Leitsatz (amtlich)

1. Haben in einer Gesellschafterversammlung vom Stimmrecht ausgeschlossene Personen gegen einen Antrag gestimmt und wäre bei Gültigkeit ihrer Stimmen der Antrag abgelehnt worden, so kann auf eine Klage des Antragstellers das Zustandekommen eines dem Antrag stattgebenden Beschlusses jedenfalls dann festgestellt werden, wenn der Versammlungsleiter mit Rücksicht auf den Widerspruch dieses Gesellschafters von der Verkündung eines bestimmten Beschlußergebnisses abgesehen hat (Ergänzung zu BGHZ 51, 209).

2. In einem solchen Fall kann die Gesellschaft dem Feststellungsverlangen des Antragstellers nicht entgegenhalten, der gefaßte Beschluß sei anfechtbar.

 

Tatbestand

Der Kläger ist an der beklagten GmbH mit 10% beteiligt. Mehrheitsgesellschafterin mit einer Beteiligung von 90% ist Frau F., die bis Ende 1974 auch Geschäftsführerin war. Am 18. Januar 1975 beschloß die Gesellschafterversammlung mit der Stimme von Frau F. gegen die des Klägers die Auflösung der Beklagten. Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hatte in der Revisionsinstanz Erfolg (Urt d Sen v 28.1.80 – II ZR 124/78).

Bald nach dem Beschluß vom 16. Januar 1975 veräußerte der Liquidator der Beklagten das Anlagevermögen und Umlaufvermögen der Beklagten zum größten Teil an die von Frau F. und deren Mutter am 20. Dezember 1974 neu gegründete H.-GmbH. Mit Schreiben vom 16. Oktober 1976 an den Liquidator der Beklagten beantragte der Kläger, eine Reihe von Punkten auf die Tagesordnung der anstehenden Gesellschafterversammlung zu setzen. Sie betrafen unter anderem die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen gegen Frau F. und die H.-GmbH wegen Zahlung der Restkaufpreisforderung, wegen sittenwidriger Schädigung der Beklagten im Zusammenwirken mit dem Liquidator durch unentgeltliche Überlassung von Konstruktionszeichnungen, wegen Benutzung der Firma „Hy.” und wegen Schädigung der Beklagten im Zusammenwirken mit dem Liquidator durch Veräußerung des Betriebsvermögens in einzelnen Teilen statt im ganzen. In der vom Liquidator M. geleiteten Gesellschafterversammlung vom 25. Oktober 1976 stimmte für die dementsprechend gestellten Anträge der Kläger, gegen sie Frau F.. Diese übte ihr Stimmrecht gegen den Widerspruch des Bevollmächtigten des Klägers aus, der auf das Stimmverbot des § 47 Abs 4 GmbHG hingewiesen hatte. Die Versammlungsniederschrift gibt das Stimmenverhältnis wieder, stellt aber nicht ausdrücklich fest, welche Beschlüsse gefaßt und welche abgelehnt worden sind. Sie enthält am Ende folgenden Vermerk:

„Es besteht Übereinstimmung darüber, daß die Frage, ob die Beschlüsse, weil mit der Stimme von Frau F. zustande gekommen, wirksam sind, nicht von Herrn M. zu entscheiden sei”.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, Frau F. habe bei allen Abstimmungen über seine Anträge auf gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegen sie und die H.-GmbH nicht mitstimmen dürfen. Deshalb seien die Anträge jeweils mit seiner Stimme angenommen worden. Er hat zuletzt in erster Linie beantragt,

  1. festzustellen, daß in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 25. Oktober 1976 folgende Schlüsse gefaßt worden sind:

    1. Die Schadensersatzansprüche, die der Beklagten gegen die H.-GmbH und gegen Frau F. wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem Liquidator bei der unentgeltlichen Überlassung der gesamten Konstruktionszeichnungen der Beklagten an die H.-GmbH zustehen, sind gerichtlich geltend zu machen;
    2. die Unterlassungsansprüche und Schadensersatzansprüche, die der Beklagten gegen die H.-GmbH wegen der Benutzung der Firma der Beklagten als Warenzeichen zustehen, sind gerichtlich geltend zu machen;
    3. die Schadensersatzansprüche, die der Beklagten gegen die H.-GmbH und gegen Frau F. wegen kollusiven Zusammenwirkens mit dem Liquidator bei der Durchführung der Liquidation im Wege der Teilveräußerung der Vermögenswerte der Beklagten an die H.-GmbH statt durch einen en-bloc-Verkauf an den Meistbietenden zustehen, sind gerichtlich geltend zu machen;
  2. festzustellen, daß die ursprünglichen Klageanträge zu 1a) und 2a) in der Hauptsache erledigt sind; diese Anträge betrafen die gerichtliche Geltendmachung der nach Klageerhebung bezahlten Restkaufpreisforderung gegen die H.-GmbH.

