Gesetzestext

 

Ist der Schuldner eine natürliche Person, so wird er nach Maßgabe der §§ 287 bis 303 von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Der Achte Teil der InsO regelt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen und verfahrensrechtlichen Abläufe zur Erlangung einer sogenannten Restschuldbefreiung für den Schuldner.

 

Rn 2

Nach § 1 Satz 2 soll dem redlichen Schuldner die Möglichkeit gegeben werden, sich von seinen restlichen Schulden zu befreien. § 286 greift diese Forderung auf, ergänzt und konkretisiert sie dahin gehend, dass nach §§ 287 bis 303 dieser redliche Schuldner nach Abschluss des Verfahrens sich gegenüber den Insolvenzgläubigern (§ 38) auch von seinen restlichen Verbindlichkeiten befreien kann, wenn er der Hauptforderung des Insolvenzverfahrens gem. § 1 Satz 1 – der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger durch Verwertung und Verteilung seines Vermögens an die Insolvenzgläubiger-nicht vollständig nachkommen konnte. Eine Restschuldbefreiung wird dem Schuldner auch in Aussicht gestellt, wenn ein Insolvenzplan/Schuldenbereinigungsplan mit abweichender Regelung nicht zustande kam.

 

Rn 3

Durch das neue Insolvenzrecht hat der Schuldner mit der Beantragung der Restschuldbefreiung und dem Durchlaufen eines Insolvenzverfahrens eine Perspektive auf eine dauerhaft gesicherte wirtschaftliche Existenz ("fresh start" und Ausweg aus dem "modernen Schuldturm").[1] Die Wohlverhaltensperiode dient einmal dazu, die Insolvenzgläubiger so weit zu befriedigen, als es dem Schuldner möglich und zumutbar ist, und zum andern, den Schuldner im Wirtschaftsleben wieder Fuß fassen zu lassen.[2]

 

Rn 4

Grundsätzlich bleibt für die Gewährung der Restschuldbefreiung außer Betracht, wie und in welchem Maße zurechenbar der Schuldner die Verschuldung herbeigeführt hat.[3] Regulativ ist hier nur der auf Gläubigerantrag zu berücksichtigende Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 4.

 

Rn 5

Die Möglichkeit der Restschuldbefreiung wird ohne Ausnahme nur einem Schuldner eröffnet, bei dem es sich um eine natürliche Person handelt (§ 286). Daran hat sich auch durch das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte vom 15.7.2013 nichts geändert.

 

Rn 6

So wie beim Insolvenzverfahren immer nur das Vermögen einer natürlichen Person erfasst wird, erfasst die Restschuldbefreiung ebenfalls nur das Vermögen und die nach Abschluss des Verfahrens verbleibenden restlichen Schulden dieser Person. Die gerichtliche Verbindung von Insolvenz- und Restschuldbefreiungsverfahren mehrerer Schuldner (z.B. Eheleuten) zu einem Verfahren ist abzulehnen, auch wenn in den gerichtlichen Beschlüssen eine klare Trennung der verschiedenen Personen und Vermögensmassen vorgenommen wird.[4] Dies ist dadurch begründet, dass ein Insolvenzverfahren immer das Vermögen einer Person (vgl. § 1 Satz 1: "des Schuldners", § 38: "persönliche Gläubiger") behandelt und z. B. bei Eheleuten oder Lebenspartnern während des Verfahrens eine persönliche Trennung erfolgen kann. Es können auch unterschiedliche Gläubiger vorhanden sein und bei Zustellungen, Mitteilungen und Veröffentlichungen des Gerichts können kaum lösbare Verwirrungen über den Gegenstand der Insolvenzverfahren ausgelöst werden. Mehrere anhängige Anträge auf Eröffnung des Verfahrens durch Gläubiger (Fremdanträge) werden allerdings bei der Verfahrenseröffnung mit dem Eigenantrag des Schuldners verbunden.

 

Rn 7

Für juristische Personen gibt es nach geltendem Recht keine Restschuldbefreiung. Gemäß § 141a Abs. 1, 3 FGG kommt nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens und festgestellter Vermögenslosigkeit für die GmbH, die KG einer GmbH & Co. KG, die AG sowie die KGaA eine Löschung von Amts wegen in Betracht. Mit dieser erlöschen auch die Verbindlichkeiten, nicht aber die etwa vorhandene Haftung der Organe oder Bürgen.

 

Rn 8

Die Möglichkeit, durch die in den §§ 286 ff. geregelte Restschuldbefreiung auch zu Lasten der Gläubiger Schuldenfreiheit zu erhalten, ist ein subjektives Recht des Schuldners.[5] Sie hat im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren höchstpersönlichen Charakter.[6]

 

Rn 9

Auch wenn ein allgemeines sozialstaatliches Interesse vorliegt, dass der Bestand der Verschuldung in der Bevölkerung möglichst gering gehalten bzw. vermindert wird, besteht keine Verpflichtung zur Stellung eines Restschuldbefreiungsantrags, selbst wenn eine natürliche Person einen Eigenantrag gestellt hat. Dies kommt besonders durch die Formulierung des § 305 Abs. 1 Nr. 2 zum Ausdruck. Eine Verpflichtung besteht dagegen für gesetzliche Vertreter, hier insbesondere für Betreuer, sowie für Unterhaltspflichtige, die aufgrund ihrer Schulden nicht zur regelmäßigen Zahlung des Unterhalts in der Lage sind.[7]

 

Rn 10

Das Institut der Restschuldbefreiung wird allgemein als zulässige Einschränkung des Grundrechts auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) angesehen, obwohl die Einschränkung entsprechend Art. 19 Abs. 1 Satz 2, Art. 18 Abs. 1 Satz 2 GG in der Insolvenzordnung nicht...

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