Rn 8

Die Haftung eines Gläubigerausschussmitglieds setzt nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung eine schuldhafte Verletzung insolvenzspezifischer Pflichten voraus. Gemäß § 276 Abs. 1 BGB ist also Vorsatz oder Fahrlässigkeit erforderlich, wobei einfache Fahrlässigkeit ausreicht. Im Gegensatz zu § 60 enthält § 71 keine Konkretisierung des auf das Ausschussmitglied anzuwendenden Sorgfaltsmaßstabs, jedoch wird man die üblicherweise bei einer Tätigkeit in einem Gläubigerausschuss notwendige Sorgfalt fordern müssen, die ein ordentliches und gewissenhaftes Gläubigerausschussmitglied unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des einzelnen Verfahrens zu beobachten hat.[8] Es muss also dem einzelnen Ausschussmitglied objektiv möglich und subjektiv zumutbar gewesen sein, die entsprechende Unterstützungs- bzw. Überwachungsaufgabe zu erfüllen. Dabei ist jedoch auch bei der Verschuldensprüfung ergänzend zu berücksichtigen, dass das Ausschussmitglied mit Übernahme seines Amtes zumindest konkludent im Hinblick auf seine Pflicht zur Selbsteinschätzung und Unterrichtung über den einschlägigen Pflichtenkreis erklärt hat, zur Erfüllung dieser Aufgaben in der Lage zu sein. Es spricht also regelmäßig eine Vermutung dafür, dass dem jeweiligen Ausschussmitglied die Erfüllung einer objektiv gebotenen und möglichen Aufgabe auch subjektiv möglich und zumutbar war. Ein ausreichendes Verschulden liegt daher auch dann vor, wenn die Ausschussmitglieder den Verwalter bei seiner Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verfahrensabwicklung regelmäßig zwar überwachen, aber bei Kenntniserlangung von Verfehlungen des Verwalters diese Überwachung nicht intensivieren oder zumindest Aufsichtsmaßnahmen des Gerichts in die Wege leiten. Da diese Pflicht jedes einzelne Gläubigerausschussmitglied trifft, ist auch die Prüfung des jeweiligen Verschuldens individuell vorzunehmen. Ein Haftungsausschluss trotz vorliegender einfacher Fahrlässigkeit wegen eines nur untergeordneten Anteils an der Schadensverursachung ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Neuregelung abzulehnen.[9]

[8] Ähnlich in Anlehnung an § 60 Abs. 1 Satz 2 Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6 Rn. 18.
[9] So aber noch Kuhn/Uhlenbruck, § 89 Rn. 3 a.E., unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des OLG Frankfurt/Main, aus der sich dies jedoch – zumindest in der zitierten Veröffentlichung – nicht entnehmen lässt.

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