Verfahrensgang

OLG München (Urteil vom 20.06.1951)

 

Tenor

Die Revisionen beider Parteien gegen das am 20. Juni 1951 an Verkündungs Statt zugestellte Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in München werden zurückgewiesen. Die Gerichtskosten der Revisionsinstanz werden beiden Parteien je zur Hälfte auferlegt, die außergerichtlichen Kosten der Revisionsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Im Juli 1933 wurde der Kläger durch Generalversammlungsbeschlüsse der Beklagten, einer Genossenschaft, und der B. Warenvermittlung landwirtschaftlicher Genossenschaften AG (Ba.) zur Vorstandsmitglied bestellt. Das Vertragsverhältnis wurde durch Beschluß der Vollzugskommission beider Aussichtsräte vom 12. Oktober 1933, dann durch einen einheitlichen Vertrag mit beiden Unternehmungen vom 17. April 1942 und schließlich durch zwei Verträge vom 10. Mai 1944 geregelt. In der Urkunde vom 12. Oktober 1933 sagte die Beklagte Vergütungen und Aufwandschädigungen in Höhe von monatlich 1.300 RM zu. Nach dem Vertrage vom 17. April 1942 erhielt der Kläger von der Beklagten und der Ba. zusammen ein pensionsfähiges Aktivitätsgehalt von 1.800 RM im Monat. Nach den Verträgen vom 10. Mai 1944 sollte die Beklagte dem Kläger ein pensionsfähiges Aktivitätsgehalt vom 1.800 RM und die Ba. ein solches von 1.200 zahlen. Alle genannten Urkunden sehen übereinstimmend vor, daß der Kläger wenn er

„aus einem anderen Grunde als einem solchen des § 72 HGB des Dienstes enthoben wird, Anspruch auf Weiterbezug des zuletzt erhaltenen Aktivitätsgehalts bis zum vollendeten 65. Lebensjahre hat.”

In den Verträge von 1942 und 1944 ist das die Ziffer IV Abs. 4. Der Kläger war Pg seit 1930 und Oberscharführer der SA-Reserve. Unter dem 13. Juni 1945 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie ihn auf Grund der Amerikanischen MilRegAnw Nr. 3 seines Amtes als Vorstandsmitglied für sofort enthebe und mit Wirkung vom gleichen Tage aus seiner Stellung entlasse. Die Ba. schrieb dem Kläger unter dem 19. Juli 1945 inhaltlich dasselbe. Beide Unternehmen lehnten darauf jede Zahlung an den Kläger ab. Mit der vor dem Arbeitsgericht erhoben, jedoch ans Landgericht verwiesenen Klage forderte der Kläger von beiden Unternehmen gesamtschuldnerisch Zahlung von monatlich 1.800 DM Gehalt für die Zeit vom 1. November 1948 bis zum 28: Februar 1949. Die Klage gegen die Ba. wurde zurückgenommen.

Die Beklagte macht geltend: Die Wahl des Klägers in den Vorstand sie eine Gleichschaltungsmaßnahme gewesen und beruhe auf einer Nötigung der Generalversammlung. Der Aufsichtsrat, der 1933 den Anstellungsvertrag mit dem Kläger geschlossen habe, habe nur den Auftrag einer in ihrer Entschließung unfreien Generalversammlung vollzogen. Wahl und Anstellung des Klägers seien daher nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Mangels wirksamer Bestellung zum Vorstandsmitglied habe dem Dienstvertrag auch die Grundlage gefehlt. Die Beklagte habe die Dienstverträge mit dem Kläger mit Einschreiben vom 23. Dezember 1949 außerdem angefochten; die Anfechtung sei aus § 123 BGB berechtigt, da Wahl und Anstellung des Klägers unter Drohungen der nationalsozialistischen Machtbar zustande gekommen seien. Die Verträge von 1944 seien zudem wegen Verletzung des Lohnstops nichtig; damit sei der Kläger vertragslos geworden, da die Verträge von 1944 alle früheren dienstvertraglichen Vereinbarungen beseitigt hätten (Ziff VII der Verträge vom 10. Mai 1944). Auf alle Fälle habe der Kläger alle Vertragsrechte infolge der Kündigung vom 13. Juni 1945 verloren. Diese Kündigung sei zwar nicht auf Grund Beschlusses der Generalversammlung, sondern von ihren durch Anordnung der Militärregierung eingesetzten kommissarischen Leitern ausgesprochen worden, darum aber nicht unwirksam. Die Kündigung sei auch berechtigt, da ein Fall des § 72 HGB gegeben sei. Nach Ziff IV der Verträge von 1942 und 1944 stehe dem Kläger daher nicht der Anspruch auf Weiterzahlung des Aktivitätsgehalts zu.

Die Ba. will dem Kläger auf Grund ihres Vertrages vom 10. Mai 1944 insgesamt 28.600 RM gezahlt haben und fordert diesen Betrag, im Verhältnis 10: 1 auf 2.760 DM umgestellt, im Hinblick auf den vermeintlichen Verstoß gegen den Lohnstop vom Kläger zurück. Sie hat diesen Anspruch an die Beklagte abgetreten. Die Beklagte hat damit hilfsweise gegenüber der Klageforderung aufgerechnet.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte antragsgemäß. Mit der Berufung verfolgte sie ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger schloß sich der Berufung an und verlangte Zahlung von 20.000 DM als Teilbetrag für die Zeit vom 1. November 1948 bis zum 1. Dezember 1950. Er vertrat unverändert den Standpunkt, daß ihm das Aktivitätsgehalt von monatlich 1.800 DM voll zu zahlen sei. Die Beklagte erhob Widerklage mit dem Antrage, festzustellen, daß der Kläger auch keine über die Klageforderung hinausgehenden Ansprüche auf Zahlung eines Ruhe- oder Aktivitätsgehalts habe. Das Berufungsgericht verneinte Gehaltsansprüche, billigte dem Kläger aber ein Ruhegehalt in Höhe von monatlich 900 DM zu. Demgemäß verurteilte es die Beklagte zur Zahlung der verlangten 20.000 DM und stellte fest, daß den Kläger keine höheren Ansprüche als monatlich 900 DM zuständen. Die weitergehende Widerklage wurde angewiesen. Beide Parteien haben Revision eingelegt. Der Kläger strebt die völlige Abweisung der Widerklage und den Ausspruch an, daß ihm die zuerkannten 20.000 DM auf der Grundlage eines Gehalts von monatlich 1.800 DM oder jedenfalls eines Ruhegehalts von monatlich 1.350 DM für die geltend gemachte Zeit zuständen; für den Fall, daß eines solche Klarstellung nicht möglich sei, beantragt der Kläger noch vorsorglich, die Beklagte zur Zahlung weiterer 9.900 DM, und ganz hilfsweise, zur Zahlung von noch 6.850 DM zu verurteilen. Die Beklagte verfolgt den Klageabweisungsantrag in vollem Umfange und den Feststellungsantrag insoweit weiter, als die Widerklage abgewiesen worden ist. Beide Parteien haben wechselseitig um Zurückweisung der Revision des Gegners gebeten.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat darin Recht, daß Art. 3 AHKG nicht eingreift. Danach darf kein deutsche Gericht eine Entscheidung fällen, welche die Gültigkeit oder Rechtmäßigkeit von Maßnahmen der Besatzungsbehörden verneint. Liegt eine unter Art. 3 Abs. 2 fallende Frage vor, so ist sie dem Alliierten Generalsekretariat vorzulegen. Dazu zählen vor allem Entscheidungen über das Bestehen, den Inhalt, die Rechtsgültigkeit oder den Zweck einer Anordnung von Besatzungsbehörden. Dergleichen steht hier nicht in Frage. Als Anordnung der Besatzungsbehörden kommen die Anweisung der Militärregierung an finanzielle Unternehmen und Regierungsfinanzbehörden Nr. 3 und das Schreiben der Militärregierung vom 17. Juli 1945 in Betracht.

a) Aus zu mehreren Sachen abgegeben Erklärungen der Militärregierung ergibt sich als Wille der Amerikanischen Besatzungsmacht, daß die Anweisung Nr. 3 nicht automatisch, also nicht ohne Vornahme einer Kündigung, die Beendigung von Arbeitsverhältnissen herbeiführen sollte. Die Beklagte hat dem Kläger das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 13. Juni 1945 fristlos gekündigt. Die Anweisung Nr. 3 diente dabei als Kündigungsgrund. Wie unten noch näher auszuführen sein wird, löste die Kündigung das Dienstverhältnis der Parteien auf. Die Anweisung Nr. 3 ist daher berücksichtigen angewendet. Da sie keinen unmittelbaren Eingriff in Dienstverhältnisse enthält, ist für sie die Frage, ob die Besatzungsmacht zu Eingriffen in private Dienstverhältnisse auf Grund Kriegs- oder Völkerrechts befugt sei (verneinend LAG Hannover AP 1951 Nr. 15 mit zust. Anm. von Reinhardt; bejahend LAG Frankfurt RdA 1949, 305; 1950, 159; LAG Düsseldorf WA 1949, 133 Nr. 213), nicht erst zu stellen.

b) Das Schreiben der Militärregierung vom 17. Juli 1945 ist an die Beklagte gerichtet. Es sagt: „You are directed to immediately sever all connections of N. Dr. Erich … and notify this office in writing when the above has been accomplished.” Die Beklagte nahm das am 20. Juli 1945 zum Anlaß, dem Kläger zu schreiben: „Unterm 13. v. M. waren wir genötigt, Ihnen die Entlassung als Vorstandsmitglied der B. Zentraldarlehnskasse eGmbH auf Grund der Richtlinien der Militärregierung bekanntzugeben. Diese hat nun als Ergebnis der Überprüfung Ihres Fragebogens mit Schreiben vom 17. Juli 1945 die Rechtmäßigkeit und Rechtswirksamkeit der Kündigung ausdrücklich bestätigt, wovon wir hiermit Kenntnis zu nehmen bitten.” Damit hat sie sich das Schreiben der Militärregierung inhaltlich nicht zu eigen gemach und auch dessen Erklärung nicht weitergegeben. Das Schreiben der Militärregierung vom 17. Juli 1945 ist daher nicht Inhalt der Rechtsbeziehungen der Parteien geworden.

