Leitsatz (amtlich)

›Gegenüber einem weder im Baugewerbe tätigen noch sonst im Baubereich bewanderten Vertragspartner kann die VOB/B nicht durch bloßen Hinweis auf ihre Geltung in den Vertrag einbezogen werden (im Anschluß an Senatsurteil BGHZ 86, 135).‹

 

Verfahrensgang

OLG Düsseldorf

LG Düsseldorf

 

Tatbestand

Der Beklagte beabsichtigte 1982, im Rahmen der Instandsetzung seiner Wohnung Parkett verlegen zu lassen. Auf seinen Wunsch sandte ihm die Klägerin mit Schreiben vom 10. September 1982 und 6. Dezember 1982 Angebote zu, die jeweils folgenden Hinweis enthielten: "Grundlage für die Arbeitsausführung ist in jedem Fall die VOB."

Nach mündlichem Vertragsschluß, wobei der Beklagte statt des ursprünglich angebotenen Parketts fertig versiegeltes Parkett bestellte, verlegte die Klägerin im Dezember 1982 den Parkettboden. Aufgrund späterer Bestellung lieferte sie im Dezember 1983 weiteres Fertigparkett.

Die Klägerin forderte mit Schlußrechnung vom 17. Februar 1986 insgesamt 5. 348,10 DM, die sich der Beklagte zu zahlen weigerte; er erhob u.a. die Einrede der Verjährung. Mit der Klage verlangte sie Zahlung von 5. 230, 68 DM nebst Zinsen, der das Landgericht und das Berufungsgericht - dieses unter Zurückweisung der Anschlußberufung der Klägerin - in Höhe von 3. 789, 79 DM nebst Zinsen für die Ende 1982 erbrachten Arbeiten stattgegeben haben. Die ursprünglich auch gegen die Ehefrau des Beklagten gerichtete Klage hat das Landgericht abgewiesen, ohne daß die Klägerin dagegen Berufung eingelegt hätte.

Mit seiner - zugelassenen - Revision, die die Klägerin zurückzuweisen bittet, verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

 

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht nimmt an, Grundlage des im Dezember 1982 mündlich geschlossenen Vertrages über Lieferung und Verlegung von Fertigparkett seien die Angebote der Klägerin vom 10. September 1982 und 6. Dezember 1982 gewesen, auch wenn der Beklagte statt des ursprünglich angebotenen Parketts bereits fertig versiegeltes Parkett bestellt habe.

Das läßt keinen Rechtsfehler erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

II.

1. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Klägerin habe in nicht verjährter Zeit Vergütung für ihre Ende 1982 abgeschlossenen Arbeiten verlangt. Zwar sei der Lauf der Verjährungsfrist nicht durch eine vertragliche Abrede der Parteien bis zur Rechnungserteilung gehemmt gewesen; auch sei die Einrede der Verjährung nicht treuwidrig erhoben.

Die Verjährungsfrist habe jedoch gemäß § 16 Nr. 3 VOB/B erst am Ende des Jahres, in dem die Schlußrechnung erteilt worden ist, zu laufen begonnen und sei durch die Klageerhebung wirksam unterbrochen worden. Aufgrund der in den Angeboten der Klägerin vom 10. September 1982 und 6. Dezember 1982 enthaltenen Hinweise "Grundlage für die Arbeitsausführung ist in jedem Fall die VOB" seien die VOB-Regeln insgesamt anwendbar.

Die VOB/B sei gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG auch wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Der Beklagte habe in ausreichender Weise Gelegenheit gehabt, sich zumutbar vom Inhalt der VOB/B Kenntnis zu verschaffen. Wenn er aufgrund der von der Klägerin geforderten Einbeziehung der VOB/B Einzelheiten über ihren Inhalt erwartete, so hätte er dies ihr gegenüber kundtun müssen. Strengere Anforderungen würden dem Geschäftsverkehr nicht gerecht.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

2. Die von der Klägerin geltend gemachte Vergütung in Höhe von noch 3. 789, 79 DM nebst Zinsen ist gemäß den §§ 196 Abs. 1 Nr. 1, 201 BGB verjährt. Denn die Verjährungsfrist hat mit dem 1. Januar 1983 zu laufen begonnen, so daß mit Ablauf des 31. Dezember 1984 Verjährung eingetreten ist. Für die Berechnung des Beginns der Verjährung ist § 16 Nr. 3 VOB/B nicht maßgeblich, da die VOB/B nicht Inhalt des im Dezember 1982 geschlossenen Vertrages geworden ist.

