Verfahrensgang

LG Lübeck (Urteil vom 08.05.1987; Aktenzeichen 5 O 409/86)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. Mai 1987 verkündete Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer beträgt 13.911 DM.

 

Gründe

Der Beklagte ist Konkursverwalter der Firma Wohngrund Vermietungsgesellschaft mbH in Lübeck (im folgenden: Wohngrund), über deren Vermögen am 12. Juni 1985 der Konkurs eröffnet worden ist. Die Wohngrund hatte als sogenannte gewerbliche Zwischenmieterin Mietverträge mit den Wohnungseigentümern mehrerer Wohnungseigentumsanlagen in Braunschweig geschlossen und die Wohnungen an Endmieter weitervermietet. Mit ihrer Klage hat die Klägerin Mietkautionsbeträge, welche die Mieter an die Wohngrund geleistet und an die Klägerin abgetreten haben, sowie nach dem 1. Februar 1985 an die Wohngrund gezahlte Mietzinsen, insgesamt in Höhe von 16.101 DM, geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß sich der materiell-rechtliche Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kautionsbeträge aus der Beendigung der Mietverträge mit der Wohngrund und der Abtretung dieser Ansprüche durch die Mieter an die Klägerin ergibt. Die Klägerin kann ihre Ansprüche indessen nicht durchsetzen, weil über das Vermögen der Kautionsempfängerin zwischenzeitlich der Konkurs eröffnet worden ist und ihr, der Klägerin, weder Aussonderungsansprüche gemäß §§ 43 f KO noch Ansprüche aus rechtloser Bereicherung der Masse gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 4 KO – die allein in Betracht kommenden Ansprüche – zustehen.

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Aussonderungsrechts gemäß § 43 KO hinsichtlich der geleisteten Kautionen liegen nicht vor. Die Zahlung von Kautionen gemäß § 550 b Abs. 2 BGB rechtfertigt nicht ohne weiteres die Aussonderung der Kautionsbeträge im Konkurs des Vermieters. Auch die ausdrückliche Bestimmung der Zahlungen auf den Überweisungsträgern als „Kaution” begründet entgegen der Auffassung der Klägerin kein automatisches Aussonderungsrecht im Konkurs des Kautionsempfängers. Vor dem Zugriff der Gläubiger im Konkurs über das Vermögen des Vermieters sind die Kautionen erst geschützt, wenn sie auf einem in § 550 b Abs. 2 BGB vorgeschriebenen Sonderkonto angelegt worden sind (Kuhn/Uhlenbruck, Konkursordnung, 10. Aufl., § 43 Rn. 4; Derleder, WM 1986, 39, 42; Palandt-Putzo, BGB, 47. Aufl., § 550 b Anm. 3). Entscheidend ist deshalb, ob die Wohngrund die von den Mietern geleisteten Kautionen gemäß § 550 b Abs. 2 BGB oder durch eine entsprechende Anlegung, die der Klägerin den Nachweis ihrer materiell-rechtlichen Inhaberschaft hinsichtlich der Kautionen im Sinne des § 43 KO ermöglichen würde, von ihrem Vermögen getrennt treuhänderisch verwahrt hat. Das ist indessen nicht der Fall.

Eine den Voraussetzungen eines Aussonderungsrechts genügende vom Eigenvermögen getrennte Anlage hat die Wohngrund durch die ursprüngliche Entgegennahme der Kautionen durch die Mieter nicht bewirkt. Unstreitig hat die Wohngrund die Kautionen auf ein eigenes allgemeines Girokonto bei der Deutschen Bank, das als ein Unterkonto zu dem Hauptgeschäftskonto geführt worden ist, von den Mietern überweisen lassen oder selbst von anderen Konten überwiesen. Dadurch ist eine individuell bestimmbare abgesonderte Verwahrung im Sinne des § 43 KO von dem eigenen Vermögen schon deshalb nicht erfolgt, weil für einen Außenstehenden nicht erkennbar war, daß auf dem Konto fremde Gelder treuhänderisch verwaltet würden. Vor allem aber sind von diesem Unterkonto, wie der Beklagte – von der Klägerin nicht bestritten – vorgetragen hat, in erheblichem Umfang Umbuchungen auf das Hauptkonto vorgenommen worden, so daß im Dezember 1984 das Guthaben dieses Kontos nicht mehr die Summe aller eingezahlten Kautionsbeträge abdeckte. Wegen dieser Umbuchungen und der Unterdeckung auf dem Konto waren die Kautionen der Mieter, wie es für einen Aussonderungsanspruch erforderlich gewesen wäre, nicht mehr unterscheidbar vom übrigen Vermögen der Wohngrund angelegt.

Die Klägerin kann die Kautionsbeträge entgegen der in dem angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung auch nicht aufgrund der zwischen der Wohngrund und dem Notar Dr. S. Um 19. Dezember 1984 geschlossenen Treuhandvereinbarung aussondern. Zwar scheitert die Aussonderung nicht schon daran, daß die Wohngrund ein Treuhandkonto zugunsten der Mieter erst einzurichten beabsichtigte, nachdem sie die Kautionen – wie oben ausgeführt – zunächst mit ihrem eigenen Vermögen vermischt hatte. Das Aussonderungsrecht setzt nicht voraus, daß die Mietkautionen unmittelbar aus dem Vermögen der Mieter auf das treuhänderische Sonderkonto gelangt sind. Der Mieter darf angesichts...

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