Wie im einzelnen noch auszuführen ist, löste die Kündigung vom 13. Juni 1945 Rechtsbeziehungen der Parteien nicht vollständig. Sie beendete zwar das Dienstverhältnis, der Kläger behielt aber diejenigen Rechte, die ihm nach dem Sinn des Vertrages für den Fall zustanden, daß ihm aus einem anderen Grunde als denen des § 72 HGB gekündigt wurde. Ob die Militärregierung die Möglichkeit hatte, dem Kläger auch noch diese Rechte zu nehmen, und ob dies der Inhalt der Anordnung vom 17. Juli 1945 war, bedarf keiner Entscheidung Denn, wenn dem Kläger auch noch die ihm nach der fristlosen Kündigung verbliebenen Vertragsrechte genommen werden sollten, so mußte das ihm gegenüber erklärt werden. Eine solche Erklärung ist ihm jedoch weder von der Militärregierung noch von der Beklagten zugegangen. Im Verhältnis der Parteien kommt es daher auf Inhalt und Zweck des Schreibens der Militärregierung vom 17. Juli 1945 nicht an. Unerheblich ist auch, ob die Beklagte bei ihrer Mitteilung an die Militärregierung vom 26. Juli 1945: „The dismissal is done”, gedacht hat, infolge der vorgenommen Kündigung seien alle Vertragsrechte des Klägers erloschen. Denn die Rechtsbeziehungen der Parteien beurteilen sich nicht nach der dem Kläger gegenüber unerklärt gebliebenen Meinung der Beklagten, sondern nach den Inhalt der abgeschlossenen Verträge und der ausgesprochenen Kündigung. Sollte aber die Militärregierung geglaubt haben, der Kläger habe nach der vorgenommenen Entlassung keinerlei Vertragsrechte mehr, so müßte auch das als ein innerer Vorgang unbeachtet bleiben.

II. Zu Unrecht verneint die Beklagte die Rechtswirksamkeit derjenigen Vertragsbestimmungen, aus denen der Kläger den geltend gemachten Anspruch ableitet.

1). Es unterliegt zwar keinem Zweifel, daß sich die Wahl des Klägers unter politischen Druck vollzogen hat, daß der Kläger ohne die damaligen politischen Machtverhältnisse nicht in den Vorstand der Beklagten berufen und daß an seiner Stelle Dr. Jakob S. zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzer gemacht worden wäre. Das hat das Berufungsgericht durchaus zutreffend festgestellt. In dieser Hinsicht ist das Schreiben vom 28. Juni 1933 besonders aufschlußreich, in dem der Staatssekretär Luber in seiner Eigenschaft als Beauftragter für die Gleichschaltung der Genossenschaften die Beklagte „ersucht” hat, bestimmt Veränderungen von Vorstand und Aufsichtsrat vorzunehmen, und diktatorisch erklärte, in den Vorstand tritt der Kläger als Stellvertreter des Vorsitzenden ein Kennzeichnend für damalige Lage ist auch, daß der Kläger mit der weiteren Gleichschaltung der Beklagten beauftragt war.

Ebenso richtig ist aber auch, daß der Kläger die vollen fachlichen Voraussetzungen für die Stellung mitbrachte, daß er keine günstigeren Bedingungen als frühere Vorstandsmitglieder zugestanden erhielt, daß er schon bald nach Übernahme seines Vorstandsamtes bei der NSDAP in Uganda fiel, daß er gegen Ende 1934 vom Reichsbauernführer seines Postens als Hauptabteilungsleiter III der Landesbauernschaft M. enthoben und seine Entfernung aus dem Vorstand der Beklagten gefordert wurde, daß aber die Beklagte ihn gehalten und jedenfalls bei Abschluß der Dienstverträge in den Jahren 1942 und 1944 nicht unter Druck gehandelt hat. In diesen Zusammenhang gehört noch hinein, daß der Kläger in schwerer Zeit erfolgreich und gut für die Beklagte gearbeitet hat, daß die Beklagte im Vertrage vom 10. Mai 1944 die Bezüge des Klägers auf den Betrag erhöhte, den sie bis dahin zusammen mit der Ba. geschuldet hatte, und daß der Kläger durch Entscheidung der Spruchkammer München IX vom 1. Juni 1948 rechtskräftig für entlastet erklärt worden ist.

Bei dieser Sachlage kann es nicht als rechtsirrig bezeichnet werden, wenn das Berufungsgericht sagt, lediglich die Beeinflussung der Willensbildung der Beklagten bei Wahl und Anstellung des Klägers sei dasjenige, was das Rechtsempfinden verletzt. Gewiß verlangt der Grundsatz der freien Stimmrechtsausübung und der freien Entschließung volle Beachtung. Aber darum sind die Wahl des Klägers zum Vorstandsmitglied und die mit ihm abgeschlossenen Dienstverträge nicht ohne weiteres nichtig.

Ein durch Machmißbrauch zustande gekommener Gesellschafterbeschluß ist nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar. Das ist für den Fall angenommen worden, daß die Abstimmung durch interne Maßnahmen unzulässig beeinflußt wurde (RG JW 1936, 181; RG 119, 243), muß aber auch für Einschüchterungen gelten, die von außen her kommen und für die ausschließlich gesellschaftsfremde Gesichtspunkte maßgebend sind. Denn ein Unterschied besteht nur in der Anwendung der Mittel und der Art der vorgenommenen Einwirkung. Mag die Freiheit der Entschließung beeinträchtigt oder weitgehend genommen sein, so verlang dieser Umstand doch nicht, den unfrei gefaßten Beschluß als wirkungslos anzusehen. Das Mittel der Anfechtung genügt im Regelfalle zur Durchsetzung des Prinzips der freien Stimmrechtsausübung. Für die Fälle nationalsozialistischen Zwanges ist allerdings zu bedenken, daß die einmal geschaffene Unfreiheit meist fortwirkte und daß die Möglichkeit der Anfechtung von unter politischen Druck zustande gekommenen Entschließungen wenn nicht ausgeschlossen, so doch stark behindert war. Die Frage, ob ein Beschluß, bei dem die Gesellschafterversammlung politischen Druck nachgegeben hat, wirkungslos oder trotz seiner Mangelhaftigkeit wirksam, aber vernichtbar ist, läßt sich jedoch nicht allen nach dem Interesse der Stimmberechtigten an freier Stimmrechtsausübung und nach der Bedeutung beurteilen, die dem Grundsatz freier Stimmrechtsausübung zukommt. Das Interesse der Allgemeinheit an Rechtssicherheit kann nicht außer Acht gelassen werden. Würden die unter nationalsozialistischen Druck zustande gekommenen Gesellschafterbeschlüsse für nichtig erachtet werden, so würde das unabsehbare Rückwirkungen haben. Das gilt vor allem von Beschlüssen, die Organbestellungen zum Gegenstande hatten. Durch die Wahrung des Prinzips der freien Stimmrechtsausübung darf nicht allgemein die Gefahr heraufbeschworen werden, daß die von unfrei bestellten Verwaltungen vorgenommenen Geschäfte wieder aufgegriffen werden können. Das Gegenteil annehmen, hieße nicht nur, gegen vielleicht geringe Vorteile im Einzelfall allgemein Unordnung und Unsicherheit eintauschen, sondern auch, die trotz der unzulässigen Einwirkung tragbaren Beschlüsse mit untragbaren oder unliebsamen Beschlüssen unterschiedslos in einen Topf werfen. Die Frage, ob die Bestellung des Klägers zu Vorstandsmitglied wegen ihrer Qualität als Gleichschaltungsmaßnahme nichtig war oder nicht, kann nicht in der engen Sicht auf die Unerwünschtheit des Klägers und die Auswirkungen, die die Nichtigkeit ihm gegenüber haben würde, sondern nur in ihrer ganzen Tragweite beurteilt werden. Das Gesetz hat seine guten Gründe dafür, warum es zwischen nichtigen und anfechtbaren Generalversammlungsbeschlüssen unterscheidet. Wägt man das alles ab, so kann die Wahl des Klägers, auch obwohl sie eine Gleichschaltungsmaßnahme war und die Gesellschaftsversammlung dabei unfrei handelte, nicht als unwirksam angesehen werden. Ob anders zu entscheiden ist, wenn die Gesellschafterversammlung das willenlose Werkzeug politischer Kräfte ist, braucht nicht erörtert zu werden, da ein Fall dieser Art nicht vorliegt.

