Rn 15

Grundlage des Abzugs der Einlage (bzw. des Verzichts auf den Verlustanteil) muss eine (besondere) Vereinbarung sein. Die Bedeutung dieses Tatbestandsmerkmals wird klar, wenn man sich vergegenwärtigt, dass § 136 ein Unterfall der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung ist (siehe oben Rn. 2). Die Rückgewähr (bzw. der Verzicht auf den Verlustanteil) muss also – um eine Anfechtbarkeit zu begründen – vom freien Willen des Gemeinschuldners abhängen.[43] Hat der Stille hingegen einen Anspruch hierauf, kommt eine Anfechtung nach § 136 nicht in Betracht. Ob der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage auf Gesetz oder auf dem Gesellschaftsvertrag beruht, spielt keine Rolle.[44] Mithin scheidet die Anfechtung nach § 136 aus, wenn die Rückzahlung infolge der Ausübung eines gesetzlichen (ordentlichen oder außerordentlichen) Kündigungsrechts erfolgt. Gleiches gilt aber, wenn die Kündigungsmöglichkeit oder der Rückzahlungsanspruch im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist; denn den Gesellschaftsvertrag haben die Gläubiger – so wie von den Parteien vereinbart – hinzunehmen. Erhält daher der Stille beispielsweise eine Sicherung aufgrund einer bei Eingehung der Einlageverpflichtung getroffenen Abrede, so besteht kein Anfechtungsrecht, und zwar selbst dann nicht, wenn die Abrede während des letzten Jahres vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen wurde.[45]

 

Rn 16

Dagegen fallen unter den Begriff Vereinbarung i. S. d. § 136[46] eine Auflösungsvereinbarung, in der die Parteien die Auflösung der – auf unbestimmte Zeit – geschlossenen stillen Gesellschaft beschließen, die Gewährung eines Titels i. S. d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 und 5 ZPO, aus der der Stille die Zwangsvollstreckung betreibt, die nachträgliche Vereinbarung eines (vorzeitigen) Kündigungsrechts oder die Vereinbarung über die Rückgewähr oder den Erlass bei gleichzeitiger Fortführung der Gesellschaft. Dem steht der Fall gleich, dass der Geschäftsinhaber eine an sich unzulässige Kündigung des Stillen als wirksam behandelt bzw. duldet.[47]

 

Rn 17

Weitere Voraussetzung ist, dass die Rückgewähr bzw. der Erlass tatsächlich auf der Vereinbarung beruhen muss. Dies ist nicht der Fall, wenn der Stille, statt eine Auflösungsvereinbarung zu schließen, die Mittel infolge eines ihm zustehenden Kündigungsrechts hätte abziehen können.[48] Das einem Stillen (zumindest im Gesellschaftsvertrag) eingeräumte Kündigungsrecht kann mithin auch ohne ausdrückliche Berufung hierauf ausgeübt werden. Voraussetzung ist freilich, dass die Auflösungsvereinbarung lediglich konkretisiert, was der Stille auch ohne die Vereinbarung infolge der Kündigungsregelung erreichen könnte.

[43] OLG München NZI 2000, 180; OLG Hamm NZI 1999, 271 (273); OLG Oldenburg NZI 1999, 897; Uhlenbruck-Hirte, § 136 Rn. 9.
[44] BGH NJW 1971, 375 (377); OLG München NZI 2000, 180; OLG Celle NZG 2000, 85 (86 f.); HK-Thole, § 136 Rn. 7; MünchKomm HGB-K. Schmidt, Anhang § 236 Rn. 18.
[45] RGZ 84, 434 (438); OLG Oldenburg NZG 1999, 897; Uhlenbruck-Hirte, § 136 Rn. 6 und 8; MünchKomm-Gehrlein, § 136 Rn. 9; MünchKomm HGB-K. Schmidt, Anhang § 236 Rn. 18.
[46] Siehe hierzu MünchKomm-Gehrlein, § 136 Rn. 9 ff.; Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 136 Rn. 4; HK-Thole, § 136 Rn. 7; Uhlenbruck-Hirte, § 136 Rn. 7.
[47] Kübler/Prütting/Bork-Preuß, § 136 Rn. 5.
[48] Siehe BGH DStR 2001, 266 (267 f.); OLG München NZI 2000, 180 f.; OLG Celle NZI 2000, 85 (87); Uhlenbruck-Hirte, § 136 Rn. 9; HK-Thole, § 136 Rn. 7.

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