Gesetzestext

 

Eine Rechtshandlung kann angefochten werden, wenn die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung erfüllt sind, es sei denn, der Anfechtungsgegner weist nach, dass für die Rechtshandlung das Recht eines anderen Staates maßgebend und die Rechtshandlung nach diesem Recht in keiner Weise angreifbar ist.

Bisherige gesetzliche Regelungen: Art. 102 EGInsO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Kollisionsnorm des § 339 ist eng an Art. 13 EuInsVO angelehnt.[1] Das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Gültigkeit einer Rechtshandlung soll geschützt werden.[2]

 

Rn 2

§ 339 ist nicht von Amts wegen zu beachten, sondern kann lediglich vom Anfechtungsgegner als Einrede[3] geltend gemacht werden[4].

 

Rn 3

Den Anfechtungsgegner trifft die Darlegungs- und Beweislast.[5] Er muss nachweisen,

  • dass für die Rechtshandlung das Recht eines anderen Staates maßgeblich ist und
  • die Rechtshandlung nach diesem Recht in keiner Weise angreifbar ist.

Das anwendbare Recht wird durch das allgemeine IPR festgelegt.[6]

 

Rn 4

Der anfechtende Insolvenzverwalter hat lediglich darzulegen und zu beweisen, dass eine Anfechtbarkeit nach der lex fori concursus gegeben ist.[7] Die Voraussetzungen, die Art und Weise und die Frage der Verjährung der Insolvenzanfechtung richten sich nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung.[8]

 

Rn 5

§ 339 gilt sowohl für Haupt- als auch für Sekundärinsolvenzverfahren.[9]

[1] Vgl. dazu auch BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 19. Im RegE wird auch ausgeführt, dass eine strikte Anwendung der lex fori concursus dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung am ehesten entsprochen hätte. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, habe man sich für eine Anlehnung an Art. 13 EuInsVO entschieden.
[2] Breutigam/Blersch/Goetsch-Pannen, Art. 13 Rn. 1.
[3] "Einrede des Wirkungsstatuts", Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 13 Rn. 14; Balz, ZIP 1996, 948 (951).
[4] Vgl. zu Art. 13 EuInsVO statt aller Breutigam/Blersch/Goetsch-Pannen, Art. 13 Rn. 3. Mit der Norm des Art. 102 Abs. 2 EGInsO a.F. fand eine ähnliche Kumulationsregel Anwendung, vgl. dazu auch Kübler/Prütting-Kemper, Art. 102 EGInsO Rn. 102 ff.
[5] Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 13 Rn. 14; Balz, ZIP 1996, 948 (951).
[6] BegrRegE, BT-Drs. 15/16, S. 19.
[7] Liersch, NZI 2003, 302 (305).
[8] HK-Stephan, § 339 Rn. 3.
[9] Zu Art. 13 EuInsVO Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 13 Rn. 4.

2. "In keiner Weise angreifbar"

 

Rn 6

Aus der Formulierung "in keiner Weise angreifbar" ergibt sich, dass nicht nur die Vorschriften des Insolvenzanfechtungsrechts zu prüfen sind, sondern ebenfalls die Normen über Willensmängel, Sittenwidrigkeit etc. zu beachten sind.[10] Es kommt nicht darauf an, ob die Angreifbarkeit nach dem Wirkungsstatut zu derselben Rechtsfolge führt wie die Insolvenzanfechtung nach der lex fori concursus.[11]

[10] Breutigam/Blersch/Goetsch-Pannen, Art. 13 Rn. 4 EuInsVO; Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Art. 13 Rn. 4; Balz, ZIP 1996, 948 (951); Pannen/Kühnle/Riedemann, NZI 2003, 72 (75).
[11] Zur Frage der Verjährung eines nach dem Wirkungsstatut gegebenen rechtlichen Makels vgl. Balz, ZIP 1996, 948 (951, dort Fn. 25).

3. Zuständigkeit für Anfechtungsklagen

 

Rn 7

Die internationale Zuständigkeit für Anfechtungsklagen ist weder in den §§ 335 ff. noch in der EuInsVO[12] geregelt.

 

Rn 8

Der BGH hat durch Urteil v. 27.5.2003 entschieden, dass § 19a ZPO weder eine örtliche noch eine deutsche internationale Zuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Ort des Insolvenzgerichts begründet.[13]

 

Rn 9

Die internationale Zuständigkeit für Anfechtungsklagen richtet sich nach dem internationalen Zivilprozessrecht des jeweiligen Staates. Für Deutschland heißt dies, dass die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit auch die internationale Zuständigkeit begründen.[14]

[12] Art. 25 Abs. 1 Satz 3 EuInsVO regelt lediglich, dass das aufgrund einer Anfechtungsklage ergehende Urteil auch in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt wird und vollstreckt werden kann.
[13] BGH, Urteil v. 27.5.2003, IX ZR 203/02, NZI 2003, 545. Vgl. dazu auch Mörsdorf-Schulte, IPRax 2004, 31 ff. [BGH 27.05.2003 - IX ZR 203/02]
[14] FK-Wimmer, Anhang 1 Rn. 353.

4. Rechtsfolgen der Anfechtung

 

Rn 10

Die Rechtsfolgen der Anfechtung richten sich nach der lex fori concursus.[15]

[15] Liersch, NZI 2003, 302 (305); Balz, ZIP 1996, 948 (951).

5. Literatur

 

Rn 11

Mörsdorf-Schulte, Internationaler Gerichtsstand für Insolvenzanfechtungsklagen im Spannungsfeld von EuInsVO, EuGVÜ/O und autonomen Recht und seine Überprüfbarkeit durch den BGH, IPRax 2004, 31 ff.

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