Die Wahl des Klägers ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Bei einem Verstoß gegen die guten Sitten ist ein Generalversammlungsbeschluß nur dann nichtig, wenn er seinem Inhalt nach gegen die guten Sitten verstößt (RG 131, 145;§ 195 Nr. 4 AktG). Davon kann bei der Wahl des Klägers keine Rede sein: lediglich die Art ihres Zustandekommens ist zu beanstanden; aber dieser Umstand begründet lediglich Anfechtbarkeit.

DA sich für die Entscheidung kein Unterschied ergibt, ob man die Frage nach der Wirksamkeit der Wahl des Klägers nach dem am 1. Oktober in Kraft getretenen Aktiengesetz oder nach den davor von Rechtsprechung und Literatur zu den §§ 271 HGB, 51 GenG und zum GmbH-Recht herausgebildeten Rechtsgrundsätzen beurteilt, kann dahingestellt bleiben, welches Recht anzuwenden ist. Da kein Nichtigkeitsgrund gegeben ist, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die Aktienrechtlichen Bestimmungen über die Heilung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses (§ 196 AktG) auf die Genossenschaft anwendbar sind.

Die Wahl des Klägers ist nicht angefochten worden. Das hätte nur durch Anfechtungsklage geschehen können. Eine solche Klage ist jedoch nicht erhoben worden. Also ist die Wahl des Klägers zum Vorstandsmitglied wirksam geblieben.

Es kann mithin auch keine Rede davon sein, daß den Dienstverträgen mit dem Kläger die Grundlage fehle.

2) Mit Recht läßt das Berufungsgericht dahingestellt, ob der Dienstvertrag von 1933 selbst sittenwidrig oder anfechtbar war. Denn aus ihm wird der Klageanspruch nicht hergeleitet.

Die Dienstverträge vom 17. April 1942 und 10. Mai 1944 hält das Berufungsgericht auf Grund der Feststellung, daß die Beklagte dabei nicht unter Druck gehandelt habe, weder für sittenwidrig noch für anfechtbar. Es erwägt hierzu, die Beklagte habe den Kläger, nachdem er 1934 bei der NSDAP in Uganda gefallen sei, entgegen den Wünschen des Reichsbauernführer gehalten und ihm zudem in den neuen Verträge günstigere Bedingungen geboten. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagten kann zugegeben werden, daß sie auch zur Zeit des Abschlusses dieser Dienstverträge nicht die Möglichkeit hatte, ihre Vorstandsmitglieder frei zu wählen. Das macht aber die Dienstverträge von 1942 und 1944, die sie mit dem Kläger geschlossen hat, nicht sittenwidrig. Denn die Anwendung des § 17 BGB erfordert, daß das Geschäft selbst gegen sie guten Sitten verstößt, und hierüber entscheidet der sich aus Inhalt, Beweggrund und Zweck ergebende Gesamtcharakter. Insoweit ist ein Sittenverstoß nicht erkennbar. Die Dienstverträge gaben dem Kläger nicht mehr Rechte, als dies die Dienstverträge der Beklagten mit früheren Vorstandsmitgliedern taten. Der Kläger besaß die volle fachlichen Voraussetzungen, hat seine Stellung voll ausgefüllt und leistete der Beklagten wertvolle Dienste. Bei Dieser Sachlage bedarf es nicht erst der Erörterung, ob der Beweggrund einer der beiden Parteien anstößig war.

Auch zur Anfechtung nach § 123 BGB reicht nicht aus, daß die Beklagte bei echter Entschlußfreiheit die Bestellung des Klägers widerrufen und keinen neuen Dienstvertrag mit ihm abgeschlossen hätte. § 1223 BGB verlangt, daß jemand zur Abgabe einer Willenserklärung widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Hieran fehlt es im vorliegenden Falle. Die beklagte hat lediglich unfrei gehandelt. Ein Handeln aus unfreier Lage heraus genügt nicht. Im übrigen entsprach die Beklagte in den Jahren 1942 und 1944 bei Abschluß der Dienstverträge nicht dem damals bestehenden politischen Zwang, sondern wich ihm gerade aus, um, wie sie selbst vorgetragen hat, keit eifrigeren Parteimitglied aufgedrängt zu erhalten. Die am 23. Dezember 1949 abgegebene Anfechtungserklärung konnte daher mangels Anfechtungsgrundes die Dienstverträge mit dem Kläger nicht vernichten.

3). Die beiden Verträge vom 10. Mai 1944 verletzten die Kriegswirtschaftsbestimmungen. Nach dem Vertrag vom 17. April 1942 stand dem Kläger gegenüber der beklagten und der Ba. ein Gehalt von monatlich 1.800 RM zusammen zu. Am 10. Mai 1944 sagte die Beklagte allein ein Gehalt dieser Höhe zu, während die Ba. ihrerseits ein Gehalt von monatlich 1.200 DM versprach. Der Berufungsgericht nimmt an, daß damit die Bezüge des Klägers für die gleiche Tätigkeit um 1.200 DM monatlich erhöht worden seien und daß diese Erhöhung zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung nach der Kriegswirtschaftsverordnung bedurft habe, jedoch nicht genehmigt worden und darum nichtig sei.

a) Die Ansicht der Revision des Klägers, es könnte nicht von einer genehmigungspflichtigen Erhöhung der Bezüge ausgegangen werden, kann nicht gebilligt werden. Die Feststellung des Berufungsgerichts, daß die beiden Verträge vom 10. Mai 1944 die gleiche Tätigkeit wie vorher zum Gegenstände hatten, läßt sich nicht damit ausschalten, daß die Revision bekräftige der Kläger habe „tatsächlich” eine erweiterte Tätigkeit ausgeübt. Außerdem kommt es nicht darauf an, ob der Kläger eine erweiterte Tätigkeit ausgeübt hat – was infolge der Kriegsverhältnisse der Fall gewesen sein mag –, sondern darauf, ob ihm normalerweise mehr Aufgaben als vor den Verträgen vom 10. Mai 1944 zugewiesen waren und ihm hierfür eine höhere Vergütung zugebilligt wurde. Dafür gibt jedoch der Sachverhalt nichts hat.

b) Eine Erhöhung des Bezüge kann auch nicht, wie die Revision des Klägers will, mit der Begründung vereint werden die beiden Verträge vom 10. Mai 1944 hätten kein einheitliches Ganzes gebildet und die Beklagte habe schon auf Grund des Vertrages vom 17. April 1942 ihrerseits die ganzen 1.800 RM monatlich gezahlt. Denn tatsächlich werden dem Kläger am 10. Mai 1944 von der Beklagten und der Ba. monatlich RM 1.200 Gehalt mehr versprochen, und, wenn die Beklagte das nach dem Vertrage vom 17. April 1942 geschuldete Gehalt zahlte, so tat sie das als Gesamtschuldnerin (§ 427 BGB) mit der Ba., während sie nach dem mit ihr am 10. Mai 1944 geschlossenen Vertrage ein Gehalt von 1.800 RM monatlich allein schuldete.

c) Die Revision des Klägers greift ferner die Ansicht des Berufungsurteils zu Unrecht an, daß auch die Bezüge von Vorstandsmitgliedern dem Lohnstop unterlagen. Nach den §§ 18 KriegswirtschaftsVO vom 4.9.1939, 1 2. DVO vom 12.10.1939 (2. KLDB) war eine Erhöhung der Lohn- und Gehaltssätze verbotet. Dieses Verbot erstreckte sich auf alle Arbeitsverdienste. Darunter fielen auch die Bezüge von Vorstandsmitgliedern, es sei denn, daß das Vorstandsmitglied durch eigenen Besitz von Mitgliedschaftsrechten in einem Maße beteiligt war, daß es die Gesellschaft beherrschte und darum von einer abhängig Stellung keine Rede sein konnte. Daß dies Inhalt des Gesetzes war, kommt auch in einer Stellungnahme des Reichsministers der Arbeit vom 28.11.1941 – III b 23533/41 – zum Ausdruck. Da das Vorstandsmitglied im Verhältnis zur juristischen Person die Stellung eines Arbeitnehmers hat, unterlag es grundsätzlich dem Lohn- und Gehaltsstop. Die Erhöhung der Bezüge des Klägers war daher genehmigungspflichtig.