Die Beklagte hat den Antrag gestellt, die Klage einschließlich der vom Kläger für erledigt erklärten Anträge abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, Frau F. sei nach dem Gesellschaftsvertrag stimmberechtigt gewesen. Jedenfalls seien die Anträge des Klägers mit ihrer Stimme abgelehnt worden. Diese ablehnenden Beschlüsse könnte der Kläger allenfalls anfechten, aber nicht eine gegenteilige Beschlußfeststellung erreichen. Zudem liege in der Klage eine unzulässige Rechtsausübung. Denn die vom Kläger gewünschte Prozeßführung sei aussichtslos und nur geeignet, die Gesellschaft und damit vor allem die Mehrheitsgesellschafterin mit unnötigen Kosten zu belasten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers seinen oben zu 1 wiedergegebenen Anträgen stattgegeben, im übrigen die Hauptsache für erledigt erklärt und der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, möchte die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Revision hält die Klage für unzulässig, weil sie auf Feststellung von Tatsachen gerichtet sei. Das ist nicht richtig. Dem Kläger geht es nicht um die Feststellung von Tatsachen, hier also darum, daß er für die von ihm gestellten Anträge und die Mehrheitsgesellschafterin trotz des Hinweises auf das Stimmverbot des § 47 Abs 4 Satz 2 GmbHG gegen sie gestimmt hat, was ohnehin unstreitig ist. Er möchte vielmehr den Sachverhalt rechtlich dahin gewürdigt wissen, daß Beschlüsse entsprechend seinen Anträgen zustande gekommen seien, weil die Stimme von Frau F. nicht zähle. Ziel seiner Klage ist also die Feststellung eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 256 ZPO.

2. Das Berufungsgericht hält vom Standpunkt des Klägers aus, daß Frau F. an einer Stimmabgabe durch § 47 Abs 4 Satz 2 GmbHG gehindert gewesen sei, die Feststellungsklage und nicht die Anfechtung für die richtige Form, das Klageziel zu erreichen. Dem ist zuzustimmen.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann zwar in den Fällen, in denen ein Beschluß der Gesellschafterversammlung beurkundet werden muß, wie namentlich im Aktienrecht (§ 130 AktG) oder bei Satzungsänderungen in der GmbH (§ 53 Abs 2 GmbHG), ein vom Vorsitzenden festgestellter Beschluß nur durch Anfechtung wieder beseitigt werden, wenn von der Abstimmung ausgeschlossene Personen mitgewirkt haben und ohne deren Stimmen der Beschluß anders ausgefallen wäre (BGHZ 14, 25, 36). Ist dagegen, wie bei gewöhnlichen Gesellschafterbeschlüssen in der GmbH, eine Protokollierung ebenso entbehrlich wie die Leitung der Versammlung durch einen Vorsitzenden, so kommt es, auch wenn ein Versammlungsleiter einen bestimmten Beschluß verkündet hat, auf das rechtlich zutreffende Beschlußergebnis, dh darauf an, was unabhängig von der Meinung des Vorsitzenden herauskommt, wenn nur die gültig abgegebenen Stimmen gezählt werden. Ist hiernach die gesetzlich vorgeschriebene Mehrheit für die Annahme eines Antrags nicht erreicht, so fehlt es an einem zustimmenden Beschluß, wie durch eine Feststellungsklage geklärt werden muß (BGHZ 51, 209, 211ff).

