Leitsatz (amtlich)

Die nach der Rechtsprechung des BGH (insb. NJW 1996, 1344) entwickelten Grundsätze der Bewertung einer Rente wegen verminderter oder fehlender Erwerbsfähigkeit im Verhältnis zur fiktiv zu berechnende Altersrente gelten auch nach der Reform des Versorgungsausgleichs fort.

 

Verfahrensgang

AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 20 F 165/09)

 

Tenor

Der Antrag der Antragsgegnerin vom 22.10.2010 auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Durchführung der Beschwerde wird zurückgewiesen.

Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen gewährt.

 

Gründe

Dem Antrag fehlt die notwendige Erfolgsaussicht, § 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 ZPO. Soweit die Antragsgegnerin sich auf die unterschiedlichen Auskünfte der DRV Berlin/Brandenburg zur Höhe der zugrunde zu legenden Entgeltpunkte bezieht, ist zu beachten, dass sich der Rentenbescheid vom 26.6.2010 (Bl. 105 ff. d.A.) auf diejenigen Entgeltpunkte bezieht, die der tatsächlich bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuzurechnen sind.

Wird an einen Ehegatten wegen verminderter oder fehlender Erwerbsfähigkeit eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt, ist zu bewerten, ob diese Rente oder die - fiktiv zu berechnende - Altersrente dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen ist. Der ehezeitbezogene Betrag aus der tatsächlich bezogenen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ist nach st. Rspr. des Senats (OLG Brandenburg, FamRZ 2002, 1256) nur dann dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen, sofern

  • die insgesamt (also nicht nur ehezeitbezogen) erworbenen Entgeltpunkte aus der gezahlten Erwerbsunfähigkeitsrente höher sind als
  • die insgesamt aus der fiktiven Vollrente wegen Alters erworbenen Entgeltpunkte (BGH NJW 1996, 1344; OLG Karlsruhe, NJWE-FER 1999, 4).

Dies gilt selbst dann, wenn die Anzahl der auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte aus der gezahlten Rente geringer wäre als die Anzahl der auf die Ehezeit entfallenden Entgeltpunkte der fiktiven Vollrente wegen Alters (BGH FamRZ 1997, 160; OLG Brandenburg, FamRZ 2002, 1256).

An diesen Grundsätzen hat auch die Reform des Versorgungsausgleichs nichts geändert, die genannte Rechtsprechung gilt fort (BT-Drucks. 16/10144, 80; NK-BGB/Rehbein, 2. Aufl. 2010, § 41 VersAusglG Rz. 4; FAKomm-FamR/Wick, 4. Aufl. 2010 § 41 Rz. 5; vgl. auch Johannsen/Henrich/Holzwarth, 5. Aufl. 2010, § 41 Rz. 4).

Hier sind insgesamt folgende Entgeltpunkte/Ost erworben:

  • Entgeltpunkte/Ost der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit insgesamt 32,2279 (vgl. Bescheid vom 25.6.2010 Anlage 6 S. 8 = Bl. 146 d.A.)
  • Entgeltpunkte der fiktiven Altersrente insgesamt 41,9995 (vgl. Auskunft vom 30.6.2010 Anlage 6 S. 8 = Bl. 179 d.A.)

Damit ist die Anzahl der Entgeltpunkte/Ost aus der gezahlten Rente geringer als die Anzahl der Entgeltpunkte/Ost der fiktiven Vollrente wegen Alters. Aus diesem Grund sind die Entgeltpunkte/Ost der fiktiven Vollrente wegen Alters dem Versorgungsausgleich zugrunde zu legen. Darauf hat auch die DRV Berlin/Brandenburg bereits in ihrer Auskunft vom 30.6.2010 (Bl. 153 d.A.) auf der ersten Seite hingewiesen. Den hieraus folgenden Ehezeitanteil von 37,3013 Entgeltpunkte/Ost (vgl. Auskunft vom 30.6.2010, Bl. 153 d.A.) hat das AG zutreffend in der angefochtenen Entscheidung (dort S. 3, Bl. 64 d.A.) zugrunde gelegt.

Bedenken an der getroffenen Entscheidung bestehen daher nicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2707852

FamRZ 2011, 1228

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