d) Unstreitig ist eine Genehmigung nicht erteilt worden. Das Berufungsgericht hält deshalb die Gehaltserhöhung für nichtig. Es meint, die Unwirksamkeit erfasse die beiden Verträge vom 10. Mai 1944 im ganzen, da es den Parteien nicht um eine Neuregelung des Anstellungsverhältnisses, sondern ausschließlich um eine Erhöhung der Bezüge gegangen sei das letztere ist eine tatsächliche Feststellung; sie bindet das Revisionsgericht. Angesichts ihres Vorliegens erübrigt sich eine Entscheidung der Frage, ob der Verstoß gegen den Lohnstop die Nichtigkeit des Vertrages zur Folge hat oder nur dazu führt, daß an die Stelle des vereinbarten unzulässigen Lohns der zulässige Betrag tritt. Haben die Parteien und die Ba. das einheitliche Rechtsverhältnis nur deshalb auf zwei Urkunden aufgeteilt, um die Gehaltserhöhung zu bemänteln, und hatten die beiden Verträge vom 10. Mai 1944 keine Umgestaltung in zwei sachlich in zwei sachlich verschiedene Rechtsverhältnisse zum Inhalt, so ist es bei der wörtlichen Übereinstimmung der umstritten Vertragsbestimmungen in dem Verträgen vom 10. Mai 1944 und im Vertrage vom 17. April 1942 für die Entscheidung des Streites der Parteien unwesentlich, ob die Verträge von 1944 nichtig sind oder ob die Verträge von 1944 nichtig sind oder ob dasjenige, was von der Gehaltserhöhung handelt und mit ihr im Zusammenhang steht, lediglich durch das früher zulässigerweise Vereinbarte zu ersetzen ist. Denn in beiden Fällen blieb es sowohl bei dem bisherigen Gehalt wie beim einheitlichen Rechtsverhältnis des Klägers zur Beklagten und zur Baywa.

4.) Die Verträge des Parteien verletzten auch aktienrechtliche Bestimmungen. Es handelt sich um Versicherungen mit einer Genossenschaft und einer Aktiengesellschaft. Sie können nicht verschieden beurteilt werden, je nachdem welche der beiden juristischen Personen in Anspruch genommen wird, sondern müssen sowohl dem Genossenschaftsrecht wie dem Aktienrecht entsprechen, um wirksam zu sein. Es erübrigt sich daher, zu entscheiden, ob die Betracht kommenden aktienrechtlichen Vorschriften ohnehin auf Genossenschaften abzuwenden sind.

a) nach §§ 75 Abs. 1 Satz 4 AktG darf der Anstellungsvertrag auf höchstens 5 Jahre geschlossen werden. Hiergegen verstoßen der Vertrag vom 17. April 1942 und der Vertrag mit der Beklagten vom 10. Mai 1944, da sie ohne zeitliche Begrenzung gelten sollten. Daß der Vertrag vom 10. Mai 1944 mit der Ba. auf die Dauer von 5 Jahren geschlossen wurde, ist unerheblich, da die Aufteilung des Rechtsverhältnisses auf zwei Urkunden nach dem Festgestellten Willen der Parteien und wegen des begangenen Verstoßes gegen den Lohnstop ohne rechtliche Bedeutung war.

b) Der Kläger sollte unter gewissen Voraussetzungen das voll Aktivitätsgehalt auch nach seiner Entlassung noch bis zum vollendeten 65. Lebensjahr beanspruchen können. Eine Zusatz dieses Inhalts ist unzulässig. Daß die Dauer von Anstellungsverträgen mit Vorstandsmitgliedern gesetzlich auf 5 Jahre begrenzt ist, schließt zwar nicht aus, daß geldliche Leistungen der Gesellschaft dem Vorstandsmitglied für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienste zugesagt werden. Durch derartige Vereinbarungen darf § 75 Abs. 1 Satz AktG aber nicht umgangen werden. Eine Umgehung des Gesetzes liegt aber darin, daß das volle Gehalt über die gesetzliche Höchstdauer des Anstellungsvertrages weiter gezahlt werden soll (Schlegelberger-Quassowski AktG 75 Anm. 7; Grosskomm z AktG, § 75 Anm. 11; Baumbach-Hueck AktG § 75 Anm. 3 C; Godin-Wilhelmi AktG § 75 Anm. 3). § 75 Abs. 1 AktG will den Aufsichtsrat bei der Bestellung von Vorstandsliedern von allen seine freie Entschließung beeinträchtigenden Bindung freistellen. Das hat der Senat unter Heranziehung der amtlichen Begründung zum Aktiengesetz bereits in seinem Urteil vom 11. Juli 1951 (BGHZ 3, 90) ausgesprochen (Zustimmend Hefermehl NJW 1951, 881 Anm; Schmidt JZ 1951, 689) Der Aufsichtsrat wäre aber in seiner Entschließung nicht frei, wenn ein Vorstandsmitglied auf Grund seines abgelaufenen Anstellungsvertrages sein Gehalt noch über Jahre oder Jahrzehnte hinaus voll beanspruchen könnte. Einer solchen Klausel muß daher die Rechtsgültigkeit versagt werden.

c) Einerseits sollte die Beklagte dem Kläger nur aus den Gründen des § 72 HGB kündigen können, anderseits fassen die Verträge aber den Fall ins Auge, daß der Kläger aus einem anderen Grunde als denen des § 72 HGB des Dienstes enthoben werde. (Dieser Ausdruck hatte nicht die Abberufung als Vorstandsmitglied, sondern die Entlassung aus dem Dienstverhältnis zum Inhalt.) Das Berufungsgericht hat die Kündigungsklausel dahin aufgefaßt, daß das Recht der Beklagten, dem Kläger zu kündigen, auf die wichtigen Gründe des § 72 HGB beschränkt worden sei. Ist hiervon auszugehen, so hat das Berufungsgericht darin Recht, daß die Beschränkung unwirksam ist. Nach §§ 24 Abs. 3 Satz 2 GenG können die Vorstandsmitglieder einer Genossenschaft jederzeit abberufen werden. Bei der Aktiengesellschaft kann die Bestellung zum Vorstandsmitglied widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 75 Abs. 3 AktG). Dienstverträge mit Vorstandsmitgliedern können aus wichtigem Grunde gekündigt werden (§ 626 BGB). Werden die Kündigungsgründe beschränkt, so ist das zur Abberufung der Vorstandsmitglieder zuständige Organ in seiner Entschließung nicht in der Weise frei wie dies das Gesetz in § 75 AktG verlangt. Ohne Rücksicht darauf, ob Abberufung und Beendigung des Dienstvertrages überhaupt auseinanderfallen können (vgl. dazu Godin-Wilhelmi, Aktiengesetz, § 75 Anm. 7, 11), kann daher das Recht der Gesellschaft zu fristloser Kündigung ihrer Vorstandsmitglieder im voraus weder ausgeschlossen noch auf bestimmte Gründe beschränkt werden (RG 75, 238: KG JW 1939, 492; Schlegelberger-Quassowski AktG § 75 Anm. 9, 14; Grosskomm z AktG, W. Schmidt § 75 Anm. 16; Godin-Wilhelmi AktG § 75 Anm. 7). Das hat nichts mit der von der Revision des Klägers aufgeworfenen Frage zu tun, ob für ein Anstellungsverhältnis mit sozialer Abhängigkeit die wichtigen Kündigungsgründe im voraus festgelegt werden können oder nicht. Diese Frage liegt auf einer ganz anderen Ebene und braucht darum hier entscheiden zu werden.

Die genannten Verstöße gegen § 75 AktG haben aber nicht, wie die Revision der Beklagten meint, die Unwirksamkeit der Parteivereinbarungen im ganzen zur Folge (§ 134 BGB). Mit dem Berufungsurteil ist vielmehr anzunehmen, daß die dienstvertraglichen Vereinbarungen mit dem Kläger auch ohne die unwirksamen Teile getroffen worden wären (§ 139 BGB).

III.

Einen Anspruch auf das Aktivitätsgehalt hat der Kläger nicht mehr. Seine Ansicht, er stehe noch in Diensten der Beklagten, weil sein Dienstverhältnis nicht wirksam gekündigt worden sei, ist unrichtig.