Diese Rechtsprechung ist zum letzten Punkt vor allem mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit im Schrifttum auf Widerspruch gestoßen (vgl Schilling/Zutt in Hachenburg, GmbHG 7. Aufl Anh § 47 RdNr 37; Schilling, ebenda § 48 RdNr 15, 16; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 6. Aufl § 47 Anm 151, § 48 Anm 53 mwN). Der vorliegende Sachverhalt nötigt nicht zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit dieser Kritik. Denn hier liegt eine Beschlußfeststellung im Rechtssinne überhaupt nicht vor; der Vermerk des Vorsitzenden in der Sitzungsniederschrift, es bestehe Übereinstimmung darüber, daß die Frage, ob „die Beschlüsse, weil mit der Stimme von Frau F. zustande gekommen, wirksam sind”, nicht vom Versammlungsleiter zu entscheiden sei, enthält vielmehr ungeachtet seiner mißverständlichen Fassung keine solche Feststellung, sondern läßt gerade erkennen, daß der Vorsitzende bewußt davon abgesehen hat, über das tatsächliche Abstimmungsverhältnis hinaus auch das rechtliche Beschlußergebnis zu verkünden, dh bekanntzugeben, ob die gestellten Anträge angenommen oder abgelehnt worden seien (vgl zur AG: Zöllner in Köln Komm z AktG § 130 Anm 39, § 133 Anm 95 mwN). Jedenfalls für diesen Fall hält der Senat an seiner in BGHZ 51, 209 niedergelegten Auffassung fest. Denn bei einer solchen Sachlage ist nichts vorhanden, wogegen sich eine Anfechtungsklage des Klägers richten könnte, da er gerade die Ansicht vertritt, die Gesellschafterversammlung habe wirksam im Sinne der von ihm gestellten Anträge beschlossen. Die Tatsache allein, daß Frau F. das ihr grundsätzlich zu 90% zustehende Stimmrecht gegen den Widerspruch des Klägers ausgeübt und gegen seine Anträge gestimmt hat, besagt noch nicht, daß mit ihrer Stimme ein ablehnender Beschluß zustande gekommen ist. Die Frage, ob dies der Fall ist oder nicht, erfordert eine rechtliche Beurteilung, zu der nur noch das Gericht mit verbindlicher Wirkung in der Lage ist, nachdem der Versammlungsleiter sie abgelehnt hat und die Parteien sich nicht über das Beschlußergebnis einigen konnten. Insofern sind die von der Revision vermerkten Ausführungen des Berufungsgerichts über die mit der Stimme von Frau F. „gefaßten ablehnenden Beschlüsse” (BU S 22) ungenau, was sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt hat.

b) Damit erweist sich eine Klage nach § 256 ZPO als der richtige Weg, eine verbindliche Feststellung des Beschlußergebnisses herbeizuführen. Im Unterschied zu dem in BGHZ 51, 209 behandelten Fall geht es hier zwar nicht um die Feststellung eines negativen Beschlußergebnisses (wegen Stimmengleichheit bei Wegfall einer unwirksam abgegebenen Stimme), sondern um die eines positiven (antragsgemäßen) Beschlusses. Das ändert aber nichts daran, daß die Streitfrage, was die Gesellschafter nach der Rechtslage wirklich beschlossen haben, in Ermangelung eines sonstigen Anknüpfungspunktes (nur) durch ein Feststellungsurteil nach § 256 ZPO zu klären ist (R. Fischer, Anm zu LM GmbHG § 53 Nr 1 aE; Baumbach/Hueck, GmbHG 13. Aufl Anh § 47 Anm 3 A; für die zweigliedrige GmbH auch Zöllner, Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963 S 395f zu Fn 10; aM Schilling/Zutt aaO Anh § 47 RdNr 152: Anfechtung des zahlenmäßigen Ergebnisses unter Berücksichtigung aller abgegebenen Stimmen). Damit wird nicht die umstrittene Frage entschieden, inwieweit eine Anfechtungsklage mit einer Klage auf Feststellung des rechtlich einwandfreien Beschlußergebnisses verbunden werden kann (vgl hierzu einerseits R. Fischer aaO; andererseits Schilling/Zutt aaO Anh § 47 RdNr 152; Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Anm 69, 117, § 47 Anm 152, § 48 Anm 53 mwN). Denn es handelt sich hier nicht um eine Anfechtungsklage, sondern um eine Klage auf Feststellung, was überhaupt beschlossen worden ist.

Ebenso kann offenbleiben, wie in einem Fall wie dem vorliegenden ein Gesellschafter, der gegenüber dem Beschluß, der gemäß § 256 ZPO festgestellt werden soll, seinerseits Anfechtungsgründe zu haben meint, diese Gründe geltend machen kann (vgl hierzu Zöllner, Stimmrechtsmacht S 411ff). In der Gesellschafterversammlung vom 25. Oktober 1976 hat der Bevollmächtigte des Klägers Frau F. deutlich auf die gegen ihre Stimmabgabe bestehenden Bedenken und die daraus folgende Möglichkeit hingewiesen, daß Beschlüsse nach dem Antrag des Klägers zustande gekommen sein könnten; sie konnte sich daher beizeiten auf diese Rechtslage und die Notwendigkeit einstellen, fristgerecht (vgl hierzu BGHZ 11, 222, 240; Scholz/K. Schmidt § 45 Anm 87 mwN) etwaige Anfechtungsgründe ins Feld führen. Ob dies schon alsbald nach der Beschlußfassung zu geschehen hatte, ob Frau F. sich hierzu an dem anhängigen Feststellungsprozeß als Streithelferin beteiligen mußte (so Zöllner, Stimmrechtsmacht S 413ff) oder ob sie den rechtskräftigen Ausgang dieses Verfahrens abwarten konnte, darüber hat der Senat hier nicht zu befinden. Tatsächlich hat Frau F. nach dem Vorbringen der Revision inzwischen Anfechtungsklage erhoben.

