Leitsatz

Eine vom Bauträger in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Erwerbsvertrags verwendete Klausel, die die nach Entstehen der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft und Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums vertragschließenden Erwerber ("Nachzügler") an eine durch frühere Erwerber bereits erfolgte Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentum bindet, ist wegen mittelbarer Verkürzung der Verjährung gemäß § 309 Nr. 8 b) ff) BGB unwirksam.

 

Normenkette

§§ 242, 309 Nr. 8 b ff), 637 Abs. 3 BGB

 

Das Problem

  1. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von Bauträger B Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln des gemeinschaftlichen Eigentums. Das gemeinschaftliche Eigentum wurde im Dezember 2004 abgenommen.
  2. Im November 2006 erwirbt Wohnungseigentümer N ein noch im Eigentum des B stehendes Wohnungseigentumsrecht. Im Erwerbsvertrag heißt es: "Die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums ist bereits erfolgt. Der Verkauf gilt nach Maßgabe dieser Abnahme als vereinbart." Zum Wohnungseigentumsrecht gehört eine bislang ungenutzte "Penthousewohnung". Diese baut B nach N's Wünschen aus und um. Im Dezember 2006 nimmt N die Sonderwunscharbeiten ab.
  3. Im Jahr 2012 erhebt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach "Abtretung" der Ansprüche durch N Klage. B wendet Verjährung ein.
 

Die Entscheidung

  1. B könne sich nicht auf Verjährung berufen. B's Haftung für die Baumängel richte sich nach Werkvertragsrecht. Der Erwerbsvertrag enthalte eine Herstellungsverpflichtung, die ihm insgesamt das Gepräge eines Werkvertrags verleihe.
  2. Die Abnahmeregelung sei von B vorformuliert und sei wegen mittelbarer Verkürzung der Verjährung gemäß § 309 Nr. 8 b) ff) BGB unwirksam.

    § 309 BGB. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit

    Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

    8. (Sonstige Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzung)
    b) (Mängel)

    eine Bestimmung, durch die bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen

    ff) (Erleichterung der Verjährung)

    die Verjährung von Ansprüchen gegen den Verwender wegen eines Mangels in den Fällen des § 438 Abs. 1 Nr. 2 und des § 634a Abs. 1 Nr. 2 erleichtert oder in den sonstigen Fällen eine weniger als ein Jahr betragende Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn erreicht wird;

    Die Abnahmeregelung führe zu einer Vorverlagerung des Verjährungsbeginns auf einen Zeitpunkt, zu dem N das Wohnungseigentumsrecht weder erworben noch übergeben bekommen hatte. Eine Abnahme durch Ingebrauchnahme und anschließende Nutzung liege nicht vor. Für ein Erklärungsbewusstsein für eine konkludente Abnahme habe B nichts vorgetragen.

  3. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer könne auch vor Abnahme Vorschuss verlangen. Dem Bauträger sei es als Verwender der von ihm gestellten unwirksamen Formularklausel jedenfalls nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Vertrag sich noch im Erfüllungsstadium befinde und deshalb ein Anspruch aus § 637 Abs. 3 BGB nicht bestehe.
 

Kommentar

Anmerkung

Die Entscheidung stellt nach Ansicht von Vogel, IMR 2016, S. 211 klar, dass jedenfalls dann, wenn die Abnahmewirkungen aufgrund einer unwirksamen, vom Bauträger vorformuliert gestellten Abnahmeklausel nicht eingetreten sind, die Erwerber uneingeschränkt Mängelrechte geltend machen können.

Was ist für den Verwalter wichtig?

In vielen Bauträgerverträgen ist vorgesehen, dass der Verwalter in Bezug auf die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums Aufgaben treffen sollen – bis hin zur Erklärung der Abnahme. Bei diesen Aufgaben sollte jeder Verwalter skeptisch sein. Ihn trifft zwar die Pflicht, die Wohnungseigentümer über Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums zu informieren. Notfalls muss er dazu sogar in Eilfällen Schritte gegen den Bauträger unternehmen. In Bezug auf die Abnahme sollte der Verwalter den Wohnungseigentümern zurzeit aber erklären, dass diese jeder für sich selbst abgeben müsse.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 25.2.2016, VII ZR 49/15

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