1.) Allerdings kann der Ansicht der Beklagten, die ergangenen Hoheitsakte der Militärregierung hätten von sich aus das Dienstverhältnis aufgelöst, nicht gefolgt werden.

a) Wie bereits ober dargelegt, verfolgte die Amerikanische Besatzungsmacht mit dem Erlaß der Anweisung Nr. 3 nicht die Absicht, Arbeitsverhältnisse automatisch, also Vornahme einer Kündigung, aufzulösen. Das entspricht auch ihren Inhalt. Nach ihrer Überschrift richtete sie sich ausschließlich an die Leitungen finanzieller Unternehmungen und von Finanzbehörden. In den Ziffern I, III, IV a, VI und VIII b wurde den Unternehmens- und Behördenleitungen zur pflicht gemacht, die bei ihnen tätigen, politisch belasteten Personen zu entlassen. Daß die Ziffern IV a und VI von automatischen Entlassungen neben Suspendierungen sprechen, hatte nach den erklärten Willen der Amerikanischen Besatzungsmacht nicht die Bedeutung, daß die Betroffenen von selbst aus ihrem Tätigkeitsbereich ausschieden, sondern nach der in Ziffer III der Anweisung gegebenen Begriffsbestimmung vielmehr, daß die Unternehmung bei denjenigen Personen, die in die Gruppe der automatisch zu Entlassenden fielen, keine weiteren Anweisungen der Militärregierung abzuwarten, sondern die Entlassung sofort vorzunehmen hatten, während bei den zu suspendierenden Personen die Frage ihrer Entlassung zurückgestellt werden sollte, bis die Prüfung ihrer Personalangelegenheit durchgeführt war. Daß die Anweisung Nr. 3 die Tätigkeit der automatisch Betroffenen nicht von selbst, also durch hoheitlichen Zwangseingriff beendete, sondern die Entlassung vielmehr als einen privatrechtlichen Akt den Unternehmungen überwies und zuwies; ist auch die Ansicht zahlreicher unangetastet gebliebener Urteile (vgl. Galperin in Betrieb 1949, 33 m Nachw. LAG Stuttgart SJZ 1950, 130 u. v. a.). Die Beklagte hat die Dinge seinerzeit nicht anders beurteilt, denn sie hat den Kläger auf Grund der Anweisung Nr. 3 seines Amtes enthoben und ihm fristlos gekündigt.

Der Dienstvertrag kann auch nicht als durch die Anweisung Nr. 3 gesetzwidrig und schlechterdings unerfüllbar geworden angesehen werden, denn die Anweisung Nr. 3 stellte nur Beschäftigungsverbote auf, die zur Erfüllung der Arbeitspflichten unvermögend machen und gesetzlich zur Entlassung verpflichteten (für das Amerik. MilRegG Nr. 8 ebenso LAG Stuttgart SJZ 1950, 130; LAG Frankfurt RdA 1949, 305; LAG München RdA 1949, 472).

b) Das Berufungsgericht wertet das Schreiben der Militärregierung vom 17. Juli 1950 dahin, daß es nicht von sich aus das Arbeitsverhältnis gelöst habe, sondern lediglich die Anweisung enthalte, den Kläger zu entlassen. Es kann unerörtert bleiben, die ihm nach Art. 3 AHKG nicht zustand. Denn die Militärregierung hat das Schreiben an die Beklagte gerichtet und die Beklagte hat sich die Erklärung dieses Schreibens weder zu eigen gemacht noch an den Kläger weitergegeben. Die Anordnung der Militärregierung ist daher nicht in die Rechtsbeziehungen der Parteien eingegangen, selbst wenn sie das Dienstverhältnis unmittelbar selbst lösen wollte und nicht bloß einen Entlassungsbefehl erteilte. Demzufolge hat auch außer Betracht zu bleiben daß dieses Schreiben ein bereits gekündigtes Dienstverhältnis vorfand und daher nur noch die nach der Kündigung vom 13. Juni 1945 übrig gebliebenen Beziehungen der Parteien lösen konnte.

2.) Die Kündigung vom 13. Juni 1945 war wirksam.

a) Es fehlt nicht, wie die Revision des Klägers meint, an einer rechtsgültigen Kündigungserklärung, ein Vorstandsmitglied einer Genossenschaft kann allerdings normalerweise nur durch Beschluß der Generalversammlung entlassen werden (RG 115, 351; 114, 384; RAG JW 1933, 2721). Die Generalversammlung der Beklagten war aber 1945 nicht aktionsfähig, und die Militärregierung hatte durch Anordnung vom 19. und 24. Mai 1945 kommissarische Leiter eingesetzt. Das Berufungsgericht hat diese mit Recht als zur Vornahme der Kündigung berechtigt angesehen. Wenn die Militärregierung die Entlassung von Vorstandsmitgliedern Befehl und kommissarische Leiter einsetzte, so gab sie damit auch die Berechtigung in die Hand, die befohlenen Entlassungen auszusprechen. Sonst wären derartige Anordnungen sinnlos und undurchführbar gewesen. Ob die kommissarisch eingesetzten Leiter einer Genossenschaft, wie die Revision des Klägers zu bedenken gibt, allgemein berechtigt waren, Geschäfte vorzunehmen, die der Generalversammlung vorbehalten sind, kann dahinstehen, denn die ausgesprochene Kündigung durch die allgemeine Militärregierungsanweisung Nr. 3 gedeckt.

b) Den Kündigungsgrund gibt diese Militärregierungsanweisung ab. Der Kläger fiel unter die ohne weitere Anordnung zu entlassenden Vorstandsmitglieder. Hieran ändert nichts, daß er später für entlastet erklärt wurde. Die Beklagte hat sein Dienstverhältnis ganz eindeutig gekündigt und ihn aus seiner Stellung entlassen. Die Tatsache der Entlastung gibt keinen Anspruch auf Wiedereinstellung oder Schadensersatz (Art. 64 des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus vom 5. März 1946). Diese Bestimmung ergib deutlich, daß das Befreiungsgesetz davon ausgeht, daß die Kündigung eines von den Entnazifizierungsbestimmungen Betroffenen nicht dadurch hinfällig ist oder wird, daß er für entlastet erklärt wird. Ob für die Britische Besatzungszone ebenso zu entscheiden wäre (vgl. dazu BGH 1, 117), muß als außerhalb der Sache liegend unerörtert bleiben.

3). Da die Kündigungsmöglichkeiten der Beklagten nicht auf die Fälle des § 72 HGB beschränkt werden konnten, kommt es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht darauf an, ob die Kündigung aus einem Grunde des § 72 HGB ausgesprochen wurde oder nicht. Im übrigen konnte selbst ein zulässiger Ausschluß von Gründen die Kündigung auf Grund der Militärregierungsanweisung Nr. 3 deshalb nicht erfassen, weil der Parteiwille rechtlich gar nicht in der Lage ist, diesen Kündigungsgrund auszuschließen.

Infolge der Auflösung der Dienstverhältnisses und, weil dem Kläger das volle Aktivitätsgehalt für den Fall unverschuldeter fristloser Entlassung nicht rechtswirksam zugesagt werden konnte, steht ihm ein Anspruch von monatlich 1.800 DM nicht zu.

IV.

Zu Unrecht sucht der Kläger einen Anspruch dieser Höhe mit dem enthobenen Anspruch auf Wiedereinstellung zu begründen. Hierbei kann unerörtert bleiben, ob ein Arbeitgeber bei einem Arbeitsverhältnis mit sozialer Abhängigkeit trotz des Art. 64 des Befreiungsgesetzes beim Vorliegen besonderer Umstände wegen Nachwirkung seiner Trauerpflicht verpflichtet sein kann, den wegen politischer Belastung entlassenen Arbeitnehmer nach seiner politischen Rehabilitierung wieder einzustellen, oder ob ein Anspruch hierauf da gegeben werden kann, wo das Festhalten an der Kündigung einen Rechtsmißbrauch darstellt, wo die Kündigung leichtfertig oder böswillig geschah oder in ähnlichen Fällen mehr (vgl. u.a. LAG Hamburg BB 1949, 372: RdA 1950, 113; LAG München RdA 1950; 116; LAG Bremen BB 1950, 734; LAG Frankfurt BB 1950, 734). Der Kläger war als Organ der Beklagten tätig. Eine Wiedereinstellung in dieser Eigenschaft setzt seine Wiederwahl voraus; auf sie besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch. Wollte der Kläger seine Einstellung aber als bloß angestellter Direktor geltend machen, so müßte er sich entgegenhalten lassen, daß es, da er eine solche Stellung nicht inne hatte, dabei nicht um eine reine Wiedereinstellung geht, daß er der Beklagten im Wege der Gleichschaltung aufgedrängt wurde und daß er ihr unerwünscht war und ist.

V.

Der Kläger kann sein volles Gehalt auch nicht mit der Begründung beanspruchen, daß Dr. W. wieder eingestellt worden sei und andere Vorstandsmitglieder, die ohne ihr Verschulden entlassen wurden, ihr vollen Gehalt freiwillig weiter gezahlt bekämen. Aus der Wiedereinstellung anderer entnazifizierter Vorstandsmitglieder ergibt sich für den Kläger kein Anspruch auf Zahlung von Gehalt; denn unabhängig davon, ob der Gesichtspunkt der Gleichbehandlung für Vorstandsmitglieder anerkannt werden kann oder nicht, kann der Kläger nicht schon aus der Tatsache der Wiedereinstellung anderer entnazifizierter Vorstandsmitglieder Rechte für sich herleiten, da die Beklagte ihm gegenüber nicht bloß geltend machen kann, daß er Nationalsozialist gewesen ist, sondern auch, daß er im Zuge der Gleichschaltung zu ihr gekommen ist und daß sie ihn deshalb aus einem stärkeren Grunde als Parteizugehörigkeit ablehnt.

