Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung eines Zusammenschlusses

 

Tenor

1.Der mit Schreiben vom 16. April 2003 angemeldete Zusammenschluss wird nicht untersagt.

2.Die Gebühr für die Anmeldung wird auf

[…] Euro

(in Worten: […])

festgesetzt und der Beteiligten zu 1. auferlegt.

 

Gründe

1. Mit Schreiben vom 16. April 2003, am selben Tage eingegangen beim Bundeskartellamt, hat der Verfahrensbevollmächtigte der Novartis AG, Basel, Schweiz, […], angemeldet, dass die Novartis AG ihre Beteiligung an der Roche Holding AG von bisher 21,3 % der stimmberechtigten Aktien auf 33,21 % aufgestockt hat. Eine Anmeldung von Seiten der Roche Holding AG liegt nicht vor.

2. Mit Schreiben vom 6. Mai 2003 wurde dem anmeldenden Unternehmen mitgeteilt, dass das Bundeskartellamt in die Prüfung des Zusammenschlusses (Hauptprüfverfahren) eingetreten ist (Mitteilung nach § 40 Abs. 1 GWB). Nach Prüfung der Anmeldung hat das Bundeskartellamt festgestellt, dass das angemeldete Vorhaben in den Geltungsbereich des Gesetzes fällt (§ 35 GWB), jedoch die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung nicht erwarten lässt.

I. DIE BETEILIGTEN UNTERNEHMEN UND DER ZUSAMMENSCHLUSS

3. Die Novartis AG (nachfolgend: Novartis) ist ein weltweit tätiger Konzern mit den Unternehmensbereichen Pharma und Consumer Health. Der Unternehmensbereich Pharma entwickelt, produziert und vertreibt verschreibungspflichtige Arzneimittel. Auf diesen Bereich entfielen 65 % des Konzernumsatzes. Im Unternehmensbereich Consumer Health sind die Geschäftsbereiche Generika, Tierarzneimittel, OTC-Arzneimittel, Medical Nutrition, Säuglings- und Kindernahrung und Ciba Vision (Kontaktlinsen und Pflegemittel) zusammengefasst.

Die Umsatzerlöse im Jahr 2002 betrugen 22,09 Mrd. Euro weltweit, 6,01 Mrd. Euro innerhalb der EU und 1,22 Mrd. Euro in Deutschland.

4. Die Roche Holding AG (nachfolgend: Roche), Konzernobergesellschaft des Roche-Konzerns, ist in die Divisionen Pharma, Diagnostics, Vitamine und Feinchemikalien […] aufgeteilt. Die gesamte Divison Vitamine und Feinchemikalien soll an DSM veräußert werden. Das Zusammenschlussvorhaben ist von der Kommission bereits mit Auflagen freigegeben. Der Unternehmensbereich Pharma entwickelt, produziert und vertreibt verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Die Umsatzerlöse des Konzerns im Jahr 2002 betrugen 20,25 Mrd. Euro weltweit, [] Mrd. Euro in Europa und [] Mrd. Euro in Deutschland.

5. Roche hat insgesamt 160.000.000 Aktien ausgegeben, die jeweils mit einer Stimme versehen sind. 50,01 % dieser Aktien besitzt eine bis zum Jahr 2009 stimmrechtsgebundene Aktionärsgruppe, die im Wesentlichen aus den Nachkommen der Unternehmensgründer besteht. Die Beteiligung von Novartis betrug ursprünglich 21,3 % der stimmberechtigten Aktien. Diese Beteiligung hat Novartis in der Zeit von Juni 2001 bis Januar 2003 durch Käufe über die Börse auf 33,21 % aufgestockt.

Neben den stimmberechtigten Aktien hat die Roche Holding AG Genussscheine ausgegeben, die kein Stimmrecht gewähren. Betrachtet man diese Genusscheine als Eigenkapital, so hält Novartis, berechnet auf den Wert der eintauschbaren Aktien, die jedem Genussschein gegenüberstehen, lediglich eine Kapitalbeteiligung in Höhe von 6,2 %.

II. VERFAHREN

6. Das Schreiben der Novartis vom 16. April 2003 enthielt lediglich Angaben zu Marktanteilen auf den Märkten, bei denen Überschneidungen zwischen den beteiligten Unternehmen bestehen. Nach § 39 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 GWB sind jedoch für jedes beteiligte Unternehmen Angaben erforderlich zu allen Märkten, auf denen die Beteiligten zusammen 20 % der Marktanteile erreichen. Gemeinsame Marktanteile von zusammen 20 % liegen aber auch dann vor, wenn nur einer der Beteiligten 20 % der Marktanteile auf einem Markt erreicht. Angaben hierzu waren im Schreiben vom 16. April 2003 nicht enthalten. Erst mit Schreiben vom 30. April 2003 wurden diese Angaben nachgereicht.

7. Mit Schreiben vom 6. Mai 2003 hat das Bundeskartellamt den Anmeldern mitgeteilt, dass es in das Hauptprüfverfahren (§ 40 Abs. 1 GWB) eingetreten ist (§ 40 Abs. 1 GWB). Die Frist des § 40 Abs. 2 Satz 2 GWB läuft am 1. September 2003 ab.

III. ANWENDUNGSBEREICH DES GWB

8. Die Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle finden Anwendung, da im letzten Jahr vor dem Zusammenschluss die Umsatzschwellen des § 35 Abs. 1 GWB erfüllt waren. Dabei kann dahinstehen, zu welchem Zeitpunkt die Schwelle von 25 % der stimmrechtsberechtigten Aktien erreicht war.

9. Eine ausschließliche Zuständigkeit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften ist nicht gegeben, da nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (FKVO) mangels Kontrollerwerb im Sinne des Art 3 FKVO kein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung vorliegt (Art 1 FKVO, § 35 Abs. 3 GWB).

10. Der Anteilserwerb erfüllt den Zusammenschlusstatbestand des § 37 Abs. 1 Nr. 3 b) GWB. Es genügt hier, dass die Anteile mehr als 25 % der Stimmrechte des erworbenen Un...

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