Gesetzestext

 

(1) 1Der Verfahrenskoordinator hat Anspruch auf Vergütung für seine Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. 2Der Regelsatz der Vergütung wird nach dem Wert der zusammengefassten Insolvenzmassen der in das Koordinationsverfahren einbezogenen Verfahren über gruppenangehörige Schuldner berechnet. 3Dem Umfang und der Schwierigkeit der Koordinationsaufgabe wird durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. 4Die §§ 64 und 65 gelten entsprechend.

(2) Die Vergütung des Verfahrenskoordinators ist anteilig aus den Insolvenzmassen der gruppenangehörigen Schuldner zu berichtigen, wobei im Zweifel das Verhältnis des Werts der einzelnen Massen zueinander maßgebend ist.

1. Normzweck

 

Rn 1

§ 269g regelt die Grundlagen für die Bestimmung und Festlegung der Vergütung und Auslagen des Verfahrenskoordinators sowie die Grundlagen für die Verteilung dieser Kosten auf die einzelnen Massen.

 

Rn 2

§ 269g Abs. 1 Satz 1, wonach der Verfahrenskoordinator einen Anspruch auf die Vergütung seiner Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen hat, ist rein deklaratorisch, weil dies ohnehin über die Verweisung von § 269f Abs. 3 auf § 63 gilt.

2. Vergütungsanspruch und Anspruch auf Ersatz angemessener Auslagen

 

Rn 3

Bemessungsgrundlage für den Regelsatz des Vergütungsanspruchs sind die zusammengefassten Massen der in das Koordinationsverfahren einbezogenen Verfahren.[1] Dabei sind alle Verfahren zu berücksichtigen, über deren Vermögen während des Koordinationsverfahrens ein Insolvenzverfahren anhängig ist und auf die sich die vom Verfahrenskoordinator vorgeschlagenen Koordinationsmaßnahmen beziehen. Die Massen der einbezogenen Unternehmen sind dabei zusammenzurechnen. Bei der Berechnung sollen nach Ansicht des Gesetzgebers Forderungen zwischen den gruppenangehörigen Unternehmen nicht mit eingerechnet werden. In der Gesetzesbegründung wird zwar davon ausgegangen, dass der Umgang mit Intragruppenforderungen zur Kernaufgabe des Verfahrenskoordinators gehört. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe soll aber durch eine Berücksichtigung im Rahmen der Bemessung von Zu- und Abschlägen zum Regelsatz berücksichtigt werden.[2] Dies kann nicht überzeugen, da die Aufarbeitung von Intercompany-Forderungen im Vergleich zu Forderungen gegen "normale" Gläubiger häufig enormen Arbeitsaufwand erfordert. Insbesondere in Fällen von "Cash-Pooling" und ähnlichen Verflechtungen ist eine Aufarbeitung äußerst kompliziert und umfangreich. Deshalb sollten diese Forderungen gerade bei der Berechnung der zusammengefassten Massen und der Einzelmassen mit einbezogen werden.

 

Rn 4

Die ermittelte Regelvergütung wird angesichts der Zusammenfassung diverser Insolvenzmassen als Berechnungsgrundlage im Vergleich zur Vergütung des einzelnen Insolvenzverwalters wesentlich höher ausfallen. Da der Aufgabenbereich im Vergleich zu einem Insolvenzverwalter im Normalfall reduziert ist und damit auch ein reduziertes Haftungsrisiko einhergeht, kann und sollte von der Abschlagsmöglichkeit des § 269g Abs. 1 S. 3[3] Gebrauch gemacht werden.[4] Erhöhungstatbestände[5] können zwar nach § 269g Abs. 1 S. 3 berücksichtigt werden, aufgrund der hohen Berechnungsgrundlage sollten diese aber sehr restriktiv gehandhabt werden.

 

Rn 5

Auf die Erstattung von Auslagen findet über die Verweisung in § 269g Abs. 1 Satz 4 InsO und über § 65 InsO § 8 InsVV Anwendung. Eine Begrenzung der Auslagenpauschale nach § 8 Abs. 3 InsVV ähnlich der für Sachwalter geltenden Regelung des § 12 Abs. 3 InsVV existiert dabei nicht.

[1] BT-Drs. 18/407, S. 38.
[2] BT-Drs. 18/407, S. 38.
[3] Eine Anwendung von § 3 Abs. 2 InsVV erscheint insoweit nicht notwendig, weil die Abschläge schon nach dieser Vorschrift vorgenommen werden können.
[4] Gräber, NZI 2018, 385 (386); ders., NZI 2021, 370 (376).
[5] Beispiele für mögliche Erhöhungstatbestände MünchKomm/Brünkmans, § 269f Rn. 11.

3. Anteilige Verteilung

 

Rn 6

Die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen sind auf die einzelnen Massen aufzuteilen. Dabei sind sie im Zweifel anteilig aus den entsprechenden Massen zu berichtigen. Die Anteile werden dabei nicht unabhängig von der Größe des jeweiligen Verfahrens berechnet, sondern unter Berücksichtigung des Umfanges der Massen der Einzelverfahren. Nur so kann verhindert werden, dass einzelne kleine Massen mit erheblichen Kosten belastet werden, die für eine große Masse der Einzelverfahren im Verhältnis nur gering wiegen.

 

Rn 7

Die Zweifelsregelung, dass die Berechnung nach dem Verhältnis des Werts der einzelnen Massen zueinander maßgebend ist, sollte nicht gelten, wenn ein Verfahren offensichtlich nicht vom Koordinationsverfahren profitiert hat oder wenn ein Verfahren oder einige wenige Verfahren allein vom Koordinationsverfahren profitiert haben.[6] Sollten die einzelnen Verfahren in unterschiedlichem Maße Nutznießer sein, sollte dies angemessen berücksichtigt werden und eine andere Regelung gefunden werden.

 

Rn 8

Sollen die einzelnen Insolvenzverfahren nicht gleichzeitig aufgehoben werden (was bei Konzerninsolvenzen der Regelfall sein wird), stellt sich die Frage, welchen Anteil an der Vergütung des Verfahrenskoordinators die vorzeitig beende...

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