Soweit der Kläger den in den Senatsurteilen vom 24. Oktober 1951 (BGH 3, 248) und vom 15. Dezember 1951 – II ZR 158/51 – erörterten Gleichbehandlungsgrundsatz auf die angeblichen freiwilligen Leistungen der Beklagten angewendet wissen will, dehnt er diese Entscheidungen unzulässigerweise aus.

VI.

Unbegründet ist aber auch sein Verlangen, im monatlich 1.375 DM zuzusprechen. Hierfür stützt sich der Kläger auf die in den mehreren Verträgen übereinstimmende Ziffer III. Sie sieht ein Ruhegehalt von 75 % des pensionsfähigen Aktivitätsgehalts vor. Dieses Ruhegeld sollte dem Kläger zustehen, wenn er in den Ruhestand versetzt wurde (Abs. 3) oder im Dienste der Beklagten sein 35. Lebensjahr vollendete (Ziff. IV Abs. 2). Keine Dieser beiden Voraussetzungen ist erfüllt. Auch die Gründe, die die Beklagte zur Versetzung in den Ruhestand verpflichteten, sind von denen verschieden, die sie zur Dienstenthebung berechtigen sollten. Der Kläger behauptet selbst nicht daß er zur Ruhr gesetzt worden oder daß der Pensionsfall eingetreten sei. Nach der klaren vertraglichen Unterscheidung zwischen der Versetzung in den Ruhestand und der Dienstenthebung (Entlassung) durch Kündigung steht dem Kläger der Ruhegehaltsanspruch auf Zahlung von 75 % des Aktivitätsgehalts nicht zu.

Auf Grund des Ruhegehaltsversprechens bestand vom Vertragsabschluß an nicht mehr als eine Anwartschaft (RAG ArbRS 37, 75). Die erlosch, da der Kläger vor Eintritt der vereinbarten Voraussetzungen aus dem Betrieb ausschied und nichts dafür spricht, daß etwas anderes gelten sollte (RAG ArbRS 40, 2123; 46, 397 m Anm. Hueck, derselbe auch SJZ 1950 Sp. 587). Gewiß ist der Verlust von Versorgungsrechten keine unabdingbare Folge der fristloser Kündigung. Ein Ruhegehaltsversprechen kann auch in der Weise vereinbart werden, daß der Versorgungsanspruch bereits mit dem Vertragsschluß oder nach gewisser Zeit, etwa nach bestimmten Dauer der Betriebszugehörigkeit, entstehen soll und nur seine Fälligkeit oder die Zahlung des Ruhegeldes an den Eintritt bestimmter Voraussetzungen (Invalidität, Erreichung eines bestimmten Alters) geknüpft sind (RAG ArbRS 46, 400; 40, 91; 39, 348; 37, 77/78; 28, 231; Hueck SJZ 1950 Sp. 587), so daß der einmal entstandene Ruhegehaltsanspruch vom Fortbestand der Arbeitsverhältnisses unabhängig ist. Das hat das Reichsgericht speziell auch für Vorstandsmitglieder von Genossenschaften ausgesprochen (RG DR 1939, 1527). Aber hier wurde der Kläger für den Fall, daß er aus einem anderen Grunde als einem solchen des § 72 HGB fristlos entlassen wurde, in besonderer Vertragsziffer (IV) und anders als durch die eigentliche Ruhegehaltsregelung gesichert. Daß diese Zusage nur bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers gilt, mag zu der Frage führen, ob er darüber hinaus noch Rechte hat. Diese Frage ist aber hier nicht mitzuentscheiden.

VII.

Mit Recht vertritt das Berufungsgericht dagegen den Standpunkt, daß der Kläger Anspruch des halben Aktivitätsgehalts habe. Es meint: Wenn sich die Beklagte für den Fall, daß der Kläger aus einem anderen Grunde als einem solchen des § 752 HGB fristlos entlassen werde, auch nicht zur Weiterzahlung des vollen Aktivitätsgehalts habe verpflichten können, so sei diese Zusage doch in Höhe des angemessenen Betrages wirksam. Angemessen sei ein Betrag vom 9.010 DM im Monat. Die Voraussetzungen für diesen Anspruch seien erfüllt. Die ausgesprochene Kündigung falle unter § 72 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Diese Vorschrift verlange zwar längere Abwesenheit vom Dienst. Die sei aber auch dann anzuwenden, wenn eine längere Abwesenheit mit Sicherheit bevorstehe. Der Kläger sei durch die Anordnungen der Militärregierung in der Dienstleistung behindert worden. Diese Dienstbehinderung sei einer durch Abwesenheit begründeten gleichzustellen. Bei wörtlicher Anwendung der Vertragsziffer IV habe der Kläger danach zwar keinen Anspruch. Als Sinn der vertraglichen Regelung sei aber anzunehmen, daß diese Folge nur bei verschuldeter fristloser Entlassung habe eintreten sollen. Es sei nicht der Wille der Parteien gewesen, den Kläger bei Lösung des Vertrages aus einem von ihm nicht verschuldeten Grunde ohne jede Entschädigung zu lassen. Verschuldet habe der Kläger die Kündigung nicht. Ihm stehe aus den getroffenen Vereinbarungen ein Anspruch auf das halbe Monatsgehalt zu. Darauf habe er auch aus Billigkeitsgründen Anspruch.

Die Revision der Beklagten macht demgegenüber geltend, daß die fristlose Entlassung begrifflich alle Ansprüche vernichte. Das ist unrichtig, wie bereits ober zur Frage nach dem eigentlichen Ruhehalt ausgeführt wurde. Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit kann auch vereinbart werden, daß ein Versorgungsanspruch in gewissen Fällen fristloser Entlassung entstehen soll. Der Senat hat das bereits in seinem Urteil vom 17. Oktober 1951 – II ZR 83/51 – ausgesprochen. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien getroffen. Der Anspruch der Vertragsziffer IV sollte gerade vorzeitiger Entlassung entstehen und nur die Fälle einer Kündigung aus § 72 HGB sollten hiervon ausgenommen sein. Solchenfalls steht nicht der Wegfall, sondern der Anfall eines Versorgungsanspruchs in Frage. Es ist keineswegs unsittlich oder verboten, ein Vorstandsmitglied oder eine Arbeitnehmer auch oder gerade für den Fall fristloser Entlassung zu sichern. Eine solche Vereinbarung darf bloß icht den Anreiz zu ungetreuem oder vorsätzlich schädigendem Verhalten bieten und kann daher nicht für den Fall der Kündigung aus derartigen Gründen getroffen werden. Mit Recht haben daher die Verträge mit dem Kläger dessen Versorgungsanspruch auf die Entlassung aus anderen Gründen als denen des § 72 HGB beschränkt. Die Vereinbarung ist allerdings der Höhe nach unwirksam. Es besteht aber kein rechtlichen Bedenken, sie überhaupt oder im vom Berufungsgericht vorgenommenen Umfange aufrecht zu erhalten. Was das Berufungsgericht hierfür im einzelnen anführt, liegt auf tatsächlichem Gebiet und ist von Rechtsirrtum unbeeinflußt. Es liegt nicht wesentlich anders, als wenn sich ein Vorstandsmitglied sonst unzulässige Bezüge versprechen läßt; für Fälle dieser Art hat das Reichsgericht in seinem Urteil vom 10. März 1944 (DR 1944, 488) mit gutem Grunde ganz allgemein ausgesprochen, daß an die Stelle der nichtigen Vereinbarungen die dem Gesetz entsprechenden Bezüge treten.

Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Berufungsgericht darin gefolgt werden kann, daß die Kündigung eine solche aus § 72 Abs. 1 Nr. 3 HGB ist. Denn, ist dies Fall, so greift dies auf tatsächlichem Gebiet liegende, rechtlich einwandfreie Erwägung des Berufungsurteils durch, es sei der Wille der Parteien gewesen, dem Kläger bei unverschuldeter Kündigung einen Versorgungsanspruch zugeben (vgl. dazu LAG München BB 1950, 734 unter V, 3) Trifft § 72 HGB dagegen nicht zu, so stellt sich die Kündigung als eine Entlassung „aus einem anderen Grunde als einem solchen das § 72 HGB” dar, und der – auf das zulässige Maß eingeschränkte – Anspruch aus der Vertragsziffer IV ist dann bereits in wörtlicher Anwendung dieser Vertragsbestimmung gegeben.

Auf den Gesichtspunkt der Billigkeit kommt es daher nicht an. Aber selbst damit kann beim Fehlen eines vertraglichen Anspruchs einem von der Entnazifizierung betroffenen Vorstandsmitglied ein Versorgungsanspruch zuerkannt werden, wie der Senat in seinem Urteilen vom 17. Oktober 1951 (II ZR 83/51) und vom 21. Juni 1952 (II ZR 214/51) ausgeführt hat (vgl. auch für die fristlose Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus andern wichtigen Gründen: RAG ArbRS 37, 77/78 m Anm. Hueck; in DR 1940, 131 m Anm. Nikisch; RAG ArbRS 46, 400; Hueck SJZ 19540 Sp 587; RG DR 1939, 1527 oder infolge Entnazifizierung: OLG Hamburg BB 1953, 622; OLG Bremen BB 1953, 88 unter dem Gesichtspunkt ergänzender Vertragsauslegung).

