Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Verfügung über Teilzeitbeschäftigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Herabsetzung des Arbeitspensums eines Richters in der Weise, daß er nach jeweils einem Jahr der Vollzeitbeschäftigung für ein halbes Jahr von der richterlichen Tätigkeit freigestellt wird, ist keine Ermäßigung des regelmäßigen Dienstes im Sinne der Vorschriften über die Ermäßigung der Dienstzeit und die Teilzeitbeschäftigung.

 

Normenkette

DRiG § 48a Abs. 1 Nr. 1, § 76a Abs. 2 Nr. 1; BlnRiG § 3b Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 27.04.1988)

LG Berlin

 

Tenor

Die Revision des Antragstellers gegen das Urteil des Dienstgerichtshofs bei dem Kammergericht vom 27. April 1988 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Antragsteller ist Richter am Amtsgericht im Justizdienst des Antragsgegners. Er begehrt Bewilligung von Teilzeitarbeit „Reduzierung meiner Dienstgeschäfte um ein Drittel”) unter folgender „Bedingung”:

  1. „Die Reduzierung der Dienstgeschäfte bei mir und bei einem anderen Prozeßrichter des Amtsgerichts Schöneberg, der gesondert seinen Antrag stellen wird, ist zu koordinieren mit der Schaffung einer neuen Zwei-Drittel-Richterstelle am Amtsgericht Schöneberg.
  2. Die dann vorhandenen drei Zwei-Drittel-Richter arbeiten jeweils ein Jahr als Vollzeitrichter und haben anschließend ein halbes Jahr zur freien Verfügung.”

Der Senator für Justiz lehnte den Antrag durch Bescheid vom 25. Januar 1984 ab und wies den Widerspruch des Antragstellers durch Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1985 zurück. Das daraufhin vom Antragsteller angerufene Verwaltungsgericht wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 9. Januar 1987 als unzulässig ab, weil für die begehrte Entscheidung das Dienstgericht zuständig sei. Auf die vom Antragsteller eingelegte Berufung erklärte das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 10. April 1987 den Rechtsweg zu einem Gericht der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit für unzulässig, stellte die Wirkungslosigkeit des Gerichtsbescheids fest und verwies die Sache an das Dienstgericht bei dem Landgericht Berlin.

Mit Urteil vom 28. August 1987 hat das Dienstgericht bei dem Landgericht Berlin die Klage, mit der der Antragsteller begehrt hatte, „den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 1984 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1985 zu verpflichten, ihm zum nächstmöglichen Zeitpunkt die gewünschte Teilzeitbeschäftigung zu gewähren”, abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Antragstellers hat der Dienstgerichtshof bei dem Kammergericht mit Urteil vom 27. April 1988 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Prüfungsantrag als unbegründet zurückgewiesen wurde. Er ist der Ansicht, herabgesetzte Arbeitszeiten und Beurlaubungen für Richter im Lande Berlin seien in den Bestimmungen der §§ 3 a und 3 b BlnRiG abschließend geregelt, so daß eine Beurlaubung des Antragstellers nach § 35 a LBG nicht in Betracht kommen könne und die von ihm gewünschte Regelung seines Richterdienstes nach der Vorschrift des § 3 b Abs. 1 Nr. 1 BlnRiG zu beurteilen sei, die nur die Bewilligung von Teilzeitbeschäfigung zulasse. Wesentliches Merkmal der Teilzeitbeschäftigung aber sei die Kontinuität in der Ableistung auch des ermäßigten Dienstes. Die vom Antragsteller angestrebte Regelung laufe hingegen im Ergebnis auf eine bisher nicht bekannte Form des Sonderurlaubs hinaus und sei mit dem Gesetz nicht vereinbar.

Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Antragsgegner beantragt, verfolgt der Antragsteller seinen Antrag weiter. Er meint, die von ihm angestrebte Blockteilzeitbeschäftigung sei gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 BlnRiG zu bewilligen, weil diese Vorschrift an den Begriff des regelmäßigen Dienstes und nicht an den der Arbeitszeit anknüpfe. Es komme deshalb auf die Erfüllung des vorgegebenen Pensums und nicht auf die Präsenz im Sinne einer Arbeitszeit an. Eine kontinuierliche – regelmäßige – Tätigkeit liege auch dann vor, wenn ein Richter ein Jahr lang ein volles Dezernat bearbeite und anschließend ein halbes Jahr pausiere. Im übrigen sei auch § 35 a LBG – direkt oder analog – anwendbar.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Angriffe der Revision gegen das angefochtene Urteil sind nicht begründet.

Der Antragsteller hat weder nach § 3 b des Berliner Richtergesetzes vom 18. Januar 1963 (GVBl. S. 93) in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung des Berliner Richtergesetzes vom 17. Juli 1985 (GVBl. S. 1573) – im folgenden als BlnRiG bezeichnet – noch nach § 35 a des Landesbeamtengesetzes vom 24. Juli 1952 (GVBl. S. 603) in der Fassung des 16. Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtenrechts vom 27. September 1984 (GVBl. S. 1436) – im folgenden als LBG bezeichnet – einen Anspruch auf eine Reduzierung seiner Dienstgeschäfte in der von ihm begehrten Form.

1. Gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 BlnRiG kann unter den dort aufgeführten Voraussetzungen, die im hier zu entscheidenden Falle nach den Feststellungen des Berufungsgerichtes vorliegen, einem Richter auf Antrag Teilzeitbeschäftigung bis zur Hälfte des regelmäßigen Dienstes bewilligt werden, so daß eine Herabsetzung des Arbeitspensums eines Richters um ein Drittel nach dieser Vorschrift grundsätzlich möglich ist (vgl. Schmidt-Räntsch, Deutsches Richtergesetz, 4. Aufl., Rdn. 7 zu § 48 a DRiG). Eine solche Herabsetzung seines Arbeitspensums strebt der Antragsteller aber nicht an. Die von ihm begehrte Regelung würde vielmehr dazu führen, daß ihm jeweils für die Dauer eines Jahres ein volles Richterpensum übertragen werden müßte und daß er daran anschließend für sechs Monate überhaupt nicht richterlich tätig sein würde. Diese Form der Entlastung ist keine Verringerung des regelmäßigen Dienstes im Sinne von § 3 b Abs. 1 Satz 1 BlnRiG.

Diese Vorschrift stellt im Gegensatz zur beamtenrechtlichen Regelung etwa in § 35 a Abs. 1 Satz 1 LBG nicht auf die Arbeitszeit, sondern auf den regelmäßigen Dienst ab, weil für Richter bestimmte Arbeitszeiten nicht festgesetzt sind (vgl. Schmidt-Räntsch a.a.O.), die Erfüllung der richterlichen Aufgaben und ihre zeitliche Einteilung vielmehr der richterlichen Unabhängigkeit unterfallen (BVerwG DRiZ 1988, 139). Regelmäßiger Dienst ist die Erfüllung der dem Richter in der richterlichen Geschäftsverteilung zugeteilten Aufgaben durch zeitgerechte und kontinuierliche Bearbeitung der anfallenden Vorgänge, wobei der Richter zwar nicht gehalten ist, seine Dienstgeschäfte innerhalb bestimmter Dienstzeiten und in der Dienststelle zu erledigen, jedoch zur Verfügung stehen muß, soweit seine Anwesenheit in der Dienststelle durch bestimmte Tätigkeiten, wie Beratungen, Sitzungsdienst oder Bereitschaft für Eilsachen geboten ist (BVerwG a.a.O.). Dieser regelmäßige Dienst darf im Rahmen der Bewilligung von Teilzeitarbeit bis zur Hälfte ermäßigt werden, sein völliger Wegfall ist dagegen nicht vorgesehen. Der Senat ist daher mit dem Dienstgerichtshof bei dem Kammergericht der Auffassung, daß wesentliches Merkmal der Teilzeitbeschäftigung die Kontinuität in der Ableistung des – ermäßigten – Dienstes ist. Die Verringerung des regelmäßigen Dienstes ist daher nur in der Weise möglich, daß das Arbeitspensum des Richters durch eine Änderung der richterlichen Geschäftsverteilung verkleinert wird (Schmidt-Räntsch a.a.O.). Demgegenüber verlangt der Antragsteller, jeweils nach Ablauf eines Jahres für ein halbes Jahr von jeglicher Dienstleistung freigestellt zu werden, so daß in dieser Zeit der regelmäßige Dienst ganz entfiele. Dies ist, wie ausgeführt, im Rahmen der Bewilligung von Teilzeitarbeit gemäß § 3 b Abs. 1 Satz 1 BlnRiG nicht zulässig.