3. Frau F. durfte über die Anträge des Klägers zu beschließen, daß die Beklagte eine Reihe von Ansprüchen gegen sie und die H.-GmbH gerichtlich geltend machen solle, nach § 47 Abs 4 Satz 2 GmbHG nicht mit abstimmen, weil die Anträge die Einleitung eines Rechtsstreits gegen sie betrafen.

a) § 12 Nr 2a des Gesellschaftsvertrags, wonach die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit die „Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer” beschließen kann, begründet kein solches Stimmrecht entgegen der gesetzlichen Regelung. Das Berufungsgericht hat diese Bestimmung dahin ausgelegt, daß sie mit Rücksicht auf die Beteiligungsverhältnisse in der Gesellschaft eine Anwendung des § 47 Abs 4 GmbHG insoweit ausschließe, als es sich um Ersatzansprüche gegen einen Geschäftsführer wegen seiner in dieser Eigenschaft ausgeübten Tätigkeit handle. Ob diese Auslegung zutrifft und ob Satzungsbestimmungen mit diesem Inhalt überhaupt zulässig sind (verneinend zB Zöllner, Stimmrechtsmacht S 181; ebenso hinsichtlich des „Richtens in eigener Sache” Scholz/K. Schmidt aaO § 47 Anm 159), kann auf sich beruhen. Jedenfalls ist dem Berufungsgericht darin zuzustimmen, daß § 12 Nr 2a der Satzung vom Stimmverbot des § 47 Abs 4 Satz 2 GmbHG dann nicht befreit, wenn es gilt, einen Gesellschafter wegen eines Verhaltens außerhalb der Geschäftsführung haftbar zu machen, wie es hier der Fall ist. Aus guten Gründen schützt das Gesetz die Gesellschaft und Minderheitsgesellschafter gegen die Gefahren, die ihnen drohen würden, wenn ein Gesellschafter die Verfolgung berechtigter Ansprüche gegen ihn aus eigennützigen Gründen mit seiner Stimme vereiteln könnte. Satzungsbestimmungen, die einem Gesellschafter entgegen dem Gesetz eine solche Möglichkeit geben, sind jedenfalls eng auszulegen. Damit verbietet sich eine Auslegung zugunsten der Mehrheitsgesellschafterin, wie sie der Revision vorschwebt.

b) Frau F. durfte daher bei den Beschlüssen, die Gegenstand der Klage sind, insofern nicht mitstimmen, als es sich um die gerichtliche Verfolgung von Ansprüchen gegen sie in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin, sei es wegen Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht, sei es aus unerlaubter Handlung, handelte. Hierbei sind nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts Ansprüche gegen die H.-GmbH einzubeziehen, weil sich die Befangenheit von Frau F. auch auf diese Ansprüche erstreckte (BGHZ 68, 107, 110; Urt d Sen v 29.3.73 – II ZR 139/70, LM GmbHG § 47 Nr 20).

c) Da hiernach die Stimme von Frau F. nicht mitzuzählen ist, sind die Beschlüsse allein mit der Stimme des Klägers zustande gekommen. Der Hinweis der Revision, daß es in der GmbH, anders als in der Aktiengesellschaft (§ 147 AktG), ein Minderheitenrecht auf Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht gebe, liegt neben der Sache; es geht hier nicht um die Wahrnehmung von Minderheitsrechten.

4. Richtig ist schließlich auch die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne dem Feststellungsverlangen des Klägers nicht entgegenhalten, er verstoße mit diesem Verlangen gegen die gesellschaftliche Treuepflicht.

a) Allerdings wäre das Schutzbedürfnis des Klägers zu verneinen, wenn die Beschlüsse, deren Feststellung er verlangt, nichtig wären; die Nichtigkeit könnte jedermann und damit auch die Beklagte einredeweise geltend machen (vgl § 249 Abs 1 Satz 2 AktG). Einen Nichtigkeitsgrund hat die Beklagte jedoch nicht schlüssig vorgetragen. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß die Beschlüsse durch ihren Inhalt gegen die guten Sitten verstießen (§ 241 Nr 4 AktG). In Betracht kommt daher nur ein Anfechtungsgrund im Sinne des § 243 AktG.

