Rn 36

Mit der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses und der Treuhänderbestellung erlischt die Befugnis des Schuldners, sein Vermögen, soweit es zur Masse gehört, zu verwalten und darüber zu verfügen. Vom Schuldner kann weder erwartet werden, dass er sein Vermögen in der gebotenen Weise verwaltet und in dieser Weise hierüber verfügt, noch dass er sein Vermögen zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger einsetzt.[57] Der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gilt nicht nur im Bereich des materiellen Rechts, sondern führt dazu, dass ein gerichtliches Verfahren über massezugehöriges Vermögen des Schuldners nur von oder gegen den Treuhänder begonnen oder fortgesetzt werden kann. Es geht auch die Befugnis verloren, in Verfahren über massezugehörige Bestandteile seines Vermögens Anträge zu stellen oder Rechtsmittel einzulegen.[58]

 

Rn 37

Der Treuhänder hat grundsätzlich das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen (§ 148 Abs. 1), insbesondere hat er bereits entstandene sowie künftige Vergütungsansprüche des Schuldners gegen Dritte bei Fälligkeit einzuziehen.[59] Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35), mit Ausnahme der unpfändbaren Gegenstände (§ 36). Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners geht auf den Treuhänder über (§ 80). Ein Streit zwischen dem Treuhänder und dem Schuldner, ob ein Vermögensgegenstand zur Masse gehört, ist vor dem Prozessgericht auszutragen (z.B. Beendigung der Mitgliedschaft eines Anwalts in einem Versorgungswerk zur Erstattung gezahlter Beiträge[60] oder Berechtigung zum Lastschriftwiderruf[61]). Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, ob ein Gegenstand nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt, ist gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 nur für die in § 36 Abs. 1 Satz 2 genannten Vorschriften der ZPO begründet.[62]

 

Rn 38

Der Treuhänder legt gemäß §§ 151 bis 153 ein Verzeichnis der Massegegenstände, ein Gläubigerverzeichnis und eine Vermögensübersicht an, wobei er einen Abgleich mit den vom Schuldner in den Verzeichnissen zum Antrag gemäß § 305 beigegebenen oder sonst vorgelegten Unterlagen gemachten Angaben vornimmt. Er wird, um weitere Informationen zu erhalten und um den Ablauf des Verfahrens festzulegen, einen persönlichen Besprechungstermin mit dem Schuldner durchführen.[63]

 

Rn 39

Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht und damit auch dem Treuhänder über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben und den Treuhänder bei der Erfüllung seiner Aufgaben durch aktive Mitwirkung zu unterstützen (§ 97). Die Auskünfte sollen auch der Ermittlung der richtigen Insolvenzmasse dienen.[64] Differenzen zwischen den in den Vordrucken (§ 305 Nr. 3) gemachten Angaben des Schuldners und eigenen Erkenntnissen, die eine Versagung der Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 6 auslösen können, teilt er dem Gericht mit.

 

Rn 40

Weigert sich der Schuldner trotz Aufforderung des Treuhänders, Massegegenstände herauszugeben, kann der Treuhänder mit der vollstreckbaren Ausfertigung des Eröffnungsbeschlusses als Vollstreckungstitel gemäß § 148 Abs. 2 i. V. m § 794 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die Herausgabe durch Zwangsvollstreckung erzwingen. Er muss mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung den zuständigen Gerichtsvollzieher beauftragen. Dieser benötigt zum Betreten von Wohnräumen des Schuldners zum Zweck der Zwangsvollstreckung keinen besonderen Durchsuchungsbeschluss, da der Eröffnungsbeschluss durch einen Richter erlassen wurde (siehe § 758a Abs. 1 ZPO).[65] Die herauszugebenden Gegenstände müssen weder im Eröffnungsbeschluss, noch im Vollstreckungsauftrag vom Treuhänder näher bezeichnet werden. Es ist ausreichend, wenn der Treuhänder sie näher präzisiert.[66]

 

Rn 41

Der Treuhänder hat, wie der Insolvenzverwalter, die Aufgabe, gemäß § 159 die unverzügliche Verwertung des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens in Angriff zu nehmen. Dies ist regelmäßig der freihändige Verkauf auch an von Gegenständen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, wenn er sie in seinem Besitz hat (§ 166 Abs. 1).[67]

 

Rn 42

Der Begriff "Arbeitseinkommen" ist in § 850 ZPO genau definiert und nicht allein im arbeitsrechtlichem Sinn zu verstehen. Auch arbeitnehmerähnliche Personen, freie Mitarbeiter und andere Schuldner, die überwiegend durch persönliche Tätigkeiten ihr Einkommen erzielen, werden von § 850 erfasst.[68]

 

Rn 43

Ist der Schuldner Arbeitnehmer, fällt nur der pfändbare Teil der Einkünfte in die Insolvenzmasse (vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 850 und §§ 850a bis 850i). Damit der Treuhänder die Einziehung der pfändbaren Anteile umzusetzen kann, muss er den Arbeitgeber unverzüglich von der Eröffnung verständigen und auffordern, diese pfändbaren Anteile direkt an ihn zu zahlen.[69] Gewarnt wird vor Vereinbarungen zwischen Treuhänder und Schuldner, dass der Schuldner zunächst das volle Arbeitseinkommen erhält und den pfändbaren Anteil dan...

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