Rn 33

Nach § 174 Abs. 1 Satz 2 sind der Anmeldung die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Kopie beizufügen. Dadurch sollen der Insolvenzverwalter sowie die Insolvenzgläubiger in die Lage versetzt werden, zu entscheiden, ob sie eine angemeldete Forderung bestreiten oder nicht. Urkunden sind alle Schriftstücke, die nach den zivilprozessualen Vorschriften geeignet sind, Beweis für das Bestehen der Forderung zu erbringen, z. B. Verträge, Schuldanerkenntnisse, Abtretungsurkunden, Schecks, Wechsel, Urteile, Vollstreckungsbescheide, Arrestbefehle. Nicht zu diesen Urkunden gehören einseitige Rechnungen, weil ihnen der Nachweis über die tatsächlich erfolgte Warenlieferung fehlt.[45]

 

Rn 34

Es genügt, wenn der Gläubiger die Urkunden in Kopie beifügt;[46] wahlweise kann der Gläubiger auch das Original einreichen.[47] Die Vorschrift enthält – im Gegensatz zum Wortlaut des § 139 Satz 3 KO – eine Soll-Regelung in Form einer bloßen Ordnungsvorschrift. Sie entspricht damit der schon unter der KO maßgeblichen Auffassung,[48] dass das Fehlen von Urkunden oder deren Ablichtung die Wirksamkeit der Anmeldung nicht beeinflusst. Bestreitet der Verwalter allerdings wegen des Fehlens von Unterlagen die angemeldete Forderung und kommt es zur Feststellungsklage nach § 179 Abs. 1, so trägt der Gläubiger die Kostengefahr.[49]

 

Rn 35

Daraus folgt für elektronische Anmeldungen konsequenterweise, dass entgegen sowohl der Absicht des Gesetzgebers[50] als auch dem Wortlaut des § 174 Abs. 4 Satz 2 zunächst keine Urkunde nachzureichen ist. Vielmehr genügt grundsätzlich die Übersendung in gängigen Dateiformaten (wie *.pdf oder *.tif). Vermag der Verwalter diese im Einzelfall nicht zu verarbeiten, steht ihm immer noch der Weg offen, die Vorlage der Originalurkunde zu verlangen. Wenn aber – zur Entlastung aller Beteiligten – ein elektronischer Anmeldeverkehr eröffnet werden soll, dann ist eine parallele Verpflichtung zur Einreichung von Urkunden wenig überzeugend. Insbesondere besteht sonst im Büro des Verwalters das Problem, die eingehenden Urkunden den elektronischen Anmeldungen zuzuordnen.

[45] AG Köln ZInsO 2003, 1009, wonach ein Gläubiger die Kosten eines Feststellungsprozesses zu tragen hat, wenn er die dazugehörigen Lieferscheine nicht schon mit der Anmeldung vorlegt, sondern erst später im Prozess (und der Verwalter daraufhin ein sofortiges Anerkenntnis erklärt).
[46] BGH NZI 2006, 173 [BGH 01.12.2005 - IX ZR 95/04] (173 f.); MünchKomm-Riedel, § 174 Rn. 41; a. A. (für Titel und Wechsel) Braun-Specovius, § 174 Rn. 24. Für diesen Fall kann eine Vorlage des Originals beim Insolvenzgericht zur Entwertung angezeigt sein, Kaiser/Crämer, InVo 2001, 153 (154).
[47] So schon zur KO: Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 7 Rn. 20.
[48] RGZ 85, 64 (68); Kilger/K. Schmidt, KO § 139 Anm. 5.
[49] Vgl. LG Aurich ZInsO 2000, 410 (LS); OLG Hamburg KTS 1975, 43 (44); Häsemeyer, Rn. 22.09 (in dessen Fn. 30).
[50] Nach BegrRegE, BT-Drs. 15/4067, S. 54 "kann bei elektronischer Forderungsanmeldung auf eine isolierte Übersendung nicht verzichtet werden".

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