Leitsatz (amtlich)

a) Dem Besteller obliegt es bei Einleitung eines Beweissicherungsverfahrens lediglich, die Schadstellen und auf getretenen Schäden zu beschreiben. Damit macht er den Mangel selbst zum Gegenstand des Verfahrens. Daher kommt es nicht darauf an, was der Antragsteller als Ursache der schädlichen Auswirkungen benennt (im Anschluß an Senatsurteil vom 6. Oktober 1988 – VII ZR 227/87 = LM BGB § 639 Nr. 28 = MDR 1989, 153 = JZ 1989, 154 = BB 1988, 2415 = WM 1988, 1799 = ZfBR 1989, 27 = BauR 1989, 79 = NJW-RR 1989, 148 m. w. Nachw.).

b) Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden. Das gilt auch für notariell beurkundete Verträge (im Anschluß an Senatsurteil vom 9. November 1989 – VII ZR 16/89 = NJW 1990, 715 = BauR 1990, 205 = ZfBR 1990, 69).

 

Normenkette

AGBG § 2; BGB § 477 Abs. 2, § 639 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OLG Hamm (Urteil vom 27.04.1990; Aktenzeichen 25 U 244/88)

LG Hagen (Urteil vom 10.10.1988; Aktenzeichen 18 O 495/86)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. April 1990 aufgehoben, soweit der Kläger beschwert ist.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Kläger sind Miteigentümer einer Eigentumswohnung am W. in H., die der Beklagte errichtet und am 29. Mai 1978 an die Kläger veräußert hat. In dem notariell beurkundeten Werkvertrag heißt es u. a.: „Die Erstellung der Wohnanlage erfolgt auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB).” Ferner ist in § 5 des Vertrages bestimmt: „Die Gewährleistung der am Bau Beteiligten und des Verkäufers endet gem. § 13 VOB in 2 Jahren nach Gebrauchsabnahme.” Wegen verschiedener Mängel hat der Kläger gemeinsam mit anderen Antragstellern seit dem 15. April 1985 beim Amtsgericht W. ein Beweissicherungsverfahren betrieben. Den Beweissicherungsantrag haben die Antragsteller am 11. Mai 1985 ergänzt. Der Beweissicherungsbeschluß vom 13. Mai 1985 bezeichnet entsprechend dem Antrag auch des Klägers das Eindringen von Feuchtigkeit durch die Dächer in die darunter liegenden Wohnungen als Mangel. Das Beweissicherungsgutachten wurde am 18. November 1985 fertiggestellt. Die Kläger verlangen u. a. Vorschuß zur Beseitigung von Mängeln des Daches. Der Beklagte hält die Ansprüche für verjährt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht den Beklagten zur Zahlung von 21.831 DM und Zinsen an die Eigentümergemeinschaft verurteilt. Im übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung des Klägers wegen Verjährung zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Revision des Klägers, mit der er seinen Zahlungsantrag in Höhe von weiteren 178.169 DM aufrechterhält.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht nimmt an, die in § 638 Abs. 1 BGB für Bauwerke bestimmte Verjährungsfrist von fünf Jahren sei durch die in dem Werkvertrag enthaltene Verweisung auf die VOB/B nicht wirksam verkürzt worden. Das ist richtig. Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden (Senatsurteil vom 9. November 1989 – VII ZR 16/89 = NJW 1990, 715 = BauR 1990, 205 = ZfBR 1990, 69). Das gilt auch für notariell beurkundete Verträge.

Auch wenn § 5 eigenständige Bedeutung haben sollte, ergibt sich nichts anderes. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann in einem Bau- oder Bauträgervertrag die Gewährleistungsregelung der VOB/B „isoliert” zumindest insoweit nicht wirksam vereinbart werden, als damit die Gewährleistungsfrist des § 638 Abs. 1 BGB verkürzt wird. Das gilt nicht nur, wenn die Regelung des § 13 VOB/B „isoliert” in einem vom Unternehmer oder Bauträger verwendeten Formularvertrag vereinbart wird, der wie hier Allgemeinen Geschäftsbedingungen zuzuordnen ist. Eine nach § 11 Nr. 10 f AGBG unwirksame Einbeziehung der Vorschrift liegt vielmehr auch dann vor, wenn in einem einzelnen, vom Unternehmer oder Bauträger abgefaßten Vertrag auf § 13 VOB/B Bezug genommen oder der Wortlaut dieser Vorschrift wiedergegeben wird (Senatsurteil BGHZ 107, 75, 82 m. w. Nachw.). Auch die in § 5 des Vertrages enthaltene Klausel verkürzt somit die gesetzliche Verjährungsfrist nicht wirksam.

II.