2. Der Antragsteller kann sein Begehren auch nicht auf die Bestimmung des § 35 a Abs. 1 Nr. 3 LBG stützen, wobei dahingestellt bleiben kann, ob nach dieser Vorschrift wiederholte Beurlaubungen von jeweils sechs Monaten Dauer möglich wären.

Der Senat ist mit dem Dienstgerichtshof bei dem Kammergericht der Ansicht, daß die Bewilligung von Teilzeitarbeit und von Beurlaubungen für Richter im Land Berlin durch die Vorschriften der §§ 3 a und b BlnRiG abschließend geregelt worden ist. Diese Regelung ist auch nicht lückenhaft, wie der Antragsteller meint. Mit dem zweiten Gesetz zur Änderung des Berliner Richtergesetzes vom 17. Juli 1985 (GVBl. S. 1573) hat der Berliner Landesgesetzgeber vielmehr die Rahmenbestimmung des § 76 a Abs. 2 DRiG in der Fassung des Art. 3 Nr. 4 des 5. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 1984 (BGBl. I S. 998) voll ausgeschöpft. Der Bundesgesetzgeber aber hat in diesem Gesetz die Beurlaubung aus Arbeitsmarktgründen für Beamte (Art. 1) und Richter (Art. 3) bewußt unterschiedlich geregelt, wie sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt: Der „Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften” (Deutscher Bundestag – 10. Wahlperiode, Drucksache 10/930, Anl. 1) hatte in Art. 3 Nr. 2 auch für Richter Urlaub ohne Dienstbezüge bis zur Dauer von insgesamt sechs Jahren vorgesehen. Gegen diese Regelung hat dann die Bundesregierung Bedenken angemeldet (Deutscher Bundestag – 10. Wahlperiode, Drucksache 10/930, Anlage 2).

Ist die Regelung in den §§ 3 a und b BlnRiG aber abschließend, dann ist durch diese Vorschriften eine „andere Bestimmung” im Sinne des § 7 BlnRiG getroffen worden, die einer entsprechenden Anwendung der Vorschriften für Landesbeamte entgegensteht (vgl. für die entsprechende Rechtsnorm des DRiG Schmidt-Räntsch, § 56 DRiG, Rdn. 9).

II. Die Revision war daher zurückzuweisen, so daß der Senat auf weitere dem Begehren des Antragstellers entgegenstehende Bedenken nicht einzugehen braucht, die sich daraus ergeben, daß durch die von ihm gestellte „Bedingung” der Einstellung eines weiteren Richters die Dispositionsfreihei der Justizverwaltung und des Haushaltsgesetzgebers berührt werden.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 S.1 DRiG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Revisionsinstanz auf 6.000 DM festgesetzt (§ 13 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 2 S. 1 GKG).

 

Unterschriften

Ruß, Erdmann, Dr. Macke, Gollwitzer, Meyer-Goßner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1502513

NJW 1989, 3221

Nachschlagewerk BGH, ja jeweils ohne I 2 und II der Entscheidungsgründe

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