Rn 117

Nicht zur Insolvenzmasse gehören alle nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Vermögensgegenstände (vgl. § 36 Abs. 1), das sog. insolvenzfreie Vermögen. Dabei steht es dem Schuldner jedoch frei, diesen Teil seines Vermögens in die Masse einzubringen oder zur Befriedigung seiner, auch einzelner Gläubiger zu verwenden.[231] Ein Verzicht des Insolvenzschuldners auf seinen Pfändungsschutz kann zeitlich immer, d. h. sowohl im Eröffnungsverfahren als auch nach Eröffnung, erfolgen.[232] Gegenständlich ist er nur bei Sachen möglich.[233]

[231] Kübler/Prütting/Bork-Holzer, § 35 Rn. 31; Hess/Weis/Wienberg-Weis, §§ 35, 36 Rn. 67.
[232] Emmerich, ZZP Bd. 82 (1969), 417 (423); Scherf, Vollstreckungsverträge, S. 78; a. A. (nur nachträglich möglich) Rosenberg/Gaul/Schilken, § 33 IV 1c (S. 516 f.); a. A. (generell ausgeschlossen) Baur/Stürner, Bd. I, Rn. 10.3; Brox/Walker, 8. Aufl., Rn. 304.
[233] Rosenberg/Gaul/Schilken, § 33 IV 1c (S. 516 f.) sowie § 52 III 1 (S. 807) und § 56 VII 3 (S. 880); Forderungen sind wegen § 851 ZPO ausgeschlossen.

5.1 Einzelfragen

 

Rn 118

Nicht zur Insolvenzmasse gehören danach:

  • sämtliche nicht abtretbare Forderungen (vgl. § 851 Abs. 1 ZPO). Eine Ausnahme gilt lediglich in den Fällen des § 399 BGB für diejenigen Forderungen, bei denen der geschuldete Gegenstand als solcher der Pfändung unterworfen ist (§ 851 Abs. 2 ZPO); allein das Abtretungsverbot verhindert hier nicht, das betreffende Recht der Insolvenzmasse zuzuordnen;
  • Arbeitseinkommen innerhalb der Pfändungsfreigrenzen der §§ 850850i ZPO. Bei der Berechnung der Pfändungsfreigrenzen ist zu beachten, dass der Schuldner, der aufgrund eines dreiseitigen Vertrags zu einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft gewechselt hat und dabei neben dem Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III zusätzlich einen Aufstockungsbetrag zur Sicherung seines bisherigen Nettoentgelts bezieht, ein einheitliches Arbeitseinkommen erhält, ohne dass dafür ein Zusammenrechnungsbeschluss gemäß § 850 e Nr. 2 bzw. 2a ZPO erforderlich wäre;[234]
  • schuldrechtliche Ansprüche, die ihrer Art nach nicht übertragbar sind (unübertragbare Rechte), weil der persönliche Charakter überwiegt (z. B. das Recht auf Ausführung eines Auftrags);
  • Mitgliedschaftsrechte in Vereinen und Zwangsmitgliedschaften in öffentlichen Körperschaften (z. B. Ärztekammer);[235]
  • familienrechtliche Ansprüche wie das Recht auf Ehescheidung;[236]
  • Persönlichkeitsrechte, zu denen auch die Arbeitskraft des Schuldners zu zählen ist;[237]
  • das Recht auf Ausschlagung einer Erbschaft;[238]
 

Rn 119

  • Treuhandvermögen (in der Insolvenz des Treuhänders). Die wohl größte praktische Bedeutung haben Mietkautionen in der Insolvenz des Vermieters, wenn sie auf separaten Konten (§ 551 Abs. 3 BGB) angelegt wurden. Voraussetzung ist, dass dieses Konto offenkundig treuhänderischen Zwecken diente[239] (offenes Treuhandkonto). In diesem Fall besteht ein Aussonderungsrecht des Treugebers,[240] so dass die Kaution nicht in die Masse fällt. Die erforderliche Trennung kann auch erst nachträglich erfolgen, allerdings müssen dann die Beträge und Gläubiger konkretisiert werden.[241] Ist die nötige Unterscheidung unterblieben, fallen die gezahlten Kautionen ungeachtet ihres treuhänderischen Zwecks in die Masse.[242] Das Gleiche gilt ebenfalls für Kommanditanteile in der Insolvenz des Treuhandkommanditisten, die ebenfalls nur bei ausreichender Trennung insolvenzfrei bleiben (zu Treuhandverhältnissen vgl. auch § 47 Rn. 35 ff.). In der Insolvenz des Treugebers – im Fall der fremdnützigen Treuhand – fällt in die Masse nicht der Gegenstand selbst, sondern der Anspruch gegen den Treuhänder auf Rückübertragung des Gegenstands oder Rechts;
 

Rn 120

  • private Aufzeichnungen;
 

Rn 121

  • persönliches Vorkaufsrecht;
  • Wohnungsbauprämien, weil nicht übertragbar und damit nicht pfändbar;[243]
  • Unterlassungsansprüche und Gestaltungsrechte, es sei denn, sie dienen dem Schutz eines Massegegenstandes;[244]
  • gemieteter Wohnraum, soweit er zum notwendigen Unterhalt des Schuldners und seiner Familie erforderlich ist.[245]
[235] Siehe auch Kraemer/Vallender/Vogelsang-Amelung, 38. Lfg., Fach 2, Kapitel 19, Rn. 131.
[236] Pech, S. 23.
[237] OLG Düsseldorf ZIP 1982, 720 (720 f.); Häsemeyer, Rn. 9.07.
[238] Pech, S. 24 (in deren Fn. 18); FK-Schulz, § 35 Rn. 7.
[240] Derleder, ZIP 1988, 415 (417 f.); OLG Düsseldorf ZIP 1988, 449 (449).
[243] In die Masse gehört dagegen das Bausparguthaben; Hess/Weis/Wienberg-Weis, §§ 35, 36 Rn. 135.
[244] Kübler/Prütting/Bork-Holzer, § 35 Rn. 89, 91.
[245] Schreiben des AG Duisburg NZI 2000, 415; Grote, NZI 2000, 66 (68).

5.2 Freigabe

 

Rn 122

Unter dem Begriff der "Freigabe" werden verschiedene Handlungsmöglichkeiten des Verwalters im Umgang mit Gegenständen der Insolvenzmasse zusammengefasst.

Für die Bestimmung der Masse relevant ist vor allem die echte Freigabe, die dazu führt, dass der Insolvenzsc...

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