Rn 1

Die Norm regelt zusammen mit § 9 die Art und Weise, wie insolvenzgerichtliche Maßnahmen und Entscheidungen den jeweiligen Betroffenen gegenüber bekannt gemacht werden können. Im Insolvenzverfahren genügt grundsätzlich die öffentliche Bekanntmachung gemäß § 9, die auch dann zum Nachweis der Zustellung genügt, wenn daneben ausdrücklich eine Zustellung an bestimmte Beteiligte vorgeschrieben ist, § 9 Abs. 3.[1] Daneben ist in diversen Bestimmungen der InsO ausdrücklich eine besondere Unterrichtung der Beteiligten durch Zustellung vorgeschrieben, siehe unten Rdn. 7. Die Zustellungen erfolgen stets von Amts wegen.

 

Rn 2

Da die Zustellung nach § 8 aufgrund der Nutzung eines Postdienstleisters schneller möglich ist, als eine Bekanntmachung nach § 9, und damit die Rechtswirkungen eher eintreten können, wäre es pflichtwidrig, wenn von § 8 im Einzelfall kein Gebrauch gemacht würde. Im Falle eines nachweisbaren Zugangs einer Zustellung nach § 8 beginnt die Beschwerdefrist bereits ab dem Zeitpunkt der Zustellung.[2] Erfolgt eine Zustellung nach § 8 erst nach der Bekanntmachung nach § 9, so bleibt die öffentliche Bekanntmachung für den Beginn der jeweiligen Beschwerdefrist ausschlaggebend.[3] § 8 sieht für die Durchführung der Zustellungen gegenüber den allgemeinen Zustellungsvorschriften der ZPO, die über § 4 entsprechend anwendbar sind, Vereinfachungen und Erleichterungen vor. Während eine Zustellung durch Aufgabe zur Post sonst nur bei einer Zustellung in das Ausland in Betracht kommt (§ 184 ZPO), ist sie für Zustellungen im Insolvenzverfahren generell zulässig. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens[4] sind Abs. 1 und Abs. 3 neu gefasst worden. Die Änderungen gelten auch für Insolvenzverfahren, die vor dem Inkrafttreten des Vereinfachungsgesetzes am 01.07.2007 eröffnet worden sind. Die Änderungen haben lediglich klarstellende Funktion. Eine Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstückes ist nicht erforderlich. Es genügt die Übermittlung einer einfachen Abschrift oder Kopie. Mit Wirkung ab 01.04.2005 wurde der Begriff des zuzustellenden "Schriftstückes" durch den Begriff des "Dokuments" ersetzt.[5] Das "Dokument" ist insoweit als Oberbegriff zu "Schriftstücken" und "elektronischen Dokumenten" zu verstehen. Neben der Vereinheitlichung der Begriffe soll damit der zukünftig in stärkerem Maße möglichen papierlosen Abwicklung des Schriftverkehrs und damit auch der Zustellungen Rechnung getragen werden. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens und der erneuten Änderung des § 8 erfolgte die Rückkehr zur alten Terminologie, was wohl auf einem Versehen des Gesetzgebers und nicht auf dem Willen zur abermaligen inhaltlichen Änderung beruhen dürfte.

 

Rn 3

Abs. 3 orientiert sich an dem Vorbild des § 6 Abs. 3 GesO, wonach im Gesamtvollstreckungsverfahren dem Verwalter die Übersendung des Eröffnungsbeschlusses an diejenigen bekannten Personen oblegen hatte, die Ansprüche gegen den Schuldner hatten bzw. haben konnten.

 

Rn 4

Die gerichtliche Praxis nimmt die Möglichkeit zur zumindest teilweisen Übertragung des Zustellwesens auf den Insolvenzverwalter in erheblichem Umfang wahr. Insbesondere in Großverfahren wird die Beauftragung nach § 8 Abs. 3 der Regelfall sein, damit die gerichtliche Tätigkeit im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Nach der Rechtsprechung des BGH hatte der Insolvenzverwalter nur dann einen Anspruch auf Zubilligung eines Zuschlags auf die Regelvergütung, wenn die Zustellungen zu einer spürbaren Mehrbelastung geführt haben. Dies sollte erst dann der Fall sein, wenn mehr als 100 Zustellungen in einem Insolvenzverfahren zu veranlassen waren.[6] In Insolvenzverfahren, die nach dem 31.12.2003 eröffnet worden sind und auf die dementsprechend die InsVV in der Fassung der Änderungsverordnung vom 04.10.2004 anzuwenden ist, konnte der Insolvenzverwalter die sächlichen Kosten der Zustellungen als besondere Auslagen neben der Auslagenpauschale geltend machen.[7] In neueren Entscheidungen hat der BGH demgegenüber betont, dass die maßgebliche Mehrbelastung vom Zuschnitt des jeweiligen Verfahrens, insbesondere von der Zahl der Gläubiger, aber auch von der Höhe der Masse und damit der Regelvergütung abhänge.[8] Nach abermaliger Prüfung hält der BGH für die Übertragung des Zustellungswesens nicht daran fest, dass die Zustellungen beim Insolvenzverwalter oder Treuhänder einen ins Gewicht fallenden Mehraufwand verursacht haben müssen. Der Zuschlag ist vielmehr für alle Zustellungen zu gewähren.[9] Der BGH gibt mit der Entscheidung damit die bis dato vertretenen Ansichten expressis verbis auf.

Die Bemessung des Zuschlags für die Übertragung des Zustellungswesens ist nach Ansicht des BGH so vorzunehmen, dass für jede aufgrund der Übertragung vorgenommene Zustellung der hierfür erforderliche Personal- und Sachaufwand, die gegebenenfalls zu schätzen sind, getrennt oder gemeinsam in einem Betrag bei der Vergütungsfestsetzung festzulegen sind.[10] Aus Vereinfachungsgründen, so der BGH, ist generell so zu verfahr...

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