubiger die vollstreckbare Ausfertigung des Protokolls vorlegt, das den zu vollstreckenden Vergleich, die gerichtliche Billigung und den Hinweis auf die Ordnungsmittel enthält.

aa) Die Erforderlichkeit einer Klausel für die Vollstreckung aus einem Vergleich (Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 18. Aufl. 2014, § 36 Rdnr. 51, -Giers, § 86 Rdnr. 17; zweifelnd: Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 5. Aufl. 2015, § 36 Rdnr. 14) findet im Wortlaut des § 86 III FamFG keine eindeutige Stütze. Der Erlass wird zwar im § 38 III 3 FamFG legal definiert und dabei nur auf Beschlüsse des Gerichts bezogen. Dieses enge Verständnis hätte im § 86 III FamFG deutlich bestätigt werden können, indem ebenfalls Beschlüsse als Regelungsgegenstand bezeichnet werden. Dass allgemein Titel benannt werden, spricht eher dafür, dass neben den Beschlüssen auch die weiteren im § 86 I FamFG aufgeführten Vollstreckungstitel gemeint sind, die in dem Sinne vom Gericht erlassen sind, dass dessen Mitwirkung bei ihrer Errichtung zwingend erforderlich ist. Der Sinn und Zweck der Klausel als Vollstreckungsvoraussetzung und der weitgehenden Freistellung von diesem Erfordernis bestätigt dieses weite Verständnis, einen vom Gericht protokollierten Vergleich als vom Gericht erlassenen Titel anzusehen. Die Klausel schützt den Schuldner, indem vor Beginn der Vollstreckung der Bestand und die verfahrensrechtliche Vollstreckbarkeit des Titels von demjenigen Urkundsbeamten (§§ 95 I FamFG, 795 S. 1, 724 II ZPO) bescheinigt wird, der zu dieser Prüfung in der Lage ist, dem also die Urschrift des Titels und die Akten vorliegen, denen der Stand des Verfahrens zu entnehmen ist. Dadurch wird das Vollstreckungsorgan entlastet, das nichts entscheiden soll, was es ohne die Akten allein anhand der ihm vorgelegten Ausfertigungen nicht prüfen kann (Schuschke/Walker, Vollstreckung, 5. Aufl. 2011, vor § 724 Rdnr. 1; Zöller-Stöber, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 724 Rdnr. 1; MüKo-ZPO-Wolfsteiner, 4. Aufl. 2012, § 724 Rdnr. 2).

Auch ein Vergleich bedarf deshalb grundsätzlich der Klausel (Senat, NJW-RR 2015, 520 = FamRZ 2015, 1224, 1225). Von diesem Erfordernis ist der Vollstreckungsgläubiger nur dann gemäß § 86 III FamFG freigestellt, wenn er sich mit seinem Antrag an das Gericht der Hauptsache zu wenden hat, das den Bestand und die Wirksamkeit des Titels anhand der bei ihm noch geführten oder verwahrten Akten prüfen kann.

Da der zu vollstreckende Titel vom AG Trier erlassen worden ist, kann für die Vollstreckung durch das AG Zossen nicht auf eine Klausel verzichtet werden.

bb) Es reicht nicht aus, die Erteilung der Klausel dem Vermerk zu entnehmen, der nach den §§ 95 I Nr. 3, 4 FamFG, 795 S. 1, 734 S. 1 ZPO auf der Urschrift des Protokolls angebracht ist, von der zudem nur eine Ablichtung in den vorgelegten Akten enthalten ist (Bl. 4). Vielmehr muss die vollstreckbare Ausfertigung körperlich vorgelegt werden, damit das Vollstreckungsorgan prüfen kann, ob die Vollstreckungsvo...

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