b) Zu Unrecht sieht die Revision einen Widerspruch zwischen der Auffassung des Berufungsgerichts, mit der Stimme des insoweit allein stimmberechtigten Klägers seien „rechtswirksame Beschlüsse gefaßt worden” (BU S 23), und der von ihm offengelassenen Möglichkeit, daß die Mehrheitsgesellschafterin die Beschlüsse anfechten könne. Ein anfechtbarer Beschluß ist solange als wirksam zu behandeln, wie er nicht entsprechend § 248 AktG durch rechtskräftiges Urteil für nichtig erklärt worden ist.

c) Nach der zutreffenden Auffassung des Berufungsgerichts ist es in einer GmbH ausschließlich Sache der Gesellschafter zu entscheiden, ob ein mangelhafter Beschluß angefochten werden soll oder nicht. Dem Geschäftsführer steht eine solche Entscheidung, anders als dem Vorstand einer Aktiengesellschaft (§ 245 Nr 4 AktG), nicht zu (teilweise abweichend – jedenfalls für den hier nicht vorliegenden Fall, daß die Beschlußausführung unerlaubt wäre – Scholz/K. Schmidt aaO § 45 Anm 98). Ist der Beschluß unanfechtbar geworden, so muß er ihn ausführen, es sei denn, daß er damit gegen das Gesetz oder die guten Sitten verstieße – was aber regelmäßig zur Nichtigkeit führen wird (vgl § 43 Abs 3 GmbHG, § 241 Nr 3 AktG). Eine andere, hier nicht zu entscheidende Frage ist es, ob der Geschäftsführer einen tatsächlich von einem Gesellschafter angefochtenen Beschluß alsbald ausführen darf oder muß, oder ob er den Ausgang des Anfechtungsprozesses abzuwarten hat.

Bliebe es dem Geschäftsführer überlassen, gegenüber einer Klage, die, wie hier, auf Feststellung des Beschlußergebnisses lautet, Anfechtungsgründe einzuwenden, so würde er damit unerlaubt über das Anfechtungsrecht der Gesellschafter verfügen und deren Entschließung vorgreifen, ob sie die Anfechtungsfrist ungenutzt mit der Folge verstreichen lassen wollen, daß der Beschluß voll wirksam wird. Hinzu kommt, daß ein Urteil, das die (nur) von der Gesellschaft einredeweise geltend gemachte Anfechtbarkeit eines Beschlusses berücksichtigen würde, im Verhältnis der Gesellschafter zueinander nicht die bindende Wirkung des § 248 AktG hätte und deshalb ungeeignet wäre, den Streit über Zustandekommen und Wirksamkeit des Beschlusses endgültig zu bereinigen.

5. In förmlicher Hinsicht beanstandet die Revision schließlich, die vom Berufungsgericht festgestellten Beschlüsse gingen über das hinaus, was der Kläger nach seinem Brief vom 6. Oktober 1976 an den Liquidator beantragt habe; dort sei es lediglich um die gerichtliche Geltendmachung nicht näher bezeichneter, vom Kläger behaupteter Forderungen gegangen, während in der Urteilsformel von Ansprüchen die Rede ist, die der Beklagten „zustehen”. Auch diese Rüge ist unbegründet. Um was für Forderungen es sich handelt, kann nach dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 25. Oktober 1976 nicht zweifelhaft sein. Auch ist bei unbefangener Betrachtung unverkennbar, daß mit dem Wort „zustehen” die Ansprüche lediglich näher bezeichnet werden sollen, aber nicht ihr rechtlicher Bestand unter Vorgriff auf einen etwaigen Schadensersatzprozeß bereits verbindlich festgestellt werden soll und kann.

6. Die Feststellung, was in der Versammlung vom 25. Oktober 1976 beschlossen worden ist, wird sachlich nicht dadurch berührt, daß der Senat in seinem an demselben Tag verkündeten Urteil in der Sache II ZR 124/78 den Auflösungsbeschluß für nichtig erklärt hat und sich hierdurch möglicherweise die vom Kläger gewünschten Schadensersatzprozesse erübrigen. Auch konnte dieses Urteil das Feststellungsinteresse des Klägers schon deshalb nicht mehr beseitigen, weil bei Abschluß der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz der Ausgang des Parallelprozesses ungewiß und deshalb der Auflösungsbeschluß noch als wirksam zu behandeln war.

 

Fundstellen

BGHZ, 154

NJW 1980, 1527

ZIP 1980, 372

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge