Rn 9

§ 105 ist demnach nicht lediglich als eine Ausnahmebestimmung zu § 103 für Sukzessiv- Lieferungsverträge zu verstehen, sondern als Ausdruck eines Grundprinzips der §§ 103 ff., so dass eine extensive Auslegung des Begriffs der Teilbarkeit von Leistungen geboten ist bzw. eine analoge Anwendung des § 105 auf Dauerschuldverhältnisse angezeigt ist, die nicht unter § 108 fallen.

 

Rn 10

Eine unterschiedliche Behandlung von Dauerschuldverhältnissen, deren Bestand durch die Verfahrenseröffnung nicht beeinflusst wird, da es sich um einen Miet- oder Pachtvertrag über eine Immobilie oder ein Dienstverhältnis handelt, und solchen Überlassungsverträgen, die eine bewegliche Sache oder ein Recht zum Vertragsgegenstand haben, ist nicht gerechtfertigt.

 

Rn 11

Die Rechtsprechung des BGH[8] erlaubt vielmehr eine unmittelbare bzw. analoge Anwendung des § 105 auch auf solche Dauerschuldverhältnisse, die dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters unterliegen.

Werden die Leistungspflichten aufgrund der Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters neu begründet, betrifft dies nicht Forderungen des anderen Teils, die sich auf Lieferungen oder Überlassungen aus dem Zeitraum vor Verfahrenseröffnung beziehen.

 

Rn 12

Nur unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 kommt eine Qualifizierung solcher Verbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten in Betracht, im Übrigen sind Forderungen aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung grundsätzlich Insolvenzforderungen.[9]

 

Rn 13

Aufgrund der Qualifizierung der Ansprüche auf Gegenleistung für vor Verfahrenseröffnung erbrachte Teilleistungen als Insolvenzforderungen scheidet eine Aufrechnung im Falle der Gleichartigkeit mit nach Verfahrenseröffnung entstehenden Forderungen aus, Satz 2 negiert auch ein Rückforderungsrecht und damit ein Zurückbehaltungsrecht wegen derjenigen Gegenleistungsansprüche, die sich auf die bereits vor Verfahrenseröffnung erbrachten Teilleistungen beziehen.

[8] BGH ZIP 1997, 688 [BGH 27.02.1997 - IX ZR 5/96].
[9] Ebenso für eine ausdehnende Anwendung des § 105 Tintelnot, ZIP 1995, 616 (619); Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 405 (424) Rn. 34–37.

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