Rn 9

In § 4 Abs. 1 Satz 3 wird klargestellt, dass auch in der Insolvenzrechtsordnung für den Insolvenzverwalter die bisher schon anerkannte[13] Möglichkeit unberührt bleibt, Regel- und/oder Sonderaufgaben zu delegieren und durch entsprechende Verträge Masseverbindlichkeiten zu begründen.[14] In diesem Zusammenhang ist anerkannt, dass der Verwalter zunächst nach seinem freien Ermessen die ihm übertragenen Aufgaben an eigene Mitarbeiter delegieren kann, da deren Entlohnung mit der Verwaltervergütung abgegolten ist. Ausgeschlossen hiervon ist lediglich ein eng begrenzter Bereich von Verwalteraufgaben, die von ihm höchstpersönlich zu erfüllen sind, wie die Teilnahme an Gläubigerversammlungen oder Prüfungs- bzw. Abstimmungsterminen. Keinesfalls muss der Verwalter alle ihm in einem Insolvenzverfahren übertragenen Aufgaben persönlich erledigen, da ihm dies schon bei mittleren Unternehmen unmöglich wäre und eine ordnungsgemäße Verfahrensabwicklung gefährden würde.[15] Regelmäßig soll der Verwalter gerade bei Unternehmen das Management bzw. den Geschäftsleiter ersetzen und nicht Sachbearbeiteraufgaben wahrnehmen.[16] Die Art der Verfahrensorganisation unterliegt allein der Einschätzung des Insolvenzverwalters und entzieht sich jeglicher Einflussnahme- und Überprüfungsmöglichkeit durch das Gericht, solange Aufgabenerfüllung und ordnungsgemäße Verfahrensabwicklung gewährleistet sind.[17] Erfüllt der Verwalter mit eigenem Personal Sonderaufgaben, werden also Tätigkeiten durch das Verwalterbüro ausgeführt, die über die Tätigkeitsanforderungen eines Normalverfahrens hinausgehen, so rechtfertigt dies einen Zuschlag auf die Verwaltervergütung nach § 3 Abs. 1. Ansonsten bleibt die Delegation vergütungsneutral, d.h. ein Vergütungsabschlag nach § 3 Abs. 2 ist ausgeschlossen, da der Verwalter aus seiner Vergütung die durch die Delegation entstandenen Bürokosten nach § 4 Abs. 1 Satz 1 zu tragen hat.

 

Rn 10

Etwas anderes scheint nach dem Verordnungswortlaut für die Delegation von Verwalteraufgaben durch Abschluss entsprechender Verträge zu Lasten der Insolvenzmasse zu gelten. Es sind in diesem Zusammenhang verschiedene Fallkonstellationen denkbar.

 

Rn 11

Beschäftigt der Verwalter im Unternehmen vorhandene Mitarbeiter zur Abwicklung des Insolvenzverfahrens entweder im Rahmen einer Unternehmensfortführung oder zu Abwicklungsarbeiten weiter, so wird dieses Vorgehen von § 4 Abs. 1 Satz 3 ohnehin nicht erfasst, da dort, korrespondierend zu der Regelung des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, nur von dem Neuabschluss eines Vertrags ("abzuschließen") die Rede ist und nicht von einer Entschließung des Verwalters, die Erfüllung bestehender Verträge zu verlangen oder von der Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses abzusehen (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO), soweit letztere nicht ohnehin mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet werden (vgl. § 115, 116 InsO). Unter die Regelung in § 4 Abs. 1 fällt vielmehr nur die Einstellung neuer, ggf. auch eigener Mitarbeiter auf der Basis von Arbeits- bzw. Dienstverträgen.

 

Rn 12

Daneben erfasst § 4 Abs. 1 Satz 3 den Abschluss von Verträgen mit fremden Dienstleistungsunternehmen oder Werkunternehmern, um durch deren Leistungen die Verfahrensanforderungen zu erfüllen. Nicht unter die Regelung fallen nach ihrem Wortlaut weiterhin vom Verwalter abzuschließende Verträge, die aufgrund der konkreten Verfahrenssituation notwendig werden, ohne zu dem typischen Aufgabenbereich des Verwalters zu gehören. Zu denken ist hier beispielsweise an den Abschluss von Transportverträgen zur kurzfristigen Umlagerung von Ware oder an den Abschluss von Mietverträgen über Immobilien bzw. Mobilien zur Förderung der Verfahrenszwecke entweder im Rahmen einer Unternehmensfortführung oder einer reinen Abwicklung. Hierbei handelt es sich nicht um Dienstleistungen des Verwalters im eigentlichen Sinne, deren Delegation durch die Beschränkung des Wortlauts von § 4 Abs. 1 Satz 3 auf Dienst- oder Werk- verträge allein erfasst werden soll. Sonstige Verträge unterliegen der pflichtgemäßen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters nach § 80 Abs. 1 InsO und begründen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.

 

Rn 13

Von der Regelung in § 4 ebenfalls erfasst, aber problematisch ist der Fall, dass der Verwalter eigene Büroangestellte neben ihren mit ihm persönlich bestehenden Arbeits- bzw. Dienstverträgen auf der Basis zusätzlicher Verträge zu Lasten der Masse für bestimmte Abwicklungsarbeiten beschäftigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie von ihrer Arbeitsleistung im Verwalterbüro vollständig freigestellt werden oder ob eine Trennung der Arbeitsbereiche nachvollziehbar und überprüfbar durchgeführt wird. Diese Praxis wird als zulässig angesehen, da es nicht ausgeschlossen ist, mehrere Arbeits- bzw. Dienstverhältnisse zu begründen und die benötigten Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt oft nicht kurzfristig verfügbar sind und deshalb aus dem Verwalterbüro rekrutiert werden müssen. In diesen Fällen hat aber der Verwalter streng darauf zu achten, da...

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