Die Frage, ob die VOB/B allein aufgrund eines Hinweises gegenüber einem mit ihr nicht vertrauten Auftraggeber wirksam i. S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG in einen Vertrag einbezogen werden kann, ist umstritten.

a) Der Senat brauchte darüber in seinem Urteil BGHZ 86, 135 nicht abschließend zu befinden. Er hat dort ausgeführt, der Verwender sei zwar grundsätzlich gehalten, seinem Vertragspartner die Kenntnisnahme von allen Bedingungen zu ermöglichen, die er dem Vertrage zugrunde legen wolle. Ein bloßer Verweis auf weitere, in dem verfügbaren Text nicht mitabgedruckte Bestimmungen reiche regelmäßig nicht aus, um auch sie in das Vertragswerk miteinzubeziehen. Anders sei es aber dann, wenn der Verwender mit Sicherheit erwarten dürfe, daß der Vertragspartner die vertraglichen Geschäftsbedingungen bereits kenne, etwa weil sie sich in seinem Geschäftszweig als Vertragsmuster durchgesetzt hätten und niemand in der Branche ohne Kenntnis dieser Bedingungen tätig sein könne. Deshalb genüge gegenüber einem im Baugewerbe tätigen Vertragspartner der Hinweis auf die Geltung der VOB/B, um sie in den Vertrag einzubeziehen (aaO. S. 138).

Diese Entscheidung hat sich in erster Linie mit dem Vorliegen einer Ausnahme zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG befaßt. Vergleichbare Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Der Beklagte ist weder gewerblich im Baubereich tätig noch bei der Renovierung seiner Wohnung von einem Architekten beraten worden. Es sind auch keine hinreichenden Anzeichen dafür vorhanden, daß er im Baubereich ebenso bewandert ist wie die Klägerin als ausführende Auftragnehmerin. Er mag zwar als Hausmeister einer größeren Wohnanlage gelegentlich mit Handwerkern in Verbindung kommen, die ihrerseits mit dem Verwalter oder den Eigentümern der Wohnanlage Verträge auf der Grundlage der VOB/B schließen. Es kann auch als zutreffend unterstellt werden, daß er bei der Vergabe von Aufträgen einen gewissen Einfluß hat. Dies alles rechtfertigt jedoch nicht die Annahme besonderer Kenntnisse im Bauvertragsrecht, zumal ihm nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichtes kein eigenes Beauftragungs- und Vorschlagsrecht zusteht.

b) Das Schrifttum läßt in diesen Fällen ganz überwiegend den bloßen Hinweis im Vertrag, es solle die VOB/B gelten, für eine wirksame Einbeziehung nicht ausreichen. Der Auftragnehmer, der die Geltung der VOB/B wolle, müsse von sich aus tätig werden, um dem Auftraggeber Gelegenheit zur Kenntnisnahme der VOB/B zu verschaffen, wobei allerdings unterschiedliche Anforderungen gestellt werden (Palandt/Heinrichs, BGB, 48. Aufl., § 2 AGBG Anm. 3 a; Kötz in MünchKomm, 2. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 11; Soergel/U.Stein, BGB, 11. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 17; Staudinger/Schlosser, BGB, 12. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 31; Schlosser/Coester-Waltjen/Graba, AGBG, § 2 Rdn. 56; Ingenstau/Korbion, VOB, 11. Aufl., Einleitung Rdn. 96; Heiermann/Riedl/Rusam/Schwaab, VOB, 5. Aufl., B § 1 Rdn. 4 d; Kiesel, VOB Teil B, vor § 1 Rdn. 13; Werner/Pastor, Der Bauprozeß, 5. Aufl., Rdn. 721 ff; Locher, Das private Baurecht, 4. Aufl., Rdn. 82; Kaiser ZfBR 1983, 253, 255; Merz BauR 1985, 47; Bartsch BB 1982, 1699, 1700; Bunte BB 1983, 732, 734; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 2. Aufl., § 23 Rdn. 242; Frikell/Glatzel/Hofmann, Bauvertragsklauseln und AGBG (1980) E 2. 21; Korbion/Hochstein, VOB-Vertrag 4. Aufl., Rdn. 23 k; Korbion/Locher, AGB-Gesetz und Bauerrichtungsverträge (1987) Rdn. 28).