Das Berufungsgericht hält die Forderung für verjährt, soweit sie sich auf Mängel an den Dächern bezieht. Der Kläger habe im Beweissicherungsverfahren in nicht verjährter Zeit hinreichend konkret lediglich Risse in den Betonflächen gerügt. In den Sperrbetondächern gebe es aber keine Risse. Daher habe das Beweissicherungsverfahren die fünfjährige Verjährung hinsichtlich der Mängel an den Dächern nicht unterbrochen, so daß die Forderung insoweit im Zeitpunkt der Klageerhebung im Herbst 1986 bereits verjährt gewesen sei.

Dagegen wendet sich die Revision des Klägers mit Erfolg.

III.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann der Besteller (Auftraggeber) mit hinreichend genauer Beschreibung von zutage getretenen Erscheinungen den Fehler, der der Werkleistung insgesamt anhaftet und der die aufgetretenen Mangelerscheinungen verursacht hat, zum Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens machen. Eine Beschränkung auf die angegebenen Stellen oder die vom Besteller bezeichneten oder vermuteten Ursachen ist damit nicht verbunden. Diese Ursachen sind vielmehr vollständig erfaßt. Die Angabe etwa einer Stelle, an der Wasser in einer Wohnung auftritt, ist deshalb nur als Hinweis auf einen festgestellten Schaden, nicht als Begrenzung des Mängelbeseitigungsverlangens zu verstehen (vgl. etwa Senatsurteile vom 9. Oktober 1986 – VII ZR 184/85 = NJW 1987, 381, 382; vom 20. November 1986 – VII ZR 360/85 = ZfBR 1987, 71, 72 = BauR 1987, 207, 208 und vom 26. Februar 1987 – VII ZR 64/86 = ZfBR 1987, 188 = BauR 1987, 443, 444). Dem Besteller obliegt es bei Einleitung des Beweissicherungsverfahrens lediglich, die Schadstellen und auf getretenen Schäden zu beschreiben. Damit macht er den Mangel selbst zum Gegenstand des Verfahrens. Daher kommt es nicht darauf an, was der Antragsteller als Ursache der schädlichen Auswirkungen benennt. Es ist vielmehr Sache des Unternehmers, die Ursache festzustellen und sein Verhalten darauf einzurichten (Senatsurteil vom 6. Oktober 1988 – VII ZR 227/87 = LM BGB § 639 Nr. 28 = JZ 1989, 154 = BB 1988, 2415 = WM 1988, 1799 = ZfBR 1989, 27 = BauR 1989, 79 = NJW-RR 1989, 148 m. w. Nachw.).

IV.

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Fall folgendes:

Der Kläger hat durch die Ergänzung des Beweissicherungsantrags bestimmte Feuchtigkeitserscheinungen in den unter den Dächern liegenden Wohnungen beanstandet und zum Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens gemacht. Diese Bezeichnung der Feuchtigkeitssymptome war jedenfalls so genau, daß der Beklagte wissen mußte, welche Mangelerscheinungen der Kläger auf eine fehlerhafte Werkleistung des Beklagten zurückführte. Damit hat der Kläger die wirklichen Ursachen zum Gegenstand des Beweissicherungsverfahrens gemacht, die im vorliegenden Fall die Mangelerscheinungen herbeigeführt haben. Die Vorstellungen, die sich der Kläger bei der Einleitung des Beweissicherungsverfahrens über die Ursache der Mangelerscheinungen machte, sind demgegenüber nicht von Bedeutung. Dem Kläger oblag es lediglich, die Mangelerscheinungen zu bezeichnen. Es gibt keinen Grund, ihn deshalb schlechter zu stellen, weil er Vermutungen über deren Ursache äußerte.

Folglich sind die von dem Kläger geltend gemachten Gewährleistungsansprüche insgesamt nicht verjährt, weil die Verjährung innerhalb der laufenden fünfjährigen Frist durch das Beweissicherungsverfahren rechtzeitig unterbrochen worden ist (§§ 638 Abs. 1, 639 Abs. 1, 477 Abs. 2 BGB). Der Kläger kann selbständig Kostenvorschuß durch Zahlung an den Verwalter verlangen, da er aufgrund seines Vertrages einen individuellen Anspruch auf mangelfreie Herstellung des gesamten Eigentums hat (Senatsurteile BGHZ 68, 372, 378; vom 7. Mai 1987 – VII ZR 366/85 = NJW-RR 1987, 1046; vom 10. März 1988 – VII ZR 171/87 = NJW 1988, 1718).

Das Berufungsurteil kann somit nicht bestehenbleiben; es ist aufzuheben, soweit der Kläger beschwert ist. Da weitere Feststellungen erforderlich sind (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO), ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben wird.

 

Unterschriften

L, B, T, H, W

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 26.03.1992 durch Henco Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

Haufe-Index 512621

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