Rn 1

§ 2 regelt die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts für das Insolvenzverfahren. Unberührt von dieser Zuständigkeitsregelung bleiben die Zuständigkeiten der Sondergerichtsbarkeiten wie Sozial-, Arbeits-, Verwaltungs- oder Finanzgerichte.[1]

 

Rn 2

Die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichtes ist ausschließlich (§ 22 GVG)[2] und unterliegt nicht der Disposition der Verfahrensbeteiligten. Abreden der Beteiligten über eine (abweichende) sachliche Zuständigkeit sind unwirksam.[3] Die sachliche Zuständigkeit umfasst alle dem Insolvenzgericht durch die InsO zugewiesenen Aufgabenbereiche[4], zu denen aufgrund der großen Sachnähe auch vollstreckungsgerichtliche Entscheidungsbefugnisse hinzukommen (vgl. § 36 Abs. 4, § 89 Abs. 3, § 148 Abs. 2 Satz 2). Unberührt bleibt die Zuständigkeit wegen materiell-rechtlichen Streitigkeiten, welche aus Anlass oder im Verlaufe eines Insolvenzverfahrens entstehen und außerhalb des Verfahrens selbst zu entscheiden sind (vgl. etwa §§ 47, 49 oder 180).[5]

 

Rn 3

Es ist grundsätzlich nur dasjenige Amtsgericht Insolvenzgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat. Der Gesetzgeber hatte mit der Schaffung der Norm die Zahl der Amtsgerichte, die auch als Insolvenzgericht fungieren, reduzieren wollen. Mit der Konzentration der Zuständigkeit bei den Amtsgerichten am Sitz des Landgerichts war perspektivisch die Nutzung der besonderen Erfahrungen, die Sachkunde aufgrund erhöhter Anforderungen und die sachliche Ausstattung beabsichtigt.[6] Eine empirische Untersuchung in den Jahren 2004 bis 2007 zu den Eröffnungsquoten hat indes ergeben, dass die Größe eines Gerichts die Eröffnungsquote nicht unbedingt beeinflusst.[7]

Diese Zielsetzung war also nicht flächendeckend zu erkennen, sodass der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) deshalb die weitere Zuständigkeitskonzentration eines Insolvenzgerichts über den jeweiligen Landgerichtsbezirk hinaus vorgesehen hatte.[8] Das tatsächlich vom Gesetzgeber verabschiedete ESUG hat diesen Vorschlag nicht umgesetzt.

 

Rn 4

Ein Insolvenzantrag wird etwa mit Eingang beim dem zuerst angerufenen Insolvenzgericht anhängig und das Zulassungsverfahren beginnt.[9] Stellt das zunächst angerufene Gericht seine fehlende örtliche Zuständigkeit fest, verweist es die Sache auf Antrag an das örtliche zuständige Gericht.[10]

 

Rn 5

Gemäß § 2 Abs. 2 werden die Landesregierungen ermächtigt, von der grundsätzlichen Zuständigkeitsregelung des § 2 Abs. 1 abzuweichen und andere oder zusätzliche Amtsgerichte zu Insolvenzgerichten zu bestimmen sowie die für die örtliche Zuständigkeit maßgeblichen Bezirke der Amtsgerichte abweichend zu fassen. Zur konkreten Zuständigkeit der Amtsgerichte als Insolvenzgericht vgl. § 3 Rdn. 19.

[1] HambKomm-Rüther, § 2 Rn. 4; Büttner, ZInsO 2017, 13.
[2] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[3] A/G/R-Ahrens, § 2 Rn. 5.
[4] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[5] Schleswig-Holsteinisches OVG, Beschl. v. 08.12.2021, 5 O 14/21, NZI 2022, 544.
[6] BT-Drs. 12/2443, 109 f.
[7] Haarmeyer/Beck/Friend, ZInsO 2008, 1178.
[8] BT-Drs. 17/5712, S. 28.

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