Die Gegenmeinung läßt - zumindest bei mündlich geschlossenen Verträgen - den Hinweis auf die AGB und damit auf die VOB/B genügen. Sie hält es nicht immer für erforderlich, daß der Verwender über den ausdrücklichen Hinweis nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG hinaus den Kunden noch gesondert auf die Möglichkeit der Einsichtnahme verweist oder ihm den Text unaufgefordert vorlegt; andernfalls würde der Geschäftsverkehr mit AGB unnötig erschwert (so Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 5. Aufl., § 2 Rdn. 47 - für die VOB/B anders Hensen aaO. Anhang §§ 9 - 11 Rdn. 903; Löwe/Graf von Westphalen/Trinkner, AGBG, § 2 Rdn. 14; Koch/Stübing, AGB, § 2 AGBG Rdn. 32; Dietlein/Rebmann, AGB aktuell § 2 AGBG Rdn. 4, 5; Erman/H.Hefermehl, BGB, 7. Aufl., § 2 AGBG Rdn. 12; Locher NJW 1977, 1801, 1802; Jagenburg, BauR-Sonderheft 1) 1977 S. 1, 8 ff).

c) Der Senat hält in Fortführung seiner Rechtsprechung den bloßen Hinweis in einem Angebot auf die Geltung der VOB/B bei nicht mit ihr vertrauten Auftraggebern für nicht genügend, um eine wirksame Einbeziehung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG zu bejahen (ebenso OLG Hamm BauR 1989, 480). Dies gebieten Sinn und Zweck der Vorschrift. Der Vertragspartner soll Gelegenheit erhalten, sich bei Vertragsschluß mit dem Inhalt der VOB/B vertraut zu machen, damit er die Rechtsfolgen und die Risiken eines Vertragsschlusses abschätzen kann. Dies hat seinen hinreichenden Niederschlag in der Begründung zum Gesetzentwurf (BT-Drucks. 7/3919 S. 17/18) gefunden, wo es als notwendig bezeichnet wird, daß der Verwender seine Bedingungen offenlegt und seinen Vertragspartner auf die beabsichtigte Einbeziehung hinweist. Der Senat verkennt nicht den im Schrifttum häufig genannten Gesichtspunkt, die VOB/B werde ohnehin erst im Streitfall, nicht aber bei Vertragsschluß zur Kenntnis genommen. Darauf kann es aber bei der Auslegung der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG nicht ankommen. Mag das Anliegen des Gesetzgebers auch in vielen Fällen nicht erreicht werden, so zwingt es doch den Auftragnehmer als Verwender dazu, seinen Vertragspartner jedenfalls in die Lage zu versetzen, sich in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen und seine Informationsmöglichkeiten zu nutzen.

Das ist auch sach- und interessengerecht. Der Auftragnehmer wird nicht unangemessen dadurch beschwert, daß er für eine wirksame Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag Sorge zu tragen hat. In vielen Fällen wird nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 86, 135, 137/139) bereits der Hinweis auf die Geltung der VOB/B im Vertrag genügen. In den verbleibenden Fällen aber ist es dem Auftragnehmer zuzumuten, seinem Vertragspartner die Kenntnisnahme der VOB/B gerade im Hinblick auf die nicht unbedeutenden Werte im Baubereich zu ermöglichen.

Die Klägerin durfte sich mithin hier mit dem bloßen Hinweis in ihren Angeboten, sie wolle ihre Arbeit in jedem Falle auf der Grundlage der VOB/B erbringen, nicht begnügen. Angesichts dessen brauchte der Senat die weitere Frage nicht zu entscheiden, auf welche Weise die Klägerin ihre Obliegenheit, dem Beklagten in zumutbarer Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen, hätte erfüllen müssen.

III. Nach alledem können die Urteile des Berufungsgerichts und des Landgerichts nicht bestehen bleiben, soweit der Klage stattgegeben worden ist.

Die Klage ist vielmehr in vollem Umfange abzuweisen, (§§ 196 Abs. 1 Nr. 1, 201 BGB). Der Senat ist auch zu abschließender Entscheidung nach § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Lage, da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, weder sei der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt noch sei die Einrede treuwidrig erhoben, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993007

BGHZ 109, 192

BGHZ, 192

BB 1990, 311

DB 1990, 477

NJW 1990, 715

BGHR AGBG § 2 Abs. 1 Nr. 2 Einbeziehung 1

BauR 1990, 205

DRsp I(120)170a

DRsp I(138)584a

WM 1990, 437

JZ 1990, 300

MDR 1990, 427

ZfBR 1990, 69

ZfBR 1991, 151

ZfBR 1992, 206

DRsp-ROM Nr. 1992/1594

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