Entscheidungsstichwort (Thema)

Stadtwerke Torgau GmbH. Behinderungsmissbrauch bei der Erhebung von Konzessionsabgaben

 

Tenor

1. Die von der Beteiligten mit Schreiben an die Beschlussabteilung vom 3. September 2009 angebotenen Verpflichtungszusagen sind bindend.

2. Das Verfahren gegen die Beteiligte wird nach Maßgabe des § 32 b Abs. 1 Satz 2 GWB eingestellt.

3. Die Gebühr für das Verfahren einschließlich der Entscheidung beträgt EUR […].

 

Tatbestand

I.

Rz. 1.

Die Beteiligte ist im Bereich der Gas- und Stromverteilung und -versorgung tätig. Weiter liefert sie Fernwärme und bietet City-Dienste (Grünanlagen, Straßenreinigung und Winterdienst) an. Die Beteiligte hat zwei Tochterunternehmen, die Torgauer Tourismus und Bäder GmbH sowie den Torgau-Informations-Center (TIC). Sie ist Gas-Grundversorger in Torgau, einer Stadt in Sachsen mit ca. 20.000 Einwohnern. Seit Januar 2004 ist die Beteiligte Eigentümerin und Betreiberin des örtlichen Gasversorgungsnetzes. Sie versorgt ca. 3.232 Kunden in Torgau. Ihre Alleineigentümerin ist die Stadt Torgau.

Rz. 2.

Für die Durchleitung von Gas an Kunden innerhalb ihres Netzgebietes rechnet die Beteiligte dem Durchleitungsentgelt Konzessionsabgaben hinzu. Dieses zusätzliche Entgelt bemisst sich in Abhängigkeit von der jährlichen Abnahmemenge des zu beliefernden Kunden. Bis zu einer Grenze von 1.000.000 kWh wurden Drittlieferanten die für Tarifkunden fälligen Konzessionsabgaben berechnet (0,51 Cent/kWh bei Kochgaskunden, 0,22 Cent/kWh bei sogenannten Heizgaskunden). Bei Kunden, welche die Mengengrenze von 1.000.000 kWh überschritten hätten, wäre nur die für Sondervertragskunden geltende Konzessionsabgabe in Höhe von 0,03 Cent/kWh fakturiert worden.

Rz. 3.

Zwar rechnete die Beteiligte im Jahre 2008 für Kunden innerhalb ihres Netzgebietes, die von unabhängigen Gaslieferanten für die Durchleitung von Gas bezogen, lediglich die Konzessionsabgabe für Sondervertragskunden in Höhe von 0,03 Cent/kWh ab. Sie behielt sich jedoch nach Ihrer E-Mail vom 4. Februar 2009 wegen der nicht eindeutigen Rechtslage ausdrücklich eine höhere Abrechnung vor.

Rz. 4.

In den Jahren 2005 und 2006 lieferte allein die Beteiligte Gas an Letztverbraucher in das Netzgebiet Stadt Torgau. Ausweislich der Rechnungsstellung 2005 wurden insgesamt Konzessionsabgaben in Höhe von EUR […] fakturiert. Ausweislich der Rechnungsstellung 2006 wurden insgesamt Konzessionsabgaben in Höhe von EUR […] fakturiert.

Rz. 5.

Im Zeitraum des Jahres 2007 lieferte die Beteiligte sowie ein weiterer, von der Beteiligten unabhängiger Gasanbieter (E WIE EINFACH) Gas an Letztverbraucher in das Netzgebiet Stadt Torgau. Ausweislich der Rechnungsstellung 2007 wurden insgesamt Konzessionsabgaben in Höhe von EUR […] fakturiert. Hiervon entfielen auf die Lieferungen der Beteiligten nach Rechnungen EUR […]. Bei der Belieferung von Heizgaskunden erzielte die Beteiligte 2007 in ihrem Netzgebiet nach ihren Konzessionsabgabenabrechnungen einen Marktanteil von [95-100] % und bei Kochgaskunden von [95-100] %, jeweils bezogen auf die gelieferte Energiemenge in kWh.

Rz. 6.

Im Zeitraum des Jahres 2008 lieferten die Beteiligte sowie drei weitere, von dieser unabhängige Gasanbieter (E WIE EINFACH, WEMAG, Lichtblick) Gas an Letztverbraucher in das Netzgebiet Stadt Torgau. Ausweislich der Rechnungsstellung 2008 wurden insgesamt Konzessionsabgaben in Höhe von EUR […] fakturiert. Hiervon entfielen auf Lieferungen der Beteiligten EUR […]. Die Beteiligte hat hinsichtlich der Kunden von unabhängigen Gasanbietern keine Zuordnung zu Koch- bzw. Heizgaskunden vorgenommen. Fasst man diese beiden Kategorien zusammen, erreichte die Beteiligte einen Marktanteil von [95-100] % bezogen auf die gelieferte Energiemenge in kWh.

Rz. 7.

Auf Eingabe der Firma Lichtblick hat die 10. Beschlussabteilung auf der Grundlage von § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB ein Verfahren gegen die Beteiligte wegen des Verdachts des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch die Erhebung überhöhter Konzessionsabgaben von Drittlieferanten eingeleitet.

Rz. 8.

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 beantragte die Beschlussabteilung vorsorglich die Abgabe der Sache bei der Landeskartellbehörde Sachsen. Dem Antrag gab die Landeskartellbehörde Sachsen mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 und vom 9. Januar 2009 statt.

Rz. 9.

Das Bundeskartellamt richtete mit Schreiben vom 5. Januar 2009 ein Auskunftsersuchen an die Beteiligte und setzte Frist zur Beantwortung der Fragen und Übermittlung der Daten bis 31. Januar 2009. Mit E-Mail vom 15. Januar 2009 sagte die Beteiligte die fristgerechte Übermittlung der Informationen zu. Die Beteiligte übermittelte die angeforderten Daten und Unterlagen fristgerecht mit E-Mail vom 29. Januar 2009. Mit E-Mail vom 30. Januar 2009 korrigierte die Beteiligte einzelne versehentlich unvollständige Angaben.

Rz. 10.

Mit Schreiben vom 14. Juli 2009 (im Folgenden „Abmahnung”) unterrichtete das Bundeskartellamt die Stadt Torgau als Alleineigentümerin der Beteiligten und originäre Gläubigerin der von der B...

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