Rn 18

Nach Abs. 2 hat das Insolvenzgericht vor der Gläubigerversammlung die Schlussrechnung des Verwalters zu prüfen. Damit konkretisiert die InsO einen Prüfungsauftrag des Gerichts erstmals in einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung. Daraus dürfte sich jetzt also eine Amtspflicht des Insolvenzgerichts i. S. d. § 839 BGB insbesondere gegenüber den am Verfahren beteiligten Gläubigern herleiten lassen.[24] Diese Prüfungspflicht resultiert unmittelbar aus der in § 58 allgemein geregelten gerichtlichen Aufsichtspflicht.[25]

 

Rn 19

Funktionell wird diese Prüfung gemäß §§ 3 Nr. 2 e), 18 Abs. 1 RPflG durch den Rechtspfleger vorgenommen. Er hat rechnerische Richtigkeit sowie die Übereinstimmung der Schlussrechnung mit den insolvenzrechtlichen Anforderungen und die Ordnungsmäßigkeit des Verwalterhandelns zu prüfen. Diese Prüfung erstreckt sich – wie schon in der Kommentierung zu § 58 ausgeführt – jedoch nicht auf die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Verwalterhandelns, da insoweit keine Weisungs- und Prüfungsbefugnis des Gerichts gegeben ist, was den Umfang der Rechnungslegungsprüfung begrenzt. Die Unzweckmäßigkeit oder Unwirtschaftlichkeit eines Verwalterhandelns kann nur von den verfahrensbeteiligten Gläubigern (Gläubigerausschuss oder Gläubigerversammlung) im Wege von Einwendungen gegen die Schlussrechnung bzw. das Schlussverzeichnis gemäß § 197 Abs. 1 geltend gemacht werden. Dabei dient der Schlusstermin nur der Erörterung von Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis, nachdem eine Entlastungsfunktion durch Billigung der Gläubiger im Schlusstermin mit der Schlussrechnung nicht mehr verbunden ist. Die Gläubiger können zwar nach § 197 Abs. 1 Nr. 1 einzelne Positionen der Schlussrechnung des Insolvenzverwalters im Termin erörtern und einzelne Auskünfte erteilen lassen bzw. Fragen zu einzelnen Komplexen stellen. Ergeben sich daraus aber Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen des Insolvenzverwalters, so müssen die Gläubiger den dadurch möglicherweise entstandenen Schaden entweder nach Abschluss des Verfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter innerhalb der Verjährungsfrist aus § 62 persönlich geltend machen oder etwaige Gesamtschadensansprüche gemäß § 92 Satz 2 verfolgen. Es ist also durchaus möglich, dass das Gericht im Schlusstermin oder danach auf Anregung der Gläubigerversammlung einen Sonderverwalter bestellt, um mögliche Haftungsansprüche überprüfen zu lassen und vor einer Verteilung geltend zu machen.

 

Rn 20

Aus dieser Rollenverteilung resultiert zunächst eine formelle Prüfungspflicht des Gerichts, die sich auf die rechnerische Richtigkeit der vorgelegten Schlussrechnung sowie auf deren ordnungsgemäße Zusammensetzung beschränkt. Daneben sind in formeller Hinsicht die Vollständigkeit und ordnungsgemäße Führung des Belegwesens zu prüfen, um dadurch eine vollständige und lückenlose Erfassung sämtlicher Verfahrensvorgänge zu gewährleisten.

 

Rn 21

Ist diese Prüfung vollzogen, so hat das Gericht in materieller Hinsicht zu überprüfen, ob sich aus dem vorgelegten Zahlen- und Rechenwerk und insbesondere aus der Insolvenzschlussbilanz i. V. m. den Erläuterungen im Schlussbericht die Verwertung des im Verfahren vom Verwalter in Besitz genommenen Vermögens vollständig dokumentieren und inhaltlich nachvollziehen lässt. Dazu gehört auch die Prüfung, ob alle Masseverbindlichkeiten vollständig und richtig erfasst und beglichen wurden. Dies gilt auch für Masseverbindlichkeiten, die vom Verwalter selbst begründet und bezahlt wurden. Schon in diesem Bereich stößt man aber an die Grenzen der materiellen Prüfungsbefugnis. Das Gericht wird bei den durch den Verwalter begründeten Masseverbindlichkeiten lediglich prüfen dürfen, ob das Verwalterhandeln gemäß § 55 zur Entstehung einer Masseverbindlichkeit geführt hat und diese dann auch beglichen wurde. Keinesfalls steht dem Gericht die Kompetenz zu, zu prüfen oder zu beurteilen, ob die Begründung dieser Masseverbindlichkeit sinnvoll oder notwendig war. Das Gericht hat folglich auch keinerlei Kompetenz, den Verwalter aufzufordern, zu Unrecht beglichene Masseverbindlichkeiten an die Insolvenzmasse zu erstatten. Dem Gericht bleibt nur die Möglichkeit, die Gläubiger ggf. in einem Vermerk über die Prüfung der Schlussrechnung oder in der Gläubigerversammlung auf diese Umstände aufmerksam zu machen und auf eine entsprechende weitergehende Überprüfung durch Gläubiger oder deren Organe hinzuwirken.[26] Es liegt auch in der ausschließlichen Befugnis des Gläubigerausschusses bzw. der Gläubigerversammlung zu überprüfen, ob einzelne wirtschaftliche Entscheidungen insbesondere im Falle einer Betriebsfortführung sinnvoll waren oder zu einer Masseschmälerung geführt haben. Dies ist keinesfalls Aufgabe des Gerichts. Zu prüfen ist durch das Gericht also nur, ob die Schlussrechnung insgesamt ein vollständiges Bild der Geschäftsführung des Verwalters ergibt und die vollständige Verwertung des Schuldnervermögens nachvollzogen werden kann.[27]

 

Rn 22

Gerade bei größeren Insolvenzverfahren liegt es auf der...

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