Rn 20

Zuletzt dürfen Gläubiger, die ohne einen Plan gleichrangig mit den Gläubigern der nicht zustimmenden Gruppe zu befriedigen wären, im Plan nicht bessergestellt werden als die jeweilige Gruppe der nicht zustimmenden Gläubiger. Neben dem absoluten (Rdn. 9) kennt § 245 damit auch ein relatives Schlechterstellungsverbot. Hier geht es um einen Vergleich zu denjenigen Gläubigern, denen ohne Insolvenzplan eine gleich hohe Befriedigung wie der den Plan ablehnenden Gruppe zustünde. Häufig wird diese Betrachtung zwischen solchen Gläubigergruppen anzustellen sein, deren Forderungen zwar eine einheitliche Rechtsstellung haben, aber die aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Interessen in Untergruppen geteilt worden sind (Beispiele für die möglichen unterschiedlichen Interessen vgl. § 222 Rdn. 19 ff.). Für die Bestimmung der Gleichrangigkeit ist die Rangfolge der §§ 38, 39 zugrunde zu legen. Eine Unterscheidung bei der die Privilegierung i.S.d. § 302 Nr. 1 (Forderung aus unerlaubter Handlung und Ausnahme von der Erteilung der Restschuldbefreiung) berücksichtigt wird, ist als Widerspruch zum Gesetzeswortlaut abzulehnen.[49] Entscheidend ist, ob bei prognostischer Betrachtung eine Schlechterstellung der Gläubiger dieser Gruppe gegenüber einer Regelabwicklung wahrscheinlicher ist als eine Nichtschlechterstellung.[50] Sofern das Ergebnis der notwendigen Prognose eine Ungleichbehandlung wahrscheinlich erscheinen lässt, kann diese nicht mit sachlichen Gründen gerechtfertigt werden.[51]

 

Rn 21

Bei der Beurteilung einer Besserstellung nach § 245 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 spielen die Massegläubiger (§ 53) hingegen keine Rolle, weil die Befriedigung dieser Gläubiger nicht Gegenstand des Plans ist (siehe den in § 217 formulierten Grundsatz). Die vollständige Befriedigung der Massegläubiger im Gegensatz zu anderen Gläubigern kann deshalb in keinem Fall dazu führen, dass eine Gläubigergruppe nicht angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt wird.

 

Rn 22

Etwas anderes sollte nach der ursprünglichen Fassung des § 323 RegE dann gelten, wenn die Masse lediglich zur Deckung der Verfahrenskosten, aber nicht mehr zur vollständigen Befriedigung der Massegläubiger ausreicht (Masseunzulänglichkeit – § 208). Die Begründung zum Entwurf erklärte, dass die Gläubiger auch in dieser Konstellation durch eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Verwertung und Verteilung profitieren könnten.[52] Diese Vorschrift wurde allerdings vom Rechtsausschuss gestrichen, so dass fraglich ist, ob bei Masseunzulänglichkeit eine Abwicklung mittels Insolvenzplan zulässig bleiben sollte.

 

Rn 23

Gegen die Zulässigkeit eines Insolvenzplans zur Abwicklung von masseunzulänglichen Verfahren sprechen die Streichung der im Entwurf vorgesehenen ausdrücklichen Regel und das Bedürfnis nach einer schnellen und unkomplizierten Abwicklung solcher Insolvenzverfahren. Daher sollte nicht durch langatmige Verhandlungen über den Inhalt eines Insolvenzplans die sowieso geringe Masse noch weiter verringert werden.

 

Rn 24

Andererseits wurde die Vorschrift nur aus Gründen redaktioneller Straffung nicht in die InsO übernommen.[53] Wie schon beim darstellenden Teil (vgl. § 220 Rdn. 1 f.) ist deshalb davon auszugehen, dass die Streichung an der sachlichen Berechtigung, auch ein masseunzulängliches Verfahren mittels eines Insolvenzplans abzuwickeln, nichts ändern sollte. Zudem kann sich unter Umständen die Masseunzulänglichkeit auch erst herausstellen, nachdem ein Insolvenzplan bestätigt worden ist. Wenn aber bereits viel Zeit und Know-how in einen Plan investiert wurde, dann sollte dessen Abwicklung auch fortgeführt werden dürfen. Ist auch bei unzulänglichen Massen ein Planverfahren möglich, so gibt es keinen Grund, warum nicht auch die Massegläubiger einen eigenen Insolvenzplan sollen entwickeln und durchführen können. Der Grundsatz der Gläubigerautonomie muss hier ebenso wie allgemein gelten. Dieses gilt erst recht dann, wenn ein Massegläubiger einen Vorschuss nach § 207 Abs. 1 Satz 3 geleistet hat und seine Berechnung auf einem von ihm verfassten Insolvenzplan beruht. Eine Abwicklung des Verfahrens nach seinen Vorstellungen auf der Grundlage eines von den betroffenen anderen Gläubigern bestätigten Plans sollte ihm nicht von vornherein versagt werden.

[49] AG Köln, Beschluss vom 14.11.2017 – 73 IN 173/15; kritisch hierzu Smid, ZInsO 2019, 1981 (1982).
[50] Braun-Braun/Frank, § 245 Rn. 18.
[51] Brünkmans/Thole-Thole, § 17 Rn. 33.
[52] BT-Drs. 12/2443, S. 221.
[53] BT-Drs. 12/7303, S. 116.

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