Rz. 37

Ein Anspruch besteht, wenn der betreffende Ehegatte nicht in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt ausreichend aus seiner eigenen Arbeit oder aus seinem Vermögen zu bestreiten. Alleine die Tatsache, dass ein Ehegatte, der zur Sicherung seines Lebensunterhalts in der Lage ist, unter den Standard, der in der Ehe bestanden hat, fällt, gewährt also keinen Unterhaltsanspruch.[21] Dieser dient nämlich nur dazu, die Existenz des anspruchsberechtigten Ehegatten zu sichern, nicht aber der Sicherung seines ehelichen Lebensstandards. Der berechtigte Ehegatte, der keine Arbeit findet, ist nicht verpflichtet, ein Arbeitsverhältnis zu begründen, für das er eigentlich fachlich überqualifiziert ist.[22] Hinsichtlich der Bedürftigkeit hat das Gericht gem. Art. 235 Abs. 4 die vom Föderationsministerium für Arbeit und Sozialpolitik jährlich spätestens bis zum 1. März bekannt zu gebenden Tabellen über die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten Unterhaltsbedürftiger zu berücksichtigen. Bezüglich der Leistungsfähigkeit wird gem. Art. 235 Abs. 3 – ausgenommen die tatsächlichen Bezüge des Unterhaltsschuldners sowie sein Eigenbedarf und seine anderweitigen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen – auch dessen "tatsächliche Möglichkeit zum Erwerb eines erhöhten Lohns" berücksichtigt. Daraus wird zu folgern sein, dass ein Unterhaltsschuldner im Zweifel dazu verpflichtet ist, seine Erwerbstätigkeit auszuweiten, um seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen zu können.

 

Rz. 38

Gemäß Art. 226 Abs. 1 kann das Gericht den an sich gegebenen Unterhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten ablehnen, wenn dieser dem Ehepartner gegenüber in der Ehe ein grobes Fehlverhalten an den Tag gelegt hat oder wenn die Unterhaltsverpflichtung eine offensichtliche Ungerechtigkeit für den verpflichteten Ehegatte darstellen würde. Der letztgenannte Ausschlussgrund gilt auch im Falle einer Eheaufhebung. Gemäß Art. 227 ist ein Unterhaltsanspruch auch dann nicht gegeben, wenn die Ehegatten während einer längeren Zeit des Getrenntlebens ihren eigenen Lebensunterhalt selbstständig bestritten haben oder wenn der Berechtigte in den Fällen kurzer Ehedauer ohne Unterhaltsanspruch nicht schlechter stünde als zum Zeitpunkt des Eheschlusses.[23] Soweit der unterhaltsverpflichtete Ehegatte im Ausland lebt, werden bei der Ermittlung seiner Leistungsfähigkeit die Lebensverhältnisse in dem Land, in dem er lebt, zugrunde gelegt.

[21] So wohl auch Traljić/Bubić, Bračno pravo (Eherecht), S. 128.
[22] Vgl. Traljić/Bubić, Bračno pravo (Eherecht), S. 128; vgl. auch Art. 235 Abs. 2.
[23] Für die Berechnung der kurzen Zeitdauer ist auf das rechtliche Ende der Ehe, nicht aber auf das regelmäßig vorher liegende Ende des ehelichen Zusammenlebens abzustellen (Entscheidung des Obersten Gerichtes Bosnien und Herzegowina in der Sache 153/1988, zit. nach Traljic/Bubic, Bračno pravo (Eherecht), S. 128, dort Fn 22).

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