VIII.

Zu Unrecht erhebt die Beklagte gegenüber dem Anspruch des Klägers den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung. Angesichts der rechtlichen einwandfreien Feststellung des Berufungsgerichts, daß die Beklagte bei Abschluß der Verträge von 1942 und 1944 ohne politischen Druck gehandelt habe, fehlt diesem Einwand der dafür geltend gemachte Grund.

IX.

Nach den getroffenen Vereinbarungen ist der Kläger bis zu seinem 60. Lebensjahr verpflichtet, sich um eine anderweitige angemessene Stellung zu bewerben; das hieraus „gezogene” Einkommen hat er sich auf die Versorgungszahlungen der Beklagten anrechnen zu lassen. Das Berufungsgericht hat Recht, wenn es daraus, daß der Kläger statt des vollen Aktivitätsgehalts nur das halbe Monatsgehalt beanspruchen kann, folgert, diesen Anspruch sei bei eigenem Verdienst des Klägers nur insoweit zu kurzen, als der Kläger mehr als die Hälfte des pensionsfähigen Gehalts anderweit verdient oder zu verdienen in der Lage ist.

Das Berufungsgericht hat auch darin Recht, daß es unter die Anrechnungspflicht nicht diejenigen Einnahmen zählt, die der Kläger aus seinem eigenen Hof oder aus Gutachtertätigkeit zieht. Denn die Einkünfte aus dem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb stellen im wesentlichen den Nutzen seines Vermögens dar, und die Gutachtertätigkeit entspricht nicht seiner Stellung bei der Beklagten. Die Revision der Beklagten greift das auch nur als mit dem Gesichtspunkt der Billigkeit unvereinbar an. Für eine Billigkeitserwägung ist aber angesichts der getroffenen klaren Vereinbarung und des Umstandes, daß die Beklagte die Erteilung dieser Zusage nicht unter politischem Druck handelte, kein Raum. Da der Kläger in der Zeit vom 1. November 1948 bis zum 1. Dezember 1950 keinen anrechnungsfähigen Verdienst erzielt hat, der die Hälfte seines Aktivitätsgehalts übersteigt, und nicht dargetan ist, daß er in dieser zeit anrechnungsfähige Verdienst erzielen konnte, scheidet eine Kürzung der eingeklagten 20.000 DM aus.

X.

Die Beklagte hat schließlich mit einer ihr abgetretenen Forderung der Ba. auf Erstattung von 21.000 RM, umgestellt auf 2.700 DM, aufgerechnet. Sie hat behauptet, die Ba. habe dem Kläger diesen Betrag unter Verletzung des Lohnstops gezahlt. Das Berufungsgericht hat das Rückforderungsrecht verneint, weil sowohl der Kläger wie die Ba. gegen den Lohnstop verstoßen hätten und hierauf § 817 Satz 2 BGB anwendbar sei.

Das Reichsgericht hat den Standpunkt vertreten, daß 817 Satz 2 BGB Strafcharakter habe, und hieraus abgeleitet, daß die Bestimmung das Bewußtsein beider Teile voraussetze, gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zu verstoßen (RG 2000005, 270; 132, 33 [41]; 151, 70 [73] mit weiteren Nachw.; 161, 52 [57]; vgl. auch OGH 4, 57 [59]), das kann jedoch dahinstehen, denn die beklagte hat entgegen dem Vortrag ihrer Revision gewußt, daß der Lohnstop für die Bezüge von Vorstandsmitgliedern galt. Das Berufungsgericht hat allerdings nicht ausdrücklich festgestellt, daß sich die Baywa des Verstoßes gegen den Lohnstops bewußt sei. Das folgt aber seinem Urteil, insbesondere aus der Verwertung der Beweisaufnahme, die ergibt, daß sich Organmitglieder der Ba. bei dem Sachbearbeiter (des Landesarbeitsamts) für Lohnstopangelegenheiten über die Rechtslage bei Gehaltserhöhungen erkundigt und die Auskunft erhalten haben, daß auch eine Aufbesserung des Gehalts von Vorstandsmitgliedern der Genehmigung bedürfe.

Nach § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger einer Leistung, deren Zweck derart bestimmt ist, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßt, zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist dagegen ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt (§ 817 Satz 2 BGB). Die Anwendbarkeit dieses Rechtssatzes auf unter bewußtem Preisverstoß gezahlte Überpreise wird geleugnet (vgl. u.a. KG DR 1940, 869; HEZ 1, 98; OLG Hamm HRR 1940 Nr. 1386; OLG Stuttgart DR 1941; 496; OLG Frankfurt HEZ 2, 96 m zuerst Coing NJW 1949, 558; HEZ 2, 179; OLG Hamburg NJW 1948, 625; OLG Karlsruhe NJW 1951, 444; OLG Halle JR 1951, 858; Brandt MDR 1948, 169 ff, 201 ff). Es wird geltend gemacht: die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB führe zu einer Aushöhlung der Vorschriften über den Preisstop. Der Empfänger des Überpreises könne nicht behalten dürfen, was er nach den Preisbestimmungen nicht habe erlangen dürfen. Würde ihm der Überpreis belassen werden, so würde er geradezu für das Fordern oder Annehmen des Überpreises belohnt werden § 817 Satz 2 BGB, angewendet, nehme dem Kampf gegen Preisverstöße eine wichtige Waffe aus der Hand. Nach § 5 der VO über die Preisüberwachung und die Rechtsfolgen von Preisverstößen im Grundstückverkehr vom 7. Juli 1942 könne bei Grundstücksverkäufen, wenn ein unzulässiger Preis vereinbart sei, das Geschäft aber zum zulässigen Preis gelte, die das zulässige Entgelt übersteigende Leistung zurückgefordert werden; § 5 bestimme für diesen Fall ausdrücklich, daß § 817 Satz 2 BGB nicht anzuwenden sei. Damit habe ein allgemeiner Rechtsgedanke seinen gesetzlichen Niederschlag für einen Sonderfall gefunden. Der Rechtsgedanke des § 5 der VO vom 7. Juli 1942 sei daher auch anzuwenden, wenn bei anderen Geschäften als Grundstücksverkäufen bewußt gegen Preisbestimmungen verstoßen werde. Dem § 4 der VO vom 7. Juli 1942 liege der Gedanke zugrunde, dass sich der Veräußerer, der sich unter bewußtem Verstoß gegen die Preisbestimmungen heimlich ein überhöhtes Entgelt versprechen oder geben lasse, damit selbst des Schutzes beraube, den die Regel des § 2 Abs. 1 dieser VO mit der Nichtigkeitsfolge für den gutgläubigen Veräußerer bereithalte, indem sie ihn aus der vertraglichen Bindung wieder entlasse und ihm seine Entschlußfreiheit zurückgebe. Ebensowenig könne demjenigen, der bewußt eine unzulässigen Preis bei einem anderen Geschäft entgegennehme, die Berufung auf § 817 Satz 2 BGB verstattet sein. Ihm würde sonst das Wagnis des unzulässigen Geschäfte zu einem wesentlichen Teile abgenommen werden, es genüge nicht, die Einhaltung der Preisvorschriften strafrechtlich und dadurch zu sichern, daß das unzulässige Geschäft für zum zulässigen Preis verbindlich erklärt werde; es müsse vielmehr noch die Pflicht zur Rückgabe des überhöhten Preises hinzukommen. Bei dem besonders starken Interesse der Öffentlichkeit an der Einhaltung vorgeschriebener Preise müsse der Sicherung des zulässigen Preises der Vorrang vor § 817 Satz 2 BGB gegeben werden.

§ 817 BGB wird weitgehend als unbefriedigend angesehen (vgl. u.a. RGRK zu § 817; RG 151, 72; Enneccerus-Lehman § 226, 4). Für einen Bereicherungsanspruch wegen gesetzwidrig oder unsittlich empfangener Leistung besteht kaum ein Bedürfnis, da bei einem Gesetzes- oder Sittenverstoß im Regenfall bereits § 812 BGB eingreift. Daß der Empfänger einer gesetz- oder sittenwidrigen Leistung diese behalten kann, wenn auch dem Geber ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt, wird weitgehend als dem Rechtsgefühl widersprechend bezeichnet. Anderseits wird § 817 Satz 2 BGB für zweckvoll oder notwendig gehalten (vgl. dazu Siber, Schuldrecht S 431 ff; Heck ArchZivPrax 124, 1 [64]; von Caemmerer SJZ 1950 Sp 649).

Das Reichsgericht hat angenommen, daß diese Bestimmung Strafcharakter habe, und hat hieraus abgeleitet, daß die Versagung des Rückforderungsrechts als Strafe oder Schaden des verbotswidrig oder unsittlich Leistenden berechtigt sei. Das rechtfertigt aber noch nicht, es bei der eingetretenen Vermögensverschiebung zu belassen, da der Empfänger damit eine gesetzwidrige der unsittliche Leistung behält und zudem kein Grund vorliegt, ihn zu belohnen, gleichviel ob er durch die Annahme der Leistung seinerseits gegen Gesetz oder gute Sitte verstieß oder ob er – falls mit RG 151, 71; 161, 52 der Gesetzes- oder Sittenverstoß allein des Leistenden zum Ausschluß der Rückforderung genügt – seinerseits rechtmäßig handelte (RGRK 9. Aufl. § 817 Anm. 2 zu Satz 2).

Heck (ArchZivPrax 124; [33 ff] sucht den Satz 2 des § 817 BGB) auf die Fälle der Rückforderung wegen verwerflichen Empfangs zu beschränken und meint, daß das Gesetz in § 817 Satz 2 BGB eine Schuldkompensation vornehme. Wenn aber nur der aus § 817 Satz 1 BGB und nicht auch der aus § 812 BGB abgeleitete Bereicherungsanspruch der Einrede des § 817 Satz 2 BGB ausgesetzt wäre, so müßte derjenige, der ohne eigenen Gesetzes oder Sittenverstoß etwas von einem sittenwidrig Leistenden empfangen hat, zur Herausgabe der Bereicherung verurteilt werden während derjenige Leistungsempfänger, dem gleich dem Leistende ein Geseztes- oder Sittenverstoß zur Last fällt, die Leistung behalten könnte, ein unterschied, der nicht zu rechtfertigen ist (RG 161, 55) und zugleich den Gesichtspunkt der Schuldkompensation in Frage stellt (Raiser JZ 1951, 719).

§ 817 Satz 2 BGB wird auch mit dem Gedanken gerechtfertigt, das Gesetz versage den staatlichen Rechtsschutz für verbotene und sittenwidrige Geschäfte (RG 151, 72; OGH 4, 60; von Caemmerer SJZ 1950 Sp 649; Raiser JZ 1951, 719) Aber bei der verteidigungsweisen Aufrechnung mit einem der Einrede aus § 817 Satz 2 BGB ausgesetzten Bereicherungsanspruch geht es weniger darum, ob jemand für seine verwerfliche Leistung vor staatlichen Gerichten Rechtsschutz oder Gerechtigkeit fordern kann, als um die vorauf liegende Frage der sachlich-rechtliche Wirkung seiner Aufrechnungserklärung.

Solange § 817 Satz 2 BGB als Gesetz gilt, kommt es auch nicht so sehr auf seine Rechtfertigung als darauf an, ob durchschlagende Gründe dafür bestehen, ihn für einzelne Sondergebiete, insbesondere zur Ermöglichung der Rückforderung gezahlter Überpreise, außer Anwendung zu lassen.

§ 5 der VO vom 7. Juli 1942 kann ebensogut dafür wie dagegen geltend gemacht werden, je nachdem ob diese Vorschrift als Niederschlag eines allgemeinen Rechtsgedankes oder als eine Sonderregelung für Grundstücksverkäufe anzusehen ist. Überwiegende Gründe sprechen weder für das eine noch für das andere.

Das gleiche gilt von dem aus § 4 der VO vom 7. Juli 1942 hergeleiteten Gedanken. Hiergegen und gegen die Forderung, daß die Einhaltung der Preisvorschriften auch durch Ausschaltung des § 817 Satz 2 BGB gesichert werden müsse, ist jedoch noch zu sagen, daß dies Sache des Gesetzgebers gewesen wäre, er aber die Regelung der VO vom 7. Juli 1942 lediglich für Grundstücksverkäufe und nicht auch für andere Geschäfte getroffen hat. Das mag daran liegen, daß eine Preisfestsetzung ohne ausreichende Warenversorgung nur begrenzte Möglichkeiten hat und daß die vergangene Preispolitik wegen des Fehlens der ökonomischen Voraussetzungen den Keim ihrer Auflösung in sich trug. Der Gesetzgeber könnte sich schon von Strafdrohungen keinen durchschlagen Erfolg und erst recht keine wirkliche Abhilfe versprechen. Gegen eine zivilrechtliche Sanktion sprach aber noch, daß sich derjenige, der einen gezahlten Überpreis zurückfordern wolle, entweder selbst einer strafbaren Handlung zeihen oder vom Gesetz begünstigt oder gar straffrei gelassen werden mußte. Aber auch die Tatsache, daß es nur verhältnismäßig wenige waren, die überhaupt oder nach der Währungsumstellung die überzahlten Preise zurückgefordert haben, und die hierin zum Ausdruck kommende Rechtsmeinung der Allgemeinheit konnten, im voraus erkannt und richtig eingeschätzt, Grund genug sein, es auch für überzahlte Leistungen beim Ausschluß der Rückforderbarkeit zu belassen. Was zur Zeit der Preisbindungen nicht ratsam zweckvoll erschien, kann rückwärtshin nicht gut anders beurteilt werden. Nach allem ist es auch nicht richtig, daß die Anwendung des § 817 Satz 2 BGB zu einer Aushöhlung der Preisvorschriften führen würde und daß die Preissicherung Vorrang vor § 817 Satz 2 BGB habe.

Der Hinweis, daß der Empfänger eines verbotswidrigen Überpreises nicht könne behalten dürfen, was er nach den Preisbestimmungen nicht erlangen durfte, läuft auf einen allgemeinen Angriff auf § 817 Satz 2 BGB hinaus. Mit dem Ausschluß der Rückforderbarkeit hat § 817 Satz 2 BGB eine hierauf begrenzte Sanktion von Gesetzes- und Sittenverstößen vorgenommen. Er stuft nicht zwischen den einzelnen Verstößen ab und unterscheidet nicht zwischen leichten und schweren Verfehlungen, auch nicht zwischen kriminellem und sonstigem Unrecht und nicht nach der Bedeutung der übertretenen Norm. Er stellt Sitten und Gesetzverstöße einander gleich. Das Gewicht des staatlichen Interesses an der Preissicherung spielt darum für die Frage nach der Anwendbarkeit oder Unanwendbarkeit des § 817 Satz 2 BGB keine Rolle. Diese Vorschrift verstopft ganz mit Absicht eine Quelle unerfreulicher Streitigkeiten. Die Folgen eines verbotenen oder sittenwidrigen Geschäfts, die der Leistende auf sich genommen hat, sollen nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Der Gesetzgeber hat den Gesetzes- oder Sittenverstoß in Ansehung der vollzogenen Leistung hingenommen und gewährt hierfür keinen Schutz, weder sachlich-rechtlich noch verfahrensrechtlich. Der Gesichtspunkt der Gerechtigkeit bleibt bewußt unberücksichtigt. Die Rückforderung ist, wie das Gesetz schlicht sagt, ausgeschlossen. Diese gesetzliche Anordnung ist es, die den Entscheidungsgrund abgibt und die Rückforderung des gesetzwidrig oder unsittlich Geleisteten ausschließt. Hiervon für ein bestimmtes Sachgebiet eine Ausnahme zu machen, ist nicht gerechtfertigt, ganz abgesehen davon, daß es an einer vernünftigen zeitlichen Begrenzung dafür fehlen würde, wie lange sich der gesetzwidrig oder unsittlich Leistende darauf besinnen kann, ob er die unzulässige Leistung zurückfordern will oder nicht.

Der Kommentar von Reichsgerichtsräten (9. Aufl., § 817 Anm. 3 zu Satz 2) will den § 817 Satz 2 BGB nicht bloß für einzelne Sondergebiete sondern schlechthin einschränken, indem er die Vorschrift nur dann heranziehen will, wenn das mit ihr zu gewinnende Ergebnis Treu und Glauben entspricht und nicht seinerseits eine ungerechtfertigte Bereicherung des Leistungsempfängers darstellt (ebenso OLG Hamburg NJW 1948, 625). Dem ist bereits der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone (Bd. 4, 60 ff) mit guten Gründen entgegengetreten. Ihnen ist noch anzufügen, daß eine Aushöhlung des § 817 Satz 2 BGB dem mit dieser Vorschrift verfolgten Zweck, der Verbots- oder sittenwidrigen Leistung jeden Schutz zu versagen, widerspricht und ihrerseits durch die unterschiedlichen Beurteilungsmöglichkeiten zu einer Rechtsunsicherheit führen würde, die um einer verwerflichen Leistung willen am allerwenigsten hingenommen werden kann.

Nach alledem kann nicht anerkannt werden, daß die Baywa einen Anspruch auf Rückzahlung des unter Verstoß gegen den Lohnstop gezahlten Gehalts hatte. Abtretung und Aufrechnung waren daher gegenstandslos.

Das Berufungsurteil erweist sich damit im Ergebnis als richtig. Die Revisionen beider Parteien waren deshalb zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Canter, Dr. Drost, Dr. Haidinger, Dr. Fischer, Dr. Kuhn

 

Fundstellen

Haufe-Index 1237624

BGHZ, 348

NJW 1953, 740

JZ 1953, 282

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