Rn 23

Der Insolvenzverwalter kann vom Anfechtungsrecht nur Gebrauch machen, wenn er über hinreichende Informationen verfügt, inwieweit Schuldnervermögen abgeflossen ist. Es stellt sich daher die Frage, ob er auch vom Anfechtungsgegner Auskünfte verlangen kann, die ihm die Durchsetzung des Anspruchs erleichtern bzw. erst ermöglichen. Einen allgemeinen anfechtungsrechtlichen Auskunftsanspruch kennt die InsO nicht. Wohl aber kann sich – unter bestimmten Voraussetzungen – ein allgemeiner Auskunftsanspruch gegen den Anfechtungsgegner aus § 242 BGB ergeben.[85] Letzterer setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber aufgrund der Natur des Anspruchs in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen und der Verpflichtete in der Lage ist, unschwer diese Auskünfte zu erteilen.[86] Ein derartiges Angewiesensein des Insolvenzverwalters wird man nur dann bejahen können, wenn der Insolvenzverwalter seine Informationsmöglichkeiten gegenüber dem Schuldner (bzw. seinen – ehemaligen – organschaftlichen Vertretern und Angestellten) ausgeschöpft hat (§§ 97-99, 101).[87] Darüber hinaus setzt der allgemeine Auskunftsanspruch voraus, dass bereits eine besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten besteht.[88] Demzufolge kann ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters nur bejaht werden, wenn der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung von Art und Umfang des Rückgewähranspruchs geht.[89] Besteht nur ein mehr oder minder begründeter Verdacht, dass ein Dritter etwas in anfechtbarer Weise vom Schuldner erhalten hat, ist dem Insolvenzverwalter grundsätzlich der Auskunftsanspruch zu versagen.[90] Allein die Tatsache, dass eine Person in einzelnen Fällen als Anfechtungsgegner feststeht, begründet keinen Auskunftsanspruch hinsichtlich weiterer, lediglich vermuteter Vermögensverschiebungen; denn jede selbständig anfechtbare Rechtshandlung begründet einen besonderen Rückgewähranspruch (siehe oben Rn. 4). Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter trotz Ausschöpfung all seiner Erkenntnisquellen ausreichende Auskünfte nicht zu erhalten vermag.[91]

[85] BGH ZIP 1998, 1539 (1540) [BGH 18.06.1998 - IX ZR 311/95]; BGH ZIP 1999, 316 (317) [BGH 21.01.1999 - IX ZR 429/97]; BGH ZIP 2000, 1061, 1064 f. [BGH 11.05.2000 - IX ZR 262/98]; BGH NZI 2009, 722 [BGH 13.08.2009 - IX ZR 58/06]; ausführlich hierzu MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 14; Gottwald-Huber, § 51 Rn. 25; Jaeger-Henckel, § 143 Rn. 165; Gundlach-Frenzel-Schmidt, DStR 2002, 1910, 1910 ff.; Huber, in: FS-Gerhardt, 2004, 8-379, 381; zum Auskunftsanspruch des Anfechtungsgegners gegen den Insolvenzverwalter LG Hamburg ZIP 2004, 2197 [LG Hamburg 22.09.2004 - 303 T 17/04]; Jaeger-Henckel a.a.O. Rn. 166.
[86] BGH ZIP 1998, 1539 (1540) = EWiR 1998, 815 [BGH 18.06.1998 - IX ZR 311/95] (Schuschke); ZIP 1987, 244 (245) [BGH 15.01.1987 - IX ZR 4/86].
[87] Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 88.
[88] BGH ZIP 2000, 1061 (1064) [BGH 11.05.2000 - IX ZR 262/98]; BGH ZIP 1987, 244 (245) [BGH 15.01.1987 - IX ZR 4/86]; HK-Kreft, § 129 Rn. 90; Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 73.
[89] BGH ZIP 1998, 1539 (1540) [BGH 18.06.1998 - IX ZR 311/95]; BGH NZI 2009, 722 [BGH 13.08.2009 - IX ZR 58/06]; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 88; HK-Kreft, § 129 Rn. 90; Gerhardt-Kreft, Insolvenzanfechtung, Rn. 255 f.
[90] BGH ZIP 1987, 244 (245) [BGH 15.01.1987 - IX ZR 4/86]; BGH ZIP 1998, 1539 (1540) [BGH 18.06.1998 - IX ZR 311/95]; BGH ZIP 1999, 316 (317) [BGH 21.01.1999 - IX ZR 429/97]; BGH ZIP 2000, 1061 (1064) [BGH 11.05.2000 - IX ZR 262/98]; BGH BGHZ 74, 379 (381); MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 14; Graf-Schlicker-Huber, § 143 Rn. 4; siehe auch Gerhardt-Kreft, Insolvenzanfechtung, Rn. 255; anders teilweise Huber, in: FS-Gerhardt, 2004, S. 379, 383 ff.
[91] BGH BGHZ 74, 379 (381); HK-Kreft, § 129 Rn. 90; siehe auch Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 45; Jaeger-Henckel, § 143 Rn. 165.

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