Rn 1

Während des Insolvenzverfahrens ist der Verwalter stets zur internen Rechnungslegung verpflichtet. Ist der Schuldner unternehmerisch tätig (gewesen) und fällt der Geschäftsbetrieb in die Insolvenzmasse, muss nach gesetzlicher Vorgabe zudem die externe – handels- und steuerrechtliche – Buchführung und Rechnungslegung für den Geschäftsbetrieb (fort-)geführt werden.

 

Rn 2

Im Rahmen der internen Rechnungslegung (§§ 151154, 66 Abs. 1)[1] hat der Verwalter – bezogen auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens – ein Verzeichnis der Massegegenstände (§ 151) und ein Gläubigerverzeichnis (§ 152) zu erstellen und aus beiden eine Übersicht über das Vermögen des Schuldners (§ 153) zu entwickeln.[2] Das dient zum einen der Information der Gläubiger, die hiermit in die Lage versetzt werden, die aktuelle wirtschaftliche Lage des Schuldners umfassend zu erkennen und zutreffend zu beurteilen.[3] Nur so lassen sich die voraussichtliche Quote ermitteln, Vorschüsse abschätzen (§ 207 Abs. 1 Satz 2), Abschlagsverteilungen herbeiführen (§ 187 Abs. 2) und im Berichtstermin (§§ 156, 29 Abs. 1 Satz 1) zielführende Entscheidungen über den Fortgang des Verfahrens treffen.[4]

 

Rn 3

Die interne Rechnungslegung stellt zum anderen ein Kontrollinstrument für die sachgerechte Abwicklung des Insolvenzverfahrens dar.[5] Die anfängliche Bestandsaufnahme ermöglicht es Gericht, Gläubigern und Schuldner, die sachgerechte Verwertung der Masse nachzuverfolgen. Ermöglicht wird zudem eine fortlaufende Überprüfung, ob eine die Kosten des Verfahrens deckende Masse vorhanden ist (andernfalls das Insolvenzverfahren grundsätzlich einzustellen ist, § 207 Abs. 1 Satz 1) und aus der Insolvenzmasse die fälligen bzw. künftig fällig werdenden sonstigen Masseverbindlichkeiten erfüllt werden können (andernfalls unverzüglich Masseunzulänglichkeit anzuzeigen ist, § 208 Abs. 1 Satz 1). Letztlich dient die interne Rechnungslegung auch dem Verwalter, umfassend Rechnung zu legen und sich zu entlasten[6]; zudem bildet sie eine – prüfbare – Grundlage für seine Vergütung.

 

Rn 4

Die externe Rechnungslegung (§ 155)[7] beschränkt sich auf unternehmerisch (kaufmännisch) tätige Schuldner. Den Geschäftsbetrieb hat der Verwalter in der Regel bis zum Berichtstermin vorläufig fortzuführen; zu diesem Zeitpunkt entscheiden die Gläubiger sodann über den weiteren Fortgang (§§ 157, 158 Abs. 1). Die externe Rechnungslegung dient primär dem Informationsinteresse des Kaufmanns selbst und der Anteilseigner, was in der Insolvenz allerdings wegen der Nachrangigkeit des Eigenkapitals deutlich in den Hintergrund tritt. Sie dient zudem auch dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit (der [künftigen] Kreditgeber, der Geschäftspartner, der Arbeitnehmer, des Staates usw.). Kaufleute müssen nach §§ 238 ff. HGB Handelsbücher führen, Inventare erstellen und (periodisch) Rechnung legen. Diese Aufzeichnungen sind auch im Rahmen der Besteuerung maßgeblich (§ 140 AO). Sonstige gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Fortwirte haben ggfl. originär nach Steuerrecht Bücher zu führen und Rechnung zu legen (§ 141 AO).

 

Rn 5

Die externe Rechnungslegung des unternehmerisch tätigen Schuldners bleibt von der Insolvenzeröffnung unberührt, d. h. sie muss grundsätzlich von diesem selbst unverändert (fort-)geführt werden. Wenn und soweit aber der Geschäftsbetrieb in die Insolvenzmasse fällt, hat der Verwalter anstelle des Schuldners die Buchführungs- und Rechnungslegungspflichten zu erfüllen. Hierzu enthalten Abs. 2 und 3 geringfügige Modifikationen zu den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften in Bezug auf das Geschäftsjahr, die Fristen für die Aufstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen und die Bestellung des Abschlussprüfers.

 

Rn 6

Zwar bestehen vielfältige Zusammenhänge zwischen beiden Rechenwerken. Namentlich stellt das Masseverzeichnis zusammen mit dem Gläubigerverzeichnis zugleich das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens notwendigerweise (§ 155 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 240 Abs. 1 HGB) zu erstellende Inventar dar, was die Grundlage für die Eröffnungsbilanz bildet (§ 155 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 242 Abs. 1 Satz 1 HGB). Dennoch hat der Insolvenzverwalter interne und externe Rechnungslegung grundsätzlich getrennt zu besorgen. Das verursacht zumeist nicht unerheblichen besonderen Aufwand und zusätzliche Kosten, was umso misslicher ist, als die externe Rechnungslegung in der Regel weder unmittelbar noch mittelbar der Massemehrung nutzt.[8] Der vorrangige Zweck jedes Insolvenzverfahrens und damit jeder hierzu unternommenen Handlung ist es aber, die Gläubiger gleichmäßig und in bestmöglicher Weise zu befriedigen.

 

Rn 7

Zudem reduziert sich der Nutzen der – vergangenheitsbezogenen – externen Rechnungslegung in der Insolvenz ganz erheblich, und zwar sowohl aus der Sicht des Kaufmanns selbst und der Anteilseigner, die ohnehin mit ihren Einlagen ausfallen, als auch aus Sicht des Staates und der Geschäftspartner, die in erster Linie ein realistisches Bild von der aktuellen Vermögenslage des